Szene aus „Reise zum Mond“
Gemeinfrei
Mond in Film und Pop

Sehnsucht, Romantik und eine dunkle Seite

Seit jeher faszinierte der Mond die Menschheit, kein Wunder also, dass er auch kulturell eine gewichtige Rolle spielt. Vor allem der Film beschäftigt sich gerne mit dem Weltall, angefangen von der „Reise zum Mond“ über Fritz Langs „Die Frau im Mond“ bis hin zu „Raumschiff Enterprise“. Und auch in der Musik ist der Mond Sehnsuchtsort, steht für Romantik – hat aber auch eine dunkle Seite.

Inspiriert von Jules Vernes „Von der Erde zum Mond“ und H. G. Wells „Die ersten Menschen auf dem Mond“ schoss Filmpionier Georges Melies schon 1902 Menschen auf den Mond. Das Mondgesicht mit der Raumkapsel im Auge gilt wohl als eines der berühmtesten Bilder der frühen Filmgeschichte.

Mit Tricksequenzen und einer groben Erzählstruktur hob Melies sein Werk vom restlichen Kino der Attraktionen ab, das um die Jahrhundertwende vor allem darauf abzielte, das Publikum zum Staunen zu bringen. Bis heute gilt „Reise zum Mond“ jedenfalls als Beginn des Science-Fiction-Films – Jahrzehnte bevor die Raumfahrt vom Erdboden abhob.

Klassiker der Filmgeschichte

Die 16-minütige „Reise zum Mond“ gilt als eines der bekanntesten Werke aus den Anfangsjahren der Filmgeschichte.

Unterstützung von Wissenschaftlern

Die Faszination für das Weltall in Film und Literatur nahm in den darauffolgenden Jahrzehnten gemeinsam mit dem technischen Fortschritt nur noch zu. Der in Wien geborene Regisseur Lang war mit seinen Filmen „Metropolis“ und „Frau im Mond“ zentrale Figur der Science-Fiction in den 1920ern – Filme, die zwar kommerziell nicht erfolgreich waren, im Nachhinein aber als wichtiger Teil der Filmgeschichte gelten.

Lang holte sich für „Frau im Mond“ wissenschaftliche Unterstützung von Physiker Hermann Oberth – seines Zeichens Lehrer von Wernher von Braun, der erst für die Nazis, später für die NASA Raketen entwickelte – und von Autor Willy Ley. Beide galten als begeisterte Raketenenthusiasten, wofür sie in Deutschland vor den 1930ern erst noch belächelt wurden. Dadurch finden sich in Langs Film Details, die sich später auch in der Wissenschaft wiederfinden, etwa der mehrstufige Raketenaufbau.

Die Erfindung des Countdowns

Der 1929 veröffentlichte Film diente – 40 Jahre vor der Mondlandung – der Raumfahrt aber auch als Vorbild: Denn Lang gilt als „Erfinder“ des Countdowns. Der Start der Rakete auf den Mond wird von Zwischentiteln unterbrochen. „Noch 60 Sekunden“ steht auf dem ersten geschrieben, während sich die Besatzung auf ihre bevorstehende Reise vorbereitet, dann lässt Lang in den Zwischentiteln herunterzählen: „Noch drei Sekunden, zwei, eins“ – die Zahl wird mit jeder Sekunde größer, ehe „Jetzt!“ den Start der Rakete signalisiert. Für Lang erfüllte der Countdown eine dramaturgische Funktion, wie er später erklärte: Denn nur durch das Rückwärtszählen sei dem Publikum bewusst, wann die Mission startet.

Szene aus „Frau im Mond“ von Fritz Lang
picturedesk.com/Mary Evans/Ronald Grant Archive
Szene aus „Frau im Mond“

Der US-Filmwissenschaftler Tom Gunning hält es jedenfalls für gut möglich, dass Ley sich an „Frau im Mond“ erinnert und damit den Countdown bei der NASA eingeführt habe. In den Raketenversuchen der Nazis spielte Langs dramaturgisches Element zwar keine Rolle, die „Frau im Mond“ selbst zierte jedoch die erste A4-Rakete, die später in V2 umbenannt wurde.

Von der Leinwand ins Fernsehen

Mit steigendem Interesse an der Raumfahrt wurde Science-Fiction nach und nach fixer Bestandteil Hollywoods: In den 1950ern standen vor allem Außerirdische im Mittelpunkt, etwa in „Krieg der Welten“ und „Der Tag, an dem die Erde stillstand“. Erst später bildeten sich die Ziele der zivilen Raumfahrt auch in der Unterhaltungsbranche ab. Während 1968 mit „2001: Odyssee im Weltraum“ von Stanley Kubrick der bis dahin realistischste Science-Fiction-Film auf die Leinwand kam, hielt der Boom um die Raumfahrt auch Einzug ins Fernsehen.

