US-Präsident Trump
Reuters/Leah Millis
Zum dritten Mal in Geschichte

US-Präsident in Kongress angeklagt

Als dritter Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten muss sich Donald Trump einem Amtsenthebungsverfahren im US-Senat stellen. Während im Repräsentantenhaus die Anklage beschlossen