Heinz-Christian Strache
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Strache zu Causa Casinos

„Kenne keine Chat-Verläufe“

In der Causa rund um die Bestellung des früheren FPÖ-Kommunalpolitikers Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria und der dazu laufenden Ermittlungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) haben neue Vorwürfe auch Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in den Fokus gerückt. Dieser sagte am Donnerstag, dass er belastende Chat-Verläufe mit Novomatic-Chef Harald Neumann nicht kenne.

Gleichzeitig kündigte Strache am Rande eines Gerichtstermins an, dass er alle gegen seine Person gerichteten Vorwürfe entkräften wolle, und das gelte auch in der Causa Casinos Austria. Inhaltlich wollte Strache die Causa nicht weiter kommentieren. Zu dem von der Staatsanwaltschaft angeblich belastenden Material sagte der ehemalige Vizekanzler: „Ich kenne keine Chat-Verläufe.“ Zudem habe er immer wieder Chat-Kontakt „zu verschiedenen Leuten“.

In der Causa geht es um den Vorwurf politischer Absprachen und in weiterer Folge konkreten Absprachen mit Novomatic. Dem Glücksspielkonzern, der an den Casinos Austria beteiligt ist, sollen Casino-Lizenzen versprochen worden sein. Im Gegenzug soll das niederösterreichische Unternehmen im Aufsichtsrat der Casinos Austria seine Unterstützung für den freiheitlichen Kandidaten Sidlo zugesichert haben – und das, obwohl ein externer Personalberater Sidlos Qualifikation für den Job in Zweifel zog.

Am Dienstag führten die Ermittler Hausdurchsuchungen bzw. freiwillige Nachschauen bei der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG, ÖBAG-Chef Thomas Schmid, Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger, Casinos-Austria-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner sowie seinem Stellvertreter im Casinos-Aufsichtsrat und Ex-ÖVP-Chef Josef Pröll statt. Dabei wurden laut Ö1 die Mobiltelefone von Löger und Pröll beschlagnahmt. Löger, Pröll und Schmid sind laut „Standard“ neu auf die Beschuldigtenliste der WKStA gekommen.

Straches Telefon als „wahre Fundgrube“

Gegen Strache, Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus sowie die Novomatic-Manager Neumann und Johann Graf laufen bereits seit dem Sommer Ermittlungen. Schon damals gab es Hausdurchsuchungen bei Strache und Gudenus, bei der unter anderem Mobiltelefone sichergestellt wurden. Die Nachrichten darauf dürften den Ermittlern neue Einblicke gegeben haben.

Nach Angaben der „Krone“ seien „unter anderem auch Text- und Chatnachrichten auf dem sichergestellten Handy des gestürzten FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache“ für die Ermittler eine „wahre Fundgrube“. Strache „galt als Vieltelefonierer sowie Dauertextschreiber. Und zwar auf offenen bzw. leicht überprüfbaren Kommunikationskanälen wie Handy-SMS“, wie die Zeitung dazu noch anmerkt.

„Alles auf Schiene?“

Ein Chat Straches findet sich nun offenbar auch im Durchsuchungsbefehl, der zu den jüngsten Hausdurchsuchungen führte. Konkret wird laut Ö1 und dem „Standard“ ein Chat zwischen Strache und Novomatic-Chef Neumann vom 16. Jänner zitiert. „Bezüglich Peter Sidlo kann ich mich auf dein Wort verlassen und ist alles auf Schiene?“, schrieb Strache. Neumann bejahte laut Hausdurchsuchungsanordnung: „Haben alles zur Unterstützung beigetragen. Barbara Kolm hat auch mit dem Headhunter gesprochen. Bettina Glatz-Kremsner ist auf unserer Seite. Thomas Schmid auch“ – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Die Vorstandschefin der Casinos Austria, Bettina Glatz-Kremsner
APA/Hans Punz
Casinos-Vorstandschefin Glatz-Kremsner äußerte zuletzt volles Vertrauen in Sidlo

Glatz-Kremsner ist Vorstandschefin der Casinos Austria, sie sitzt auf einem ÖVP-Ticket. Bis Ende des Monats soll es einen internen Prüfbericht zur Causa geben. Noch vor wenigen Tagen äußerte Glatz-Kremsner volles Vertrauen in Sidlo, der derzeit auf Urlaub ist: „Ich gehe davon aus, dass er sich nichts zuschulden kommen hat lassen und dass er Anfang Dezember wieder im Unternehmen sein wird.“ Barbara Kolm ist Vizepräsidentin der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Die Wirtschaftswissenschaftlerin war für die FPÖ auf lokaler Ebene politisch aktiv. Schmid war zum Zeitpunkt des Chats Generalsekretär im Finanzministerium.

„Sidlo ist ein Muss“

Laut Justiz sei Schmid „erster Ansprechpartner im Finanzministerium für Glücksspielangelegenheiten“, schrieb der „Standard“. In der Durchsuchungsanordnung heißt es dazu laut Ö1, Schmid habe Novomatic-Chef Neumann eine abfotografierte Unterlage über die rechtlichen Voraussetzungen für eine Onlinelizenz übermittelt und diese mit der Anmerkung „Gesetz für die Entflechtung notwendig“ versehen.

Die Vizepräsidentin der Österreichischen Nationalbank, Barbara Kolm
APA/Herbert Neubauer
OeNB-Vize Kolm: Auch ihr Name hat über eine Nachricht Eingang in die Durchsuchungsanordnung gefunden

Die Nachricht wurde laut „Standard“ am 31. Jänner gegen Mittag verschickt. Vier Stunden später habe ein Termin zwischen Novomatic-Eigner Graf, Neumann und Löger stattgefunden. Dabei sei der „Hintergrunddeal“ zwischen der FPÖ und Novomatic zur Sprache gekommen. Und es sei festgestellt worden: „Sidlo ist ein Muss.“

Die „Ibiza“-Verbindung

Zudem scheinen die Ermittler eine Verbindung zur „Ibiza-Affäre“ zu vermuten, in deren Folge Strache und Gudenus ihre politischen Ämter zurücklegten. Zwei der an der Enthüllung des Videos beteiligten deutschen Journalisten haben kürzlich ein Buch zur Affäre veröffentlicht. Ein darin zitierter Satz von Strache ließ die Ermittler offenbar hellhörig werden: „Das ist verdammt schwer, aber das geht.“ Die Behörden glauben Ö1 zufolge, dass sich diese Aussage direkt auf Gesetzesänderungen zu Casino-Lizenzen bezogen hat.

In der Durchsuchungsanordnung genannt wird laut Ö1 auch der FPÖ-Abgeordnete Markus Tschank. Tschank war in vier FPÖ-nahen Vereinen Obmann oder Kassier, über die mutmaßlich Parteispenden Richtung FPÖ fließen sollten. Während der Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ wollte Novomatic-Chef Neumann angeblich Tschank treffen. Man brauche „jemanden, der das Thema Casino-Lizenzen einbringt“, habe Neumann damals geschrieben. Alle Genannten bestreiten die Vorwürfe. Für sie gilt die Unschuldsvermutung.

„Unterstütze vollinhaltlich die Ermittlungen“

Ex-ÖVP-Finanzminister und Casinos-Aufsichtsratsvizechef Pröll erklärte am Donnerstag am Rande eines Pressetermins in St. Pölten auf Anfrage, er „unterstütze vollinhaltlich die Ermittlungen“. Zu laufenden Verfahren sage er nichts, so Pröll.

Löger teilte unterdessen am Mittwoch mit, nicht mehr Finanzminister werden zu wollen. Die „bereits vor einigen Wochen“ gereifte Entscheidung, habe Löger zufolge allerdings nichts mit der Causa Casinos zu tun. In einem Donnerstag veröffentlichten Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ sprach Löger von einem Missverständnis. Es habe sich um ein reines Aktionärsdiskussionsthema gehandelt. Es sei bis jetzt nicht erkannt worden, dass es „eben nicht das politische Element bzw. das parteipolitische Element“ gab, so Löger.

Mehrfach in Durchsuchungsanordnung genannt

In der Anordnungen für die Razzien am Dienstag wird Löger mehrfach genannt. Löger habe „seine Befugnisse (…) wissentlich missbraucht, indem er in Kenntnis eines FPÖ-Novomatic-Hintergrunddeals ausschließlich aus parteipolitischen und koalitionstaktischen“ Erwägungen gehandelt habe, zitierte am Mittwoch die „Presse“ aus dem Dokument.

Neue Details in Causa Casinos

Nachdem am Dienstag mehrere Hausdurchsuchungen in der Causa Casinos für Aufsehen gesorgt haben, sind am Mittwoch weitere belastende Details bekanntgeworden.

Die Ermittler hätten aus dem Terminkalender von Novomatic-Eigentümer Graf ein Treffen der Novomatic-Vertreter mit Löger rekonstruiert. Neben besagtem Chat zwischen Neumann und Strache sind die Ermittler offenbar auch auf eine Aktennotiz von Casinos-Aufsichtsratschef Rothensteiner gestoßen, der zufolge Löger ihm gesagt habe, dass Novomatic-Eigentümer Graf „irgendeinen Hintergrunddeal mit den Blauen“ habe.

Weiters soll im Durchsuchungsbefehl zu lesen sein, dass die bisher geführten Ermittlungen und die fortgeschrittene Auswertung der sichergestellten Daten die anonyme Anzeige, die das ganze Verfahren ins Rollen brachte, „in weiten Bereichen bestätigen“. Unter anderem gebe es einen WhatsApp-Chat zwischen Sidlo und dem damaligen FPÖ-Klubchef Gudenus, in dem Sidlo schreibe: „hallo Joschi, habe mit meinen Freunden bezüglich Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig den deal zu machen“. „Standard“-Angaben zufolge misst die Staatsanwaltschaft der Aktennotiz, die Rothensteiner nach einem Telefonat mit Löger am 1. Februar gemacht haben soll, „hohe Bedeutung“ bei.