Nationalratssitzung
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Nationalrat

Kein Recht auf Bargeld in Verfassung

Der Versuch, das Recht auf Bargeld in der Verfassung zu verankern, ist am Mittwoch in der letzten Sitzung im Nationalrat gescheitert. Der Anlauf, die „Schuldenbremse“ in der Verfassung zu verankern, ging hingegen durch.

Zum Thema Bargeld erreichten sowohl ein Abänderungsantrag der SPÖ als auch ein von FPÖ und ÖVP gemeinsam eingebrachter ebenso wie der ursprüngliche FPÖ-Initiativantrag nicht die nötige Zweidrittelmehrheit. Das Bargeld in der Verfassung sei eine „lange freiheitliche Forderung“, sagte FPÖ-Mandatar Erwin Angerer vor dem Votum: „Wir stehen für Selbstbestimmung und Freiheit.“

Laut SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer weise der Antrag der Freiheitlichen Mängel auf. Man wolle schließlich das Bargeld und nicht das „Schwarzgeld“ in die Verfassung schreiben. Auch Vizekanzler und Justizminister Clemens Jabloner hatte beim FPÖ-Antrag vor allem technisch-juristische Bedenken angemeldet. Das Staatsgrundgesetz sei nicht der richtige Ort, um dieses zu verankern.

ÖVP, FPÖ und NEOS für „Schuldenbremse“

Erfolgreich war hingegen die Verankerung der „Schuldenbremse“ in der Verfassung: Dafür gestimmt hatten ÖVP, FPÖ und NEOS sowie die fraktionslosen Mandatare David Lasar und Efgani Dönmez.

Mit der „Schuldenbremse“ soll die Einhaltung der EU-Budgetvorgaben zur verfassungsrechtlich abgesicherten Verpflichtung werden. Demnach dürfte das jährliche Defizit des Bundes maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, jenes von Ländern und Gemeinden maximal 0,1 Prozent. Bisher war das einfachgesetzlich sowie im Finanzausgleich geregelt.

Rot-grünes Veto erwartet

Das Vorhaben zur „Schuldenbremse“ hat jedoch eher symbolischen Charakter – es wird voraussichtlich im Bundesrat scheitern, weil SPÖ und Grüne dagegen sind und daher in der Länderkammer die nötige Zweidrittelmehrheit fehlt. Mit der „Schuldenbremse“ mache man nichts anderes „als jeder ordentliche Kaufmann und jede Familie“, argumentierte ÖVP-Wirtschaftssprecher Peter Haubner vor der Abstimmung: „Wir wollen den erfolgreichen Weg der Schuldenbekämpfung fortsetzen.“

„Froh“ um die „Schuldenbremse“ zeigte sich auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Diese komme nur eine Woche zu spät. Denn vergangene Woche hätten ÖVP und FPÖ bei den „Wahlzuckerln“ wie der Pensionserhöhung mitgemacht. NEOS trete selbstverständlich dafür ein, dass den Pensionisten der Kaufkraftverlust abgeholten werde. Es dürfte aber nicht Alt gegen Jung ausgespielt werden. Angerer sagte, dass es die „Schuldenbremse“ schon gebe und jetzt nur in den Verfassungsrang gehoben werde. Weiter bleibe der Spielraum für Naturkatastrophen und andere Notsituationen erhalten.

Scharfe Kritik von SPÖ und JETZT

Für die SPÖ ist die „Schuldenbremse“ viel mehr eine „Wachstums- und Investitionsbremse“, meinte der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried vor der Abstimmung. Dadurch würden Investitionen in die Zukunft ausgebremst und die Lebensqualität zukünftiger Generationen verschlechtert.

Debatte live:

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„Unsere Schienen, Krankenhäuser und Straßen hätten mit einer Schuldenbremse nicht finanziert werden können“, so Leichtfried. Auch gebe es keinen Raum für Arbeitsmarktmaßnahmen und Bildungsprogramme, und der Klimawandel werde nicht durch „heiße Luft“, sondern nur durch Maßnahmen wie die Nahverkehrsmilliarde gebremst.

JETZT-Klubobmann Bruno Rossmann hält eine „Schuldenbremse“ volkswirtschaftlich gesehen für unrichtig, besonders in Zeiten negativer Zinsen auf Staatsanleihen. Derzeit habe man Investitionsbedarf in Sachen Klimaschutz. Auch in Deutschland würden jene Ökonomen Abstand davon nehmen, die früher dafür gewesen seien.

Gewaltschutzpaket vor Beschluss

Ferner soll später das umstrittene sowie von ÖVP und FPÖ forcierte Gewaltschutzpaket ebenso abgesegnet werden wie eine von allen Fraktionen getragene Ökostromnovelle. Zudem wird ein Rechtsanspruch auf Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit etabliert. Am Vormittag sowie frühen Nachmittag sorgten auch die Themen finanzierbares Wohnen und Asyl sowie die Berichte zum BVT-U-Auschuss und zum Eurofighter-Ausschuss für erhitzte Gemüter im Nationalrat.

Für etliche Abgeordnete ist es die letzte Sitzung überhaupt. Die prominentesten Abgänge sind die Dritte Präsidentin Anneliese Kitzmüller, die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss, sowie der seit 1998 im Parlament vertretene SPÖ-Abgeordnete Johannes Jarolim.