Ersatzquartier des Parlaments
ORF.at/Roland Winkler
Causa Casinos

Ruf nach NR-Sondersitzung und U-Ausschuss

Abseits der laufenden Ermittlungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ist in der Causa Casinos Austria am Donnerstag auch der Ruf nach einer parlamentarischen Aufarbeitung laut geworden. Während NEOS einen „Posten- und Korruptionsuntersuchungsausschuss“ einfordert, will die SPÖ die Vorgänge rund um die Bestellung des Ex-FPÖ-Kommunalpolitikers Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria bei einer Sondersitzung im Nationalrat debattieren.

Es sei es wichtig, „dass das Parlament sofort in der Lage ist, seine Kontrollrechte wahrzunehmen“, so der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried, dem zufolge der schnellste Weg dafür eben eine NR-Sondersitzung sei. Leichtfried zufolge will die SPÖ so rasch wie möglich die für die Sondersitzung notwendige Mehrheit bekommen und sich „noch heute an Grüne und NEOS wenden“.

„Alles, was der Aufklärung zuträglich ist, ist unterstützenswert“, hieß es dazu von NEOS, die dem SPÖ-Anliegen zustimmen wollen. Ob die Grünen bei dem Antrag auf eine Sondersitzung mitgehen, war Donnerstagnachmittag noch unklar. Notwendig für die Einberufung ist ein Drittel der 183 Abgeordneten. Gemeinsam mit NEOS käme die SPÖ allerdings nur auf 55 Stimmen, womit man diese Hürde verfehlen würde. Sollte es aber mit anderen Fraktionen rasch zu einer Einigung kommen, könnte die Sondersitzung laut Leichtfried bereits Ende nächster oder übernächste Woche stattfinden.

„Würden uns da nicht verschließen“

NEOS forderte am Donnerstag die Einsetzung eines U-Ausschusses. Parallel zu den Ermittlungen der Behörden müsse man auch die politische Verantwortung klären, so NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper Donnerstagabend in der ZIB2. Dafür sei ein U-Ausschuss der richtige Ort. „Postenschacher ist für uns keine österreichische Folklore“, sagte Krisper. Ein Ausschuss sei nötig, da man auf anderem Wege keine oder nur unzureichende Antworten erhalte. Das habe die Vergangenheit gezeigt, in der zahlreiche Anfragen gestellt worden seien. Hartmut Löger sei heute nicht mehr Minister. In einer Sondersitzung im Nationalrat gebe er nicht mehr Auskunft. Daher sei ein Ausschuss zu Postenschacher und Korruption nötig, so Krisper.

Stephanie Krisper (NEOS) über Casino-U-Ausschuss

NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper zur Forderung eines Untersuchungsausschusses in der Casino-Affäre.

Löger laut NEOS „Bauernopfer“

Der Vorstoß zum U-Ausschuss kam zuvor von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Untersuchen will NEOS auch die Verantwortung des früheren und wohl auch zukünftigen Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP). „Es ist mit Sicherheit kein reiner FPÖ-Skandal, sondern es ist selbstverständlich ein türkis-blauer Skandal“, sagte Meinl-Reisinger Donnerstagvormittag. Im Ausschuss soll es aus Sicht von NEOS drei Handlungsstränge geben: die Casinos-Affäre, die Involvierung des politisch gut vernetzten Glücksspielkonzerns Novomatic und die Staatsholding ÖBAG.

Den nun aus der Politik ausgeschiedenen Ex-ÖVP-Finanzminister Löger hält die NEOS-Chefin für ein „Bauernopfer“. Es könne nicht sein, dass der Finanzminister in einer Regierung, die bekannt für ihre „Message Control“ gewesen sei, Personalbesetzungen in Casinos und Nationalbank treffe, ohne dass andere Regierungsmitglieder und der Kanzler davon wussten.

Zustimmung zu Ausschuss möglich

Unklar war am Donnerstag aber noch, ob das NEOS-Begehr nach Einsetzung eines U-Ausschusses die notwendige Mehrheit finden wird. Für einen Untersuchungsausschuss ist ein Viertel der Abgeordneten nötig – also 46 Mandatare. Im neuen Nationalrat verfügt somit nur die ÖVP über die nötige Stärke, einen U-Ausschuss im Alleingang einzusetzen. Alle anderen Fraktionen sind auf die Unterstützung zumindest einer weiteren Partei angewiesen.

Sowohl SPÖ als auch Grüne haben noch keine endgültige Auskunft dazu erteilt. Leichtfried deutet allerdings ein rotes Ja bereits an: „Wir sind gerne bereit, über alles zu sprechen.“ NEOS und SPÖ hätten genügend Stimmen, um einen U-Ausschuss gemeinsam einzusetzen.

Auch Grünen-Chef Werner Kogler deutete eine Zustimmung seiner Fraktion zu einem Casinos-U-Ausschuss bereits an. „Ich würde mir das anschauen und bin da sehr interessiert, die Untersuchungsführung und Untersuchungsbeauftragung mitzubeeinflussen, weil wir ja doch ein gewisses Know-how haben“, sagte er am Donnerstag im Ö1-Mittagsjournal. Auch glaube er, dass die Grünen mit NEOS zusammen im Hypo-U-Ausschuss „schon ziemlich viel zusammengebracht haben“, so Kogler.

Involvierung Lögers „offenkundig“

An den aktuellen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP ändere die Causa vorerst nichts. „Nein, ich denke nicht“, es werde „vorläufig keine Änderung geben. Die Grünen werden das verhandeln, was wir für die Regierung für richtig halten.“ Gleichzeitig betonte Kogler, seine Fraktion werde „im Parlament jene unterstützen, die im notwendigen Ausmaß für Aufklärung sorgen sollten“.

Causa Casinos beschäftigt Politik

Die Ereignisse rund um die Causa Casinos zieht weite Kreise. ORF-Redakteur Thomas Langpaul analysiert.

Zurückhaltend gab sich Kogler auf die Frage, was die Causa über die ÖVP aussagt. „Ich sehe eine Involvierung des Ex-Finanzministers Löger“, das sei „offenkundig“. „Etwas Weiteres müsste sich weisen, ich kann es nicht erkennen.“ Er habe „natürlich“ weiterhin Vertrauen zur ÖVP, sagte er. Dass es in der ÖVP-FPÖ-Koalition „ein paar klassische Interventionen“ gegeben habe, das sei „offenkundig“.

FPÖ sieht Behörden am Zug

Die FPÖ zeigte sich zu einem möglichen U-Ausschuss indes äußerst reserviert und sieht gegenwärtig die Behörden am Zug. Ein U-Ausschuss sei keine Ersatzstaatsanwaltschaft und kein Ersatzstrafgericht. Zudem gibt der FPÖ-Klub laut APA „zu bedenken: Wer Beschuldigter in einem Verfahren ist, kann sich in einem U-Ausschuss der Aussage entschlagen“ und „ein U-Ausschuss, der zum Stummfilm zu verkommen droht, kann ja nicht im Interesse echter Kontrolltätigkeit sein“.