Generalsekretär Peter Goldgruber im Rahmen des BVT-Untersuchungsausschuss
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BVT-U-Ausschuss

Goldgruber erklärte sich erneut

Wenn es um die Aufarbeitung der Staatsschutzaffäre geht, dürfen wichtige Zeugen schon einmal öfters zu Wort kommen. So stellte sich am Dienstag abermals der Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, den Fragen im BVT-Ausschuss. Neue Erkenntnisse waren Mangelware, musste er doch mehr seine früheren Aussagen erklären.

Immerhin hat sich seit seiner ersten Befragung vor zwei Monaten einiges getan. Zum einen warf BVT-Direktor Peter Gridling dem obersten Beamten im Innenressort vor, nach Namen von verdeckten Ermittlern im Bereich des Rechtsextremismus gefragt zu haben. Eine Gegenüberstellung von Goldgruber und Gridling im U-Ausschuss stand im Raum, daraus wurde aber nichts. Mittlerweile wird jedoch gegen den Generalsekretär wegen Amtsmissbrauchs, Verleumdung und falscher Beweisaussage ermittelt – er wird als Verdächtiger geführt.

Dementsprechend groß war das Medieninteresse. Beim zweiten Auftritt im U-Ausschuss wurde Goldgruber mit seinen Erstaussagen und mit Aussagen anderer Auskunftspersonen konfrontiert. Grosso modo blieben die Widersprüche, die allen voran von der Opposition und der ÖVP thematisiert wurden, bestehen. So konnte Goldgruber nicht sagen, ob der bekannte Sager, wonach er von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) den Auftrag bekommen habe, im BVT „aufzuräumen“, gefallen sei. „Es kann sein, dass die einzelnen Wörter so gefallen sind“, sagte Goldgruber. Mit Verweis auf das laufende Verfahren gegen ihn entschlug er sich schließlich der Aussage.

Viele Fragen weiter unbeantwortet

Auch die Frage nach den verdeckten Ermittlern blieb ungeklärt. Der Generalsekretär schilderte, dass er Gridling im Vorfeld des Nationalen Sicherheitsrates Ende Jänner, wo die NS-Liederbuch-Affäre Thema war, zu einem Gespräch eingeladen habe. „Es war mein erster Nationaler Sicherheitsrat, er ist bereits seit zehn Jahre dabei. Deshalb habe ich ihn gefragt, ob es neben der Burschenschaft Germania noch andere Bereiche gibt, die zum Thema werden können“, so Goldgruber. Ob er nun nach Namen verdeckter Ermittler oder nach dem Bereich, wo diese eingesetzt werden, gefragt hat, wurde nicht aufgelöst.

Generalsekretär Peter Goldgruber im Rahmen des BVT-Untersuchungsausschuss
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Peter Goldgruber erschien bereits zum zweiten Mal im BVT-U-Ausschuss

Dass er Gridling in einem anderen Gespräch, nur wenige Tage nach der Hausdurchsuchung im Staatsschutz, mit einer Degradierung gedroht habe, wies Goldgruber zurück. Gridling hatte in seiner Befragung im November zumindest indirekt von einer Drohung gegen ihn berichtet. Laut Goldgruber ist der Umgangston aber „sehr amikal“ verlaufen. Man habe lediglich Optionen besprochen, wie es in Anbetracht der BVT-Affäre nun weitergehen könnte. Von einer Drohung könne nicht gesprochen werden. Gridling selbst sagte im November: „Wissen Sie, um etwas als Drohung zu sehen, muss sich jemand bedroht fühlen.“

Überhaupt war die zweite Befragung einmal mehr geprägt von der einen oder anderen Erinnerungslücke. Immerhin, so begründete Goldgruber, seien einige der hier abgefragten Handlungen bereits Monate her. Manches war laut dem Generalsekretär aber auch „nicht so relevant, dass ich daran eine Erinnerung hätte“. Zu einer möglichen Isolation des BVT (Stichwort „Berner Gruppe“) nach der Razzia im Februar könnte Goldgruber zwar etwas sagen, allerdings, so betonte er mehrmals, nur unter Ausschluss der Medien. So war es dann auch.

Goldgruber: „Bei Schwarzer Peter oft verloren“

Auskunftsfreudig gab er sich aber den Medien trotzdem. Nach der Befragung im Ausschuss sagte Goldgruber, dass er selbst keine Widersprüche zwischen sich und Gridling erkenne. Vielmehr würden einzelne Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen, so Goldgruber. Er habe auch nicht das Gefühl, dass ihm in der Causa der Schwarze Peter zugeschoben werde. Problem hätte er damit aber keines: „Ich hab beim Spiel Schwarzer Peter oft verloren.“

Generalsekretär Peter Goldgruber im Rahmen des BVT-Untersuchungsausschuss
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Wenn von der Staatsschutzaffäre die Rede ist, fällt meistens auch der Name des Generalsekretärs im Innenministerium

Gefragt, ob er angesichts der Affäre nicht immer mehr zur Belastung für Innenminister Kickl werde, verneinte Goldgruber. Wegen der Ermittlungen gegen ihn werde er sich jedenfalls nicht zurückziehen. „Ich stehe dem Innenministerium mit meinen Diensten weiterhin zur Verfügung“, so der Generalsekretär, der guter Dinge sei, dass die Sache ordentlich untersucht wird. Von weiteren Schritten, die unter anderem einen Rücktritt beinhalten könnten, geht er nach eigenen Angaben nicht aus.

Nach der Razzia kommt ein Netzwerk

Vor der Befragung gaben sich die Fraktionen übrigens ungewöhnlich geeint. Man lobte die Zusammenarbeit und erklärte das erste Kapitel – die Hausdurchsuchung – für weitgehend abgeschlossen. Künftig geht es um mögliche Seilschaften im BVT, darunter Postenbesetzungen, die mögliche missbräuchliche Nutzung des BVT und andere politische Interventionen. So steht etwa im Raum, dass der ehemalige BVT-Spionagechef Bernhard P. im Besitz von ÖVP-Daten ist, die im Staatsschutz gefunden wurden. P. gilt als ein Politgünstling, auch eine Hauptbelastungszeugin soll über Kontakte in das BVT gekommen sein.

Peter Pilz (Liste Jetzt), Stephanie Krisper (NEOS), Werner Amon (ÖVP), Doris Bures (SPÖ), Eduard Strauß, Hans-Jörg Jenewein (FPÖ) und Kai Jan Krainer (SPÖ)
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Die Fraktionvorsitzenden mit Doris Bures und Verfahrensrichter Eduard Strauss

Mit der bisherigen Arbeit des Ausschusses nach 22 Sitzungen zeigte sich Vorsitzende Doris Bures (SPÖ) zufrieden. Der Ausschuss sei bisher als gemeinsames Instrument genutzt worden und habe „sehr intensiv und engagiert“ gearbeitet, meinte Bures. Die Fraktionen pflichteten Bures bei. „Es hätte schlimmer sein können“, sagte etwa Stephanie Krisper von NEOS zur Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen. Problematisch sei lediglich die Aktenlieferung aus den Ministerien, beklagten die Fraktionen – abgesehen von der ÖVP.

Streitpunkt Aktenlieferung

Die Chance für Aufklärung hatten die Abgeordneten am Nachmittag. Denn der für die Aktenlieferungen aus dem Innenministerium an das Parlament zuständige Sektionschef Mathias Vogl war geladen. Dieser verteidigte die Arbeit seiner Abteilung. Dass dem Ausschuss keine einzige E-Mail eines ÖVP-Innenministers und Kabinettsmitarbeiters vorliegt, liege nicht in seiner Verantwortung, erklärte Vogl. „Das müssen Sie mit den Ministern ausmachen und nicht mit mir.“ Für die Vollständigkeit und den Inhalt der Akten sei er nicht zuständig.

Mathias Vogl im Rahmen des BVT-Untersuchungsausschuss
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Mathias Vogl, Sektionschef im Innenministerium, war am Dienstag als Auskunftsperson zur Aktenlieferung geladen

Vogl, der als Leiter der Sektion Legistik schon bei vier U-Ausschüssen für Aktenlieferung aus dem Innenministerium an das Parlament verantwortlich war, bezeichnete das Vorgehen beim aktuellen Ausschuss als „üblich“. Es habe dieses Mal keine Abweichungen zum üblichen Prozedere gegeben, man habe alles so gemacht wie bei früheren Ausschüssen. „Es ist genau derselbe Weg wie bei früheren Ausschüssen gewählt worden.“

Die Befragung stellte sich zwar als weitgehend technisch heraus, allerdings war sie nicht weniger politisch. Denn immerhin gab ein Ermittler vergangene Woche im Ausschuss an, dass die Kommunikation zwischen dem Ex-BVT-Spionagechef P. und dem langjährigen Kabinettschef im Innenressort, Michael Kloibmüller, über ein normales Dienstverhältnis hinausging. Entsprechende E-Mails wurden laut den Fraktionen nicht geliefert. Kloibmüller diente unter mehreren ÖVP-Ministern, bevor er 2018 das Innenressort verließ.

Ex-BVT-Analystin über Postenbesetzung

Einen ersten Einblick in mögliche politisch motivierte Postenbesetzungen im BVT sollte am späten Dienstagnachmittag Ex-BVT-Mitarbeiterin Theresa H. geben. Laut Opposition aus SPÖ, NEOS und Jetzt habe H. gegen Belastungszeugin Ria-Ursula P. bei einer Postenbesetzung das Nachsehen gehabt. P. gilt als Bekannte der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und soll ihren einstigen Job im Staatsschutz über die ÖVP vermittelt bekommen haben. Über P. wollte sich H. nicht äußern. Allerdings wisse sie nicht, was P. im BVT gemacht habe.

H. betonte in der Befragung, dass Kollegen und Kolleginnen zu ihr gesagt hätten, dass es „sonnenklar“ sei, dass H. die Stelle aufgrund ihrer Qualifikationen bekommen werde. Das Ergebnis, dass nicht sie, sondern P. angestellt wurde, sei dann „überraschend“ gewesen, sagte H. Ihre ehemalige Kollegin P. habe damit geprahlt, Mikl-Leitner zu kennen. „Das war im Rahmen der Gerüchteküche bekannt. Es kann auch sein, dass sie es auch zu mir gesagt hat. Ich glaube, mich daran erinnern zu können.“

Ria-Ursula P. war auch für Dienstag im Ausschuss geladen. Allerdings weilt sie nach Angaben ihres Anwalts derzeit im Ausland. P. wurde bereits einmal zur BVT-Affäre befragt. Sie ist eine von vier Belastungszeugen, die Anfang Februar bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei BVT-Beamte aussagte. Diese Einvernahmen führen schließlich zur Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz und in vier Privatadressen – unter anderem bei Ex-Spionagechef P.