Auf dem Höhepunkt des „Space Race“ in den 1960ern waren die großen US-Fernsehsender voll von Sendungen, die sich mit der Reise ins All auseinandersetzten. Sei es als Seifenoper, die das schwere Schicksal von Astronauten und ihren Ehefrauen behandelte, sei es als Sitcom, wie etwa „Bezaubernde Jeannie“, in der Larry Hagman als Major Nelson mit einem Flaschengeist zu Hause eine Karriere als Raumfahrer stemmen musste.

„Der Weltraum, unendliche Weiten“

1966 ging auch „Raumschiff Enterprise“ erstmals auf Sendung: „Star Trek“, die „Sternenreise“, rund um Mr. Spock und Captain Kirk fand ein Millionenpublikum. Das Raumschiff aus dem 22. Jahrhundert wurde auf eine friedliche Mission durch das All geschickt, Fortschritt, Forschung und Zusammenarbeit waren die Maximen der Sternenflotte, der fiktiven Nachfolgebehörde der NASA, die durchaus als Spiegel der Gegenwart dienen sollte. Die Sendung über die im Vorspann erwähnten „unendlichen Weiten“ war so populär, dass Anfang der 1970er das erste Space Shuttle „Enterprise“ getauft wurde.

Crew des „Raumschiffes Enterprise“
APA/dpa/Paramount
Die ikonische Crew von „Star Trek“ bei einem ihrer späteren Kinoabenteuer

Nur wenige Tage nach der „Enterprise“ ging 1966 die deutsche Science-Fiction-Serie „Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion“ erstmals auf Sendung. Etliche weitere Serien sollten folgen, der Mond spielte insbesondere in den britischen Serien „UFO“ und „Mondbasis Alpha 1“ in den 1970er Jahre eine prominente Rolle.

Bowies „Space Oddity“ und die Mondlandung

Auch im Kino kam der Mond nicht aus der Mode. 2009 startete „Moon“, die Geschichte des einsamen Mondbewohners Sam Bell. Das düstere Science-Fiction-Drama, eine Verwechslungstragödie mit nur einem Darsteller, wurde von Duncan Jones inszeniert. Und der hat eine ganz besondere Beziehung zum Thema Populärkultur und Weltall: Jones ist der Sohn von David Bowie, dessen Song „Space Oddity“ untrennbar mit der Mondlandung verbunden.

„Space Oddity“ wurde am 11. Juli 1969, also wenige Tage vor dem Start der Apollo 11, veröffentlicht. Bowie wurde vorgeworfen, sich kommerziell an das Ereignis anhängen zu wollen. Er selbst verwies darauf, dass der Song eigentlich von Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ inspiriert sei – und dass der Songtext vom im All verloren gehenden Major Tom sich nur bedingt dazu eigne, eine erfolgreiche Mondmission akustisch zu begleiten.

Die britische BBC spielte „Space Oddity“ im Radio auch so lange nicht, bis die Crew der Apollo 11 wieder erfolgreich auf die Erde zurückgekehrt war. Ironischerweise verwendete man den Song aber bei der TV-Übertragung der Mondlandung einige Tage zuvor. Drei Jahre später wandelte Elton John mit „Rocket Man“ textlich auf Bowies Spuren. Auch er erwähnt im Song den Mond zwar nicht, dafür kommt der Mars vor.

„There’s a bad moon on the rise“

Immer wieder mit der Mondlandung in Verbindung gebracht wurde „Bad Moon Rising“ von Creedence Clearwater Revival, vor allem weil der Song im August 1969 veröffentlicht wurde und die Textzeile „I hope you are quite prepared to die“ als Warnung vor einer gefährlichen Mission verstanden wurde. Tatsächlich hat der Song sehr wenig mit Raumfahrt und dem Mond zu tun. Und: Die Refrainzeile „There’s a bad moon on the rise“ zählt zu den am häufigsten falsch gehörten Lyrics, sodass selbst Sänger John Fogerty manchmal die Alternativversion „There’s a bathroom on the right“ sang.

Wahnsinn und die dunkle Seite des Mondes

Ebenfalls keine positive Konnotation gibt es bei „The Dark Side of the Moon“, dem 1973 erschienenen Album von Pink Floyd, das bis heute zu dem meistverkauften Platten der Welt zählt. Der Himmelskörper Mond kommt darin nicht vor, die Mondmetapher verweist auf etwas anderes: Das Album handelt von menschlichen Abgründen, vom Wahnsinn, also vom Englischen „lunacy“, das sich aus dem Lateinischen „lunaticus“ ableitet. Das bezeichnete ursprünglich „vom Mond (‚luna‘) kommend“ und im übertragenen Sinne dann auch „verrückt“ und „epileptisch“ – Zustände, die damals auf den Mond zurückgeführt wurden.

Sinatra und der Mond

Es gibt wohl Hunderte Songs, die den Mond im Titel haben, zählt man auch jene dazu, in denen der Mond nur vorkommt, sind es Tausende. Allein von 1953 erstmals veröffentlichten Klassiker „Fly me to the Moon“ gibt es Dutzende Versionen. Am bekanntesten ist wohl jene von Frank Sinatra aus dem Jahr 1964. Im Mai 1969 sollen die Astronauten der Apollo 10 das Lied auch während ihres Flugs gehört haben.

Sinatra sang, wie etliche andere auch, „Moon River“. Das Lied wurde in der Version von Audrey Hepburn im Film „Frühstück bei Tiffany“ bekannt und wurde 1962 mit dem Oscar für den besten Filmsong ausgezeichnet. Im Vorjahr veröffentlichte Frank Ocean eine vielbeachtete Coverversion.

Blauer Mond und alle anderen Farben

Und ebenfalls Sinatra veröffentlichte eine der bekanntesten Versionen des schon 1933 geschriebenen Klassikers „Blue Moon“. An dem Song versuchten sich Dutzende Superstars, etwa Elvis Presley, Billie Holiday und Bob Dylan. Seinen eigenen „Blue Moon“ besang 2014 Beck. Doch auch fast alle anderen Farben hatte der Mond in der Musikgeschichte schon, etwa Pink, Weiß, Rot, Schwarz, Gelb und Orange. Auf „Pearl“, dem postum erschienen zweiten Album von Janis Joplin, findet sich der Song „Half Moon“.

Neil Young und viele Mondhits

Als besonderer Mondfreund gilt Neil Young, der an die 30 Songs aufgenommen hat, in denen der Mond eine Rolle spielt. „Harvest Moon“ ist wohl der bekannteste davon. Young erklärte seine Obsession in einem Interview mit der Faszination, die der Himmelskörper von jeher auf die Menschheit – vor allem in der Zeit vor den großen Weltreligionen – ausgeübt hat.

The Police gelang mit „Walking on the Moon“ 1979 ihr erster Nummer-eins-Hit. In „Man on the Moon“ von R.E.M. ging es auch nur am Rande um den Mond, sondern um den US-amerikanischen Komiker Andy Kaufman und die Frage, was man glaubt – und was nicht. Die Band Echo & the Bunnymen landete mit „The Killing Moon“ einen ihrer größten Hits, ebenso The Waterboys aus Schottland mit „The Whole of the Moon“.

Tanzen im Mondschein

Auch der Mondschein hat es als Metapher für Romantik zahlreichen Musikerinnen und Musikern angetan: Zu den Hits zählen etwa Cat Stevens „Moonshadow“ und „Moonlight Shadow“ von Mike Oldfield ft. Maggie Reilly. Toploader brachten „Dancing in the Moonlight“ im Jahr 2000 in die Charts, wobei es schon davor etliche Versionen des 1970 veröffentlichten Songs gab, allen voran jene von King Harvest aus 1972.

Zu den Klassikern zählt freilich auch „Moonlight Serenade“ von Glenn Miller aus dem Jahr 1939. Auch in der Klassik spielt der Mond eine Rolle: Beethovens Mondscheinsonate, eigentlich Klaviersonate Nr. 14 op. 27 Nr. 2, erhielt ihren Populärnamen allerdings erst nach dem Tod des Komponisten.

Der „Mann im Mond“ zum Mond selbst

Im deutschen Schlager war zunächst der Mann im Mond in aller Munde – etwa in „La-Le-Lu (Nur der Mann im Mond schaut zu)“. Das 1950 geschriebene Wiegenlied sangen 1955 Heinz Rühmann und Oliver Grimm im Film „Wenn der Vater mit dem Sohne“. Der kürzlich verstorbene Gus Backus landete mit „Der Mann im Mond“ einen seiner Hits, die sich zumeist durch humoristische Texte von anderen Schlagern abhoben.

In dieser Tradition stehen vielleicht auch die Prinzen, die ihre eigene Version des „Mann im Mond“ 1991 veröffentlichten. Schon ein paar Jahre davor, nämlich 1986, sang Rio Reiser „Junimond“, das seither mehrmals gecovert wurde. Die größte Ode an den Mond stammt aber wohl von Rocko Schamoni, bei der er den Mond auch zu Wort kommen lässt: „Selbst der Armstrong hat mich äußerlich nur aufgewühlt.“