Frau in Regenponcho blickt auf graue Wolken
APA/AFP/Valery Hache
Klimakonferenz

Europa verfehlt Umweltziele für 2020

Während in Madrid die UNO-Klimkonferenz stattfindet, wurde nun bekannt, dass die EU ihre Ziele in der Umwelt- und Klimapolitik voraussichtlich verfehlen wird. Das geht aus einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der in Kopenhagen ansässigen Europäischen Umweltagentur (EEA) hervor.

Der Energieverbrauch stieg laut Bericht zuletzt wieder, die Treibhausgasemissionen im Landwirtschafts- und Transportsektor gehen nicht zurück, und der Verlust der Biodiversität setzt sich fort. Die Ziele für 2020 wird Europa damit aller Voraussicht nach verfehlen. Ein Erreichen der längerfristigen Ziele für 2030 und 2050 sei aber noch möglich.

Der EEA-Bericht unterstreicht, dass zwar Anstrengungen unternommen wurden. So seien die gesamten Treibhausgasemissionen zwischen 1990 und 2017 etwa um 22 Prozent gesunken, und der Anteil der erneuerbaren Energien am Energieverbrauch liege heute deutlich höher. Ausreichend sei das aber nicht. Ein Kurswechsel sei dringend notwendig, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen und letztlich den Wohlstand der Zukunft zu sichern. Es handle sich um die „entscheidende Herausforderung dieses Jahrhunderts“.

Größtes Manko: Fehlende Umsetzung

Gleichzeitig mit der in Madrid stattfindenden Weltklimakonferenz fordert die EEA „fundamentale Veränderungen“ in der europäischen Klimapolitik. Die europäischen Länder und Entscheidungsträgerinnen und -träger müssten das kommende Jahrzehnt dazu nutzen, ihre Maßnahmen radikal auszuweiten und zu beschleunigen. Im Kampf für Umwelt und Klima hake es vor allem bei der Umsetzung bestehender politischer Maßnahmen, sagte EEA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx. „Wir sollten besser darin werden, die von uns festgelegten politischen Ziele einzuhalten.“

Hoffen auf „Green Deal“

Gerade die Ankündigungen der EU-Kommission zu einem „European Green Deal“ sorgen bei der EEA für Zuversicht. „Natürlich besteht Hoffnung. Der ‚European Green Deal‘ erkennt die Dringlichkeit des Handelns in einem Maße an, wie wir es in Europa vorher nicht gesehen haben“, sagte Bruyninckx. Die neue Kommission spreche ernsthaft über einen Übergang hin zu einem gesunden Planeten.

„Erstmals in der Geschichte der europäischen Institutionen steht das hier so weit oben auf der Agenda. Unter (Kommissionspräsidentin Urusla, Anm.) von der Leyen ist es Priorität Nummer eins.“ Wichtig sei dabei aber auch, sich nicht bloß auf diejenigen Maßnahmen zu stürzen, mit denen man am einfachsten die Ziele erreiche, sagte der EEA-Direktor. Vielmehr müsse auf die Initiativen gesetzt werden, die einen langfristig voranbrächten. „Ansonsten führt das in eine Sackgasse“, so Bruyninckx.

Fahrplan zum „Green Deal“

EU-Kommissionspräsidentin Urlula von der Leyen hat über ihren Besuch bei der UNO-Klimakonferenz berichtet und lässt gleich mit dem Fahrplan zum versprochenen „Green Deal“ der EU aufhorchen.

Von der Leyen: „Green Deal“ zur rechten Zeit

Von der Leyen reagierte auf Nachfrage in Brüssel auf den Bericht der EEA. „Ich bin davon überzeugt, dass der europäische ‚Green Deal‘ zur richtigen Zeit kommt“, so die Kommissionspräsidentin. „Wir sollten diese Herausforderung angehen und in ihr die Möglichkeit sehen, dass die EU vorne mit dabei sein kann, was die Bereitstellung von Wissen und Technologie anlangt.“

Nur das, was auch gemessen werden könne, könne auch passieren. Deshalb wolle sie 2020 das erste EU-Klimagesetz "aufgestellt haben“. Ein Transitionsfonds werde dabei sicherstellen, dass "niemand zurückgelassen wird“, so von der Leyen in Richtung skeptischer EU-Staaten.

Zwei von 13 Zielen bei Artenvielfalt in Reichweite

Die EEA-Expertinnen und -Experten kommen in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass von den 13 für 2020 festgelegten Zielen zum Schutz der biologischen Vielfalt nur zwei im nächsten Jahr erreicht werden können: die Schaffung von Schutzgebieten im Meer und an Land. Der Schutz von Arten und natürlichen Lebensräumen, Feuchtgebieten, marinen Ökosystemen und Böden ist nach wie vor unzureichend.

Auch habe sich die Zusammenarbeit mit Wirtschaftssektoren „als nicht erfolgreich erwiesen“, heißt es in dem Bericht. So wirke sich etwa die Landwirtschaft weiterhin negativ auf Biodiversität aus und trage zur Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden bei. Ebenso bleiben Verschmutzung durch Chemieprodukte, Luftverschmutzung und Lärmbelästigung ein Problem.

Tempo der Verbesserungen verlangsamt

„Das Tempo des Fortschritts hat sich außerdem in einigen wichtigen Bereichen wie bei dem Ausstoß von Treibhausgasen, bei Industrieemissionen, dem Abfallaufkommen, der Energieeffizienz und dem Anteil der erneuerbaren Energie verlangsamt“, bedauert die EEA. Dabei verfüge Europa über das Wissen und die Technologien, um etwa in den Bereichen Lebensmittel, Mobilität und Energie entscheidende Veränderungen herbeizuführen.

Globaler CO2-Ausstoß heuer weiter gestiegen

Einer anderen Studie zufolge nahm unterdessen der weltweite Ausstoß von klimaschädlichem CO2 weiter zu. Der internationale Forscherverbund Global Carbon Project prognostizierte am Mittwoch am Rande der UNO-Klimakonferenz einen Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen um 0,6 Prozent für 2019. Das ist zwar weniger als in den beiden Vorjahren, aber immer noch zu viel, um die Erderwärmung zu begrenzen.

Das UNO-Umweltprogramm (UNEP) hatte vergangene Woche angemahnt, die weltweiten Treibhausgasemissionen zwischen 2020 und 2030 jährlich um 7,6 Prozent zurückzufahren. Anderenfalls werde das im Pariser Klimaabkommen formulierte Ziel verpasst, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.

Der verlangsamte Anstieg der CO2-Emissionen im Jahr 2019 ist nach Einschätzung der Forscher vom Global Carbon Project unter anderem auf das verlangsamte Wirtschaftswachstum und eine geringere Kohlenutzung in den USA und der EU zurückzuführen. Stattdessen sei aber mehr Erdöl und vor allem mehr Erdgas genutzt worden.