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SPÖ, NEOS, JETZT und Grüne

Druck auf FPÖ und ÖVP in Casinos-Affäre

Nach dem „Ibiza-Skandal“ holt die mittlerweile abgewählte ÖVP-FPÖ-Koalition mit den Ermittlungen in der Causa Casinos eine zweite Affäre ein. Die ehemalige Opposition erhöht nun den Druck auf beide Ex-Regierungsparteien. Der Glücksspielkonzern Novomatic nennt die Vorwürfe dagegen „völlig haltlos“.

Am Tag nach Bekanntwerden der Ermittlungen in der Causa Casinos, die erst durch die am Montag durchgeführten Razzien an die Öffentlichkeit drangen, fordern SPÖ, NEOS, JETZT und Grüne Aufklärung und Klarstellung – sowohl von der FPÖ als auch ihrem ehemaligen Regierungspartner ÖVP. Die Causa kommt der Opposition zu ÖVP und FPÖ im Wahlkampf naturgemäß sehr gelegen.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda forderte am Mittwoch die ÖVP zu einer Reaktion auf: „Während die FPÖ vergeblich versucht, die Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft im zweiten Ibiza-Gate zu leugnen, gibt die ÖVP vor, von all diesen korrupten Machenschaften nichts gewusst zu haben. Beides ist mehr als unglaubwürdig“, so Drozda in einer Aussendung am Mittwoch.

SPÖ fordert volle Aufklärung

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim fordert volle Aufklärung über den Bestellungsvorgang von Peter Sidlo als Casinos-Austria-Vorstand – auch von der ÖVP.

SPÖ: Kurz muss davon gewusst haben

Denn klar sei, dass Vorstandsbesetzungen im Ministerrat unter Vorsitz des Kanzlers, damals ÖVP-Chef Sebastian Kurz, beschlossen werden. Es sei nicht möglich, dass dieser nichts davon gewusst habe, sagte Drozda. Auch SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim sagte in einer Pressekonferenz, die ÖVP habe „ganz offensichtlich einen Leitfaden mitgetragen“. Er schließe aus, dass die FPÖ das nicht mit ÖVP-Obmann Kurz kommuniziert habe, sagte Jarolim in Bezug auf die Besetzung des Wiener FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Finanzvorstand bei den Casinos.

Worum es geht

Diese Besetzung steht im Zentrum der Ermittlungen – und die Frage, ob im Gegenzug für die Novomatic-Zustimmung (diese ist drittgrößter Casinos-Aktionär) dem Glücksspielkonzern Zugeständnisse versprochen wurden. Laut Medienberichten könnte es unter anderem um zwei Glücksspiellizenzen gegangen sein. Der FPÖ-Mann Sidlo wurde bestellt, obwohl ein von den Casinos beauftragter Headhunter ihm die Qualifikation abgesprochen hatte. Die Ermittlungen sind für Strache und die FPÖ doppelt brisant, da parallel jene zur „Ibiza-Affäre“ und Straches dort gemachten Äußerungen laufen.

Im „Ibiza-Video“ – anders als die Causa Casinos stammt dieses aus der Zeit vor Eintritt in die Regierung – sagte Strache auch, Novomatic würde allen Parteien Geld zukommen lassen. Und Redakteure der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlichten heute bisher nicht bekannte Strache-Aussagen aus dem Video, darunter laut „Standard“ jenen: „Wir machen ein Gesetz, wo wir geordnete Spielkasinos zulassen.“

SPÖ: „Schaler Charakter“

Dass der ehemalige Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) im Februar an der Glücksspielmesse in London teilgenommen hatte und dort Novomatic-Eigentümer Johann Graf traf, verleitete Jarolim jedenfalls zu einer Vermutung: Postenbesetzungen könnten dort besprochen worden sein. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mache jedenfalls „sicher keine Hausdurchsuchung, wenn der Anfangsverdacht nicht groß ist“. Dass Fuchs nun auf Platz drei der FPÖ-Bundesliste für die Nationalratswahl steht, habe einen „schalen Charakter“. Für Fuchs, Strache und alle weiteren Verdächtigen gilt die Unschuldsvermutung.

ÖVP schweigt zu Vorwürfen der SPÖ

Die ÖVP forderte ihrerseits noch am Dienstag vom vormaligen Koalitionspartner „rasche Aufklärung über den angeblichen FPÖ-Novomatic-Deal“. „Die im Raum stehenden Vorwürfe müssen umgehend geprüft und geklärt werden. Es braucht eine rasche und umfassende Aufklärung“, erklärte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer. Auf die Forderungen von SPÖ, NEOS, JETZT und Grünen, die ÖVP solle ihre etwaigen Rolle in der Causa Stellung nehmen, ging diese bis dato nicht ein.

Schärfere Worte – in Richtung Tiroler FPÖ – wählte die Tiroler ÖVP. Klubobmann Jakob Wolf wandte sich in einer Aussendung an FPÖ-Landeschef Markus Abwerzger, sich in der Causa um die Hausdurchsuchung im FPÖ-Bildungsinstitut im Osttiroler Defereggental zu erklären. Die Tiroler Freiheitlichen hätten die Einrichtung ebenso „regelmäßig für Seminare, Schulungen und Diskussionen“ genutzt, auch wenn das Haus der Wiener FPÖ gehöre, so Wolf. Er stellte daher die Frage in den Raum, ob die Tiroler FPÖ von den beschlagnahmten Unterlagen wusste. Die FPÖ würde „immer mehr im Ibiza-Sumpf“ versinken. „Die Zeit billiger Ausreden ist vorbei“, mahnte Wolf.

NEOS attackiert ÖVP

Die Forderung der ÖVP findet NEOS-Generalsekretär Nick Donig „absurd“. In einer Aussendung betonte Donig am Mittwoch: „Die ÖVP saß zusammen mit der FPÖ in der Regierung. Wenn die FPÖ ihre Leute in Posten hievte, dann geschah das mit dem Wissen und in Absprache mit der ÖVP.“ Dass sich die ÖVP nun überrascht gebe, sei „äußerst unglaubwürdig. Wenn die ÖVP etwas aufklären will, muss sie bei sich selbst anfangen. Die Frage, die sich eher stellt, ist: Warum hat die ÖVP nicht früher gehandelt, wenn sie davon wusste?“

Pilz will „Ibiza“-U-Ausschuss nach der Wahl

Grünen-Bundesrätin Ewa Ernst-Dziedzic zeigte sich jedenfalls von Kurz’ Mitwissen überzeugt. „Waren wir während der türkis-blauen Regierungszeit sein Schweigen gewohnt, ist dieses jetzt höchst unpassend. Wir dürfen Sebastian Kurz nicht aus der Verantwortung lassen“, so Ernst-Dziedzic in einer Aussendung. Es sei weiters aufzuklären, welche Rolle der aktuelle FPÖ-Chef Norbert Hofer spielte und was er gewusst habe. Er sei zusammen mit dem früheren ÖVP-Kanzleramtsminister Gernot Blümel zur Zeit der Postenbesetzungen Regierungskoordinator gewesen. „Dass den beiden damaligen Ministern die Machenschaften entgangen seien, ist höchst unglaubwürdig“, sagt Ernst-Dziedzic.

Für Peter Pilz von JETZT zeigt die WKStA ein weiteres Mal, dass nur auf sie bei der Korruptionsbekämpfung Verlass sei. „‚Ibizia‘ ist jetzt endgültig in Wien angekommen“, so Pilz. Er forderte, nach der Nationalratswahl einen „Ibiza“-U-Ausschuss einzurichten. Für alle namentlich genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

Novomatic nennt Vorwürfe „völlig haltlos“

Am Mittwoch meldete sich Novomatic in einer Stellungnahme zu Wort und bezeichnete die Vorwürfe als „völlig haltlos“. Denn die Novomatic könne alleine keinen „Kandidaten“ für einen Vorstandsposten ernennen. „Die Novomatic ist bei den Casag (Casinos Austria, Anm.) Minderheitsaktionär mit lediglich 2 von 18 Aufsichtsräten, hat keinen Anspruch auf einen Vorstandsposten und kann daher auch keinen Vorstand alleine bestimmen“, so die Stellungnahme des Konzerns. Der vom Finanzministerium kontrollierte staatliche Anteil und jener der Novomatic ergibt allerdings eine Mehrheit.

Weiters, so Novomatic, sei die Unterstützung des Konzerns in Lizenzfragen in der angegebenen Form gar nicht möglich. „Die Vergabe von Glücksspielkonzessionen ist in Österreich überhaupt nur möglich, wenn eine gesetzliche Grundlage dafür besteht, und auch dann nur im Rahmen einer internationalen, transparenten und öffentlichen Ausschreibung“, so Novomatic.

Schließlich sei auch keiner der FPÖ-Funktionäre – weder Strache noch Fuchs – in der endgültigen Verantwortung gewesen, um Entscheidungen für diesen Themenkreis zu treffen, heißt es in der Aussendung weiter. An der neuerlichen Zulassung des „kleinen Glücksspiels“ in Wien habe die Novomatic „auch kein wirtschaftliches Interesse mehr“, schrieb das Unternehmen, das beste Beziehungen in der Politik – quer durch die Parteien hat – heute.