Britische Premierministerin Theresa May
AP/PA/Andrew Matthews
Lokalwahlen

Briten strafen Brexit-Kurs ab

Bei den Kommunalwahlen in großen Teilen Englands und in Nordirland zeichnen sich deutliche Verluste für die regierenden Konservativen und auch die oppositionelle Labour Party ab. Deutlich zulegen konnten die proeuropäischen Liberaldemokraten und die Grünen. Ausschlaggebend war für viele Wähler offenbar der schlingernde Brexit-Kurs der beiden großen Parteien.

Nach Auszählung von rund einem Drittel der Stimmen verloren die Konservativen etwa 20 Prozent ihrer bisherigen Sitze, Labour bis zu zehn Prozent. Die Liberaldemokraten konnten sich fast verdoppeln, die Grünen von einem niedrigen Stand aus fast vervierfachen. Unabhängige Kandidaten legten ebenfalls zu.

Die europaskeptische United Kingdom Independence Party (UKIP) verlor ebenfalls deutlich, allerdings war sie in vielen Gemeinden nicht mehr angetreten. In einigen europaskeptischen Labour-Hochburgen konnte sie hingegen Labour deutlich Stimmen wegnehmen. Labour musste in europafreundlichen Gebieten dramatische Stimmenverluste in Richtung Grüne hinnehmen.

Insgesamt ging es bei den Wahlen um über 8.000 Sitze lokaler Gremien. Gewählt wurde in 248 englischen Bezirken. In einigen davon ging es darum, alle Sitze neu zu vergeben, in anderen stand nur ein Teil zur Wahl. In Nordirland wurden die Gremien in allen elf Bezirken des Landesteils komplett neu besetzt. In sechs mittelgroßen und kleineren Städten sollten zudem neue Bürgermeister bestimmt werden. Nicht gewählt wurde in Wales und Schottland.

Viele Stimmzettel zerrissen

Medienberichten zufolge war die Wahlbeteiligung äußerst niedrig. Viele Wähler hätten ihren Unmut über das Brexit-Chaos auch durch demonstratives Zerreißen von Stimmzetteln zum Ausdruck gebracht. Beobachter hatten im Vorfeld vor allem mit einem Denkzettel für die regierenden Torys gerechnet, die ihr Versprechen eines EU-Austritts am 29. März nicht einlösen konnten.

„Wir haben ein schlechtes Ergebnis erwartet, aber nicht ein so schlechtes“, sagte der abgewählte konservative Gemeindechef von Bath, Tim Warren, der BBC. „Die Leute auf der Straße haben uns gesagt, dass man den Konservativen wegen des Brexits nicht mehr vertrauen kann“, sagte er zur Begründung.

Briten müssen an EU-Wahl teilnehmen

Die konservative Premierministerin Theresa May konnte ihren mit der EU verhandelten Austrittsdeal auch in mehreren Anläufen nicht durch das Unterhaus bringen. Sie scheiterte nicht nur am Widerstand der proeuropäischen Opposition, sondern auch an Brexit-Hardlinern in den eigenen Reihen. Ursprünglich war der Brexit für den 29. März geplant.

Einem Austritt ohne Deal schob das Unterhaus einen Riegel vor. Deshalb, und weil May nun in Gesprächen mit Labour nach einem Brexit-Kompromiss sucht, billigte die Europäische Union eine Verschiebung des Austritts bis längstens 31. Oktober. Großbritannien wird daher auch an der Europawahl in drei Wochen teilnehmen müssen, sollten sich die beiden Großparteien nicht vorher einigen.