leere Sessel im Nationalrat
ORF.at/Christian Öser
Causa Casinos

Termin für Sondersitzung fix

Die von SPÖ, Grünen und NEOS einberufene Sondersitzung des Nationalrats zur Causa Casinos wird am Dienstag stattfinden. Auf der Tagesordnung steht eine Dringliche Anfrage an Finanzminister Eduard Müller, der zur Affäre um Korruptionsverdacht und Postenschacher rund um den teilstaatlichen Glücksspielkonzern Auskunft geben soll.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hegt den Verdacht, dass der Glücksspielkonzern Novomatic in der Zeit der Regierung unter ÖVP und FPÖ versucht hat, im Abtausch für eine FPÖ-freundliche Postenbesetzung in den Casinos Austria (kurz CASAG) zusätzliche Glücksspiellizenzen vom Staat zu erhalten. Die Novomatic hält 17 Prozent an den Casinos Austria und ist damit hinter der tschechischen Sazka-Gruppe (38 Prozent) und der Republik (33 Prozent) drittgrößter Aktionär des teilstaatlichen Konzerns.

Im Zentrum der Ermittlungen wegen Bestechung stehen der frühere FPÖ-Bezirkspolitiker Peter Sidlo, der mit Hilfe der Novomatic zum Casinos-Finanzvorstand bestellt wurde, Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), dessen Ex-Kabinettschef und nunmehrige ÖBAG-Chef Thomas Schmid sowie Novomatic-Eigentümer Johann Graf und Novomatic-Chef Harald Neumann. Gegen die Casinos-Aufsichtsräte Josef Pröll und Walter Rothensteiner wird wegen Untreue ermittelt. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung, sie weisen die Vorwürfe zurück.

Chatprotokolle mit Brisanz

Am Wochenende hatten das Wochenmagazin „Falter“ und die „Presse“ neue Chatprotokolle, E-Mails und SMS veröffentlicht, die insbesondere Löger und Strache in der Causa belasten. Auch bei weiteren Postenbesetzungen, etwa in der Nationalbank (OeNB), legen diese einen Postenschacher nahe. Etwa heißt es in einer WhatsApp-Nachricht Straches an Löger vom 19. März: „… Wir haben (gemeint ist wohl die FPÖ, Anm.) bei der ÖBB; Asfinag, Donau, etc. alle eure 30 AR sofort umgesetzt… in euren Ressorts warten wir bis heute… auch Telekom!“

Für den Wiener Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik ist die Causa Casinos zum Teil ein „08/15-Fall“, weil es eine Besetzung gibt, in der eine parteinahe Person zum Zug kommt. Zum anderen Teil sei die Causa aber auch außergewöhnlich, weil es laut Staatsanwaltschaft explizit ein Gegengeschäft gegeben hat. Ennser-Jedenastik hat für seine Studie über 2.000 Vorstandsbestellungen in 92 österreichischen Staatsunternehmen zwischen 1995 und 2010 untersucht.

Politologe Ennser-Jedenastik über Postenvergaben in Österreich

Der Wiener Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik weiß wahrscheinlich so viel über politische Postenbesetzungen wie kaum jemand sonst.

„Wenn wir uns anschauen, wie die Muster im großen Gesamten sind über die letzten Jahrzehnte, dann sehen wir, dass die Regierungsparteien systematisch ihre Leute unterbringen, und die Oppositionskandidaten, die ihre Ämter schon innehaben, dann ausscheiden“, so Ennser-Jedenastik. Das deute darauf hin, dass die Qualifikation nur ein „sekundäres Kriterium“ sei, die Parteinähe aber ein primäres.

ÖVP und SPÖ „Großmeister der Postenbesetzung“

Die „Großmeister der Postenbesetzung“ seien, so der Politikforscher, die ÖVP und die SPÖ. „Aber die FPÖ war immer ein eifriger Lehrling“, sagte er in der ZIB2 am Montag. Dass die FPÖ nicht über die Vorfeldorganisationen verfügt wie etwa ÖVP und SPÖ, schlage sich dann auch am Personal nieder, auf das man bei Postenvergaben zurückgreifen kann. Da hätten ÖVP und SPÖ denn größeren Pool.

Das Argument der Politik, dass man in Aufsichtsräten von staatsnahen Unternehmen auf Personen setzt, denen man vertrauen kann, sei „nicht illegtim“. Aber: „Die Frage ist, kann ich nur Leuten vertrauen, die ein Parteibuch haben oder Parteinähe haben. Man müsste doch sagen, es müsste doch andere geben, die vertrauenswürdig sind“, sagte er.

Ennser-Jedenastik zitierte dabei den ehemaligen Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft, Josef Hickersberger. Dieser sagte nämlich bei der Präsentation des Teamkaders für die anstehende Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz: „Es sind nicht die besten Spieler, sondern die richtigen.“ Ennser-Jedenastik: „Wenn der Unterschied zwischen den Besten und den Richtigen zu groß ist, haben wir ein Problem.“

WKStA-Chefin: Leaks erschwerten Ermittlungen

Im Ö1-Mittagsjournal hatte sich unterdessen am Dienstag die Leiterin der WKStA, Maria Vrabl-Sanda, gegen die Vorwürfe gewehrt, Details aus dem Casinos-Verschlussakt an Medien zu spielen. „Diese Vorwürfe, dass die WKStA politisch agiert und dass sie auch Aktenteile aus geheimen Akten an die Medien weitergibt, kann ich nur ganz entschieden zurückweisen“, so Vrabl-Sanda – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Causa Casinos: NR-Sondersitzung fixiert

Chatprotokolle von Politikern haben die mutmaßliche Postenschacheraffäre rund um die Casinos Austria aufgeheizt. Nächsten Dienstag wird im Nationalrat eine Sondersitzung zur Causa stattfinden.

Rechtliche Schritte erwäge die WKStA-Chefin zwar nicht, aber es werde ein Strafverfahren eingeleitet. „Aber nicht gegen eine spezielle Person, weil wir keine Anhaltspunkte dafür haben, wer die Akten oder die Bestandteile aus den Akten herausgegeben hat“, sagte Vrabl-Sanda. Dass immer mehr Details an die Öffentlichkeit gelangen, erschwere die Ermittlungen. „Das ist nicht das Ziel eines Staatsanwalts“, betonte sie.