Venezuelas Präsident Nicolas Maduro
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Venezuela

Maduro zeigt sich bereit zu Dialog

Eine Einigung im Machtkampf in Venezuela zeichnet sich nicht ab. Sowohl Präsident Nicolas Maduro als auch der selbsternannte Übergangspräsident Juan Guaido können auf internationale Unterstützung zählen und sehen sich rechtmäßig im Amt. Vor dem Obersten Gerichtshof zeigte sich Maduro am Donnerstag (Ortszeit) aber bereit für Gespräche mit der Opposition.

„Ich bin bereit für einen Dialog, Verhandlungen, ein Abkommen“, sagte der autoritäre Präsident. Maduro kann aber auf die Treue des Militärs zählen. Auch der russische Präsident Wladimir Putin habe ihm vorbehaltlose Unterstützung zugesagt, so Maduro. China, der Iran, die Türkei, Bolivien, Kuba und Nicaragua stehen ebenfalls zu ihm.

Guaido wiederum kann sich auf die USA stützen. Auch die EU und zahlreiche lateinamerikanische Staaten sicherten ihm ihre Unterstützung zu. Die deutsche Regierung erwägt die Anerkennung Guaidos als neuem Staatschef, wenn es nicht umgehend zu fairen und freien Wahlen komme. Das sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Maduro könne nicht beanspruchen, der legitime Präsident des südamerikanischen Landes zu sein, da die letzte Wahl nicht demokratischen Standards genügt habe.

Maduro wirft USA „Staatsstreich“ vor

Guaido, der selbsternannte Übergangspräsident, schwor seine Anhänger auf Widerstand ein: „Wir tun, was getan werden muss, um eine Übergangsregierung und freie Wahlen zu bekommen.“ Was jetzt geschehe, sei der Anfang vom Ende für Staatschef Maduro.

In einem TV-Interview sprach er aber auch von möglichen Zugeständnissen. Wenn Maduro freiwillig den Platz räume, wolle er eine Amnestieregelung für den sozialistischen Staatschef nicht ausschließen. „Die Amnestie ist auf dem Tisch. Die Garantien gelten für alle, die bereit sind, sich auf die Seite der Verfassung zu stellen und die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen.“

Der venezolanische Oppositionsführer Juan Guaido mit einer Ausgabe der Verfassung des Landes
Reuters/Carlos Garcia Rawlins
Guaido will so schnell wie möglich freie Wahlen ermöglichen

Der Machtkampf in Venezuela führte zu einer offenen Konfrontation mit den USA. Maduro will bis Samstag die Botschaft seines Landes und alle Konsulate in den USA schließen. Er warf Washington am Donnerstag vor, einen „Staatsstreich“ in seinem Land zu organisieren. Er hatte zudem den US-Diplomaten bis Sonntag Zeit gegeben, Venezuela zu verlassen.

USA empfehlen Ausreise

Die USA werden dieser Anweisung nicht folgen, sagte US-Außenminister Mike Pompeo. Die Botschaft in Caracas bleibe geöffnet. „Das Regime des früheren Präsidenten Nicolas Maduro ist illegitim“, hatte Pompeo zuvor gesagt. „Wir betrachten daher alle seine Erklärungen und Handlungen als illegitim und ungültig.“ Dennoch reagierten die USA und zogen nicht dringend benötigte Diplomaten aus Caracas ab.

Die Vertretung empfahl US-Bürgern in Venezuela zudem, eine Ausreise „dringend in Betracht zu ziehen“, solange es noch Linienflüge gebe. Wer sich zum Bleiben entscheide, solle ausreichende Vorräte anlegen. Notfallhilfe für US-Bürger sei nur noch eingeschränkt möglich. Pompeo warnte die venezolanische Regierung vor dem Einsatz von Gewalt gegen Demonstranten. Für Samstag forderten die USA ein Krisentreffen des UNO-Sicherheitsrats. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sprach sich für einen Dialog in Venezuela aus.

Guaido bittet USA um humanitäre Hilfe

Maduro hatte nach der Solidaritätsnote der USA für seinen Gegenspieler Guaido die diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten abgebrochen. Guaido forderte das Personal der in Caracas ansässigen Botschaften dagegen zum Bleiben auf. Anderslautende Anweisungen sollten ignoriert werden.

Guaido bat zudem die USA um humanitäre Hilfe für sein Land. Er bitte um die Lieferung von Lebensmitteln, Medikamenten und medizinischen Artikeln, schrieb er am Donnerstag an Pompeo. Auch die Entsendung eines Klinikschiffs sei wünschenswert. Zuvor hatte Pompeo bereits humanitäre Hilfslieferungen in Aussicht gestellt, sobald das logistisch möglich sei. Die USA seien bereit, 20 Millionen Dollar für Lebensmittel und Medizin zu schicken, sagte er.

Die USA versuchen Guaido wirtschaftlich über die Ölindustrie zu stärken. Ziel sei es, die Öleinnahmen als mit Abstand wichtigste Finanzquelle des angeschlagenen Landes an Guaidos Regierung umzuleiten, sagte der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton.

Kaum Lebensmittelimporte möglich

Venezuela kann aufgrund von Devisenmangel kaum noch Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs importieren. Die medizinische Versorgung ist weitgehend zusammengebrochen. Für das laufende Jahr rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) mit einer Inflationsrate von 1,37 Millionen Prozent, das Bruttosozialprodukt dürfte laut der Prognose um weitere 18 Prozent einbrechen. Rund drei Millionen Venezolaner sind vor dem Elend bereits ins Ausland geflohen.

Personen stehen in Caracas (Venezuela) neben Unrat vor einer beschädigten Metrostation
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Bei Protesten in Caracas entstanden zahlreiche Schäden an Gebäuden, viele Geschäfte wurden geplündert

Inzwischen erhöhte sich die Zahl der Toten bei der jüngsten Protestwelle. Seit Montag seien 26 Menschen getötet worden, teilte die Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS) am Donnerstag mit. Zuvor hatte die Nichtregierungsorganisation von 16 Toten gesprochen. Seit einem gescheiterten Aufstand von Mitgliedern der Nationalgarde am Montag gehen Regierungsgegner gegen Maduro auf die Straße, vielerorts kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.

UNO verurteilt Gewalt

Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, verurteilte die jüngste Gewalt in Venezuela. Sie rief alle Seiten am Freitag zum Dialog auf, um die Lage zu entspannen. Maduro hatte am 10. Jänner offiziell seine zweite Amtszeit angetreten. Der größte Teil der Opposition hatte die Präsidentschaftswahl vom Mai 2018 aber boykottiert und erkennt das Ergebnis ebenso wenig an wie die EU, die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder.