Keine Bewegung im Brexit-Streit: Johnson ohne Vorschläge

Im Ringen um eine einvernehmliche Beilegung des Brexit-Streits gibt es keine Fortschritte. Nach Angaben aus EU-Kreisen kam der neue britische Premierminister Boris Johnson gestern ohne neue Vorschläge zu einem Treffen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk. Das rund 30-minütige Gespräch am Rande des G-7-Gipfels in Biarritz sei in „sehr positiver Atmosphäre“, aber ohne echte Neuigkeiten verlaufen, hieß es.

Beim Streit über den von Großbritannien zum 31. Oktober geplanten Brexit geht es vor allem darum, dass Johnson das bereits ausgehandelte Austrittsabkommen noch einmal aufschnüren will, um die Backstop-Klausel zu streichen. Die EU lehnt das kategorisch ab, und verweist darauf, dass die Klausel verhindern soll, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen.

Trump verspricht Johnson „Minideals“

Johnson sieht den Backstop hingegen als ein „Instrument der Einkerkerung“, weil es das britische Nordirland in Zollunion und Binnenmarkt halten könnte, wenn bei den noch ausstehenden Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien keine Einigkeit erzielt wird. Aus EU-Kreisen hieß es, man sei bereit, mit Johnson über Alternativen zum Backstop zu reden. Vorschläge dafür müssten aber von britischer Seite kommen.

Beim G-7-Gipfel traf Johnson auch mit US-Präsident Donald Trump zusammen. Dabei gab es gute Stimmung und nette Worte von Trump – in der Sache, einem bilateralen Handelsvertrag, endete aber rasch die Übereinstimmung.

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Johnson holt sich Ratschläge zu Parlamentsschließung

Indes ließ sich Johnson einem Medienbericht zufolge offenbar rechtlich dazu beraten, ob er das Unterhaus unter Umständen vor dem Brexit vorübergehend schließen kann. Wie die Sonntagszeitung „The Observer“ berichtete, hat Johnson den britischen Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox um Rat gefragt, ob das Parlament ab 9. September für fünf Wochen geschlossen werden könne. Ihm sei geantwortet worden, dass dies durchaus möglich sei – sofern in der Zwischenzeit nicht vor Gericht erwirkt werde, einen solchen Schritt zu blockieren.

Die Zeitung berief sich auf eine durchgesickerte E-Mail aus Regierungskreisen. Ihren Angaben zufolge könnte es sich um einen Plan handeln, um die Abgeordneten davon abzuhalten, eine weitere Verlängerung beim EU-Austritt zu erzwingen. Offiziell bestätigt wurde das Manöver, das als „prorogation“ (deutsch: Vertagung) bezeichnet wird, bisher nicht.

Zudem will Johnson einem Zeitungsbericht zufolge gegenüber der EU ankündigen, ohne Änderungen beim Austrittsabkommen 30 Mrd. Pfund (etwa 32,6 Mrd. Euro) von den Austrittszahlungen zurückzuhalten. Sollte London die Union ohne Folgeabkommen verlassen, müsse die Regierung nach Berechnungen von britischen Anwälten nur neun anstatt 39 Mrd. Pfund bezahlen, berichtete die Zeitung „Mail on Sunday“. Grund sei, dass es keine Kosten in Zusammenhang mit einer Übergangsperiode gebe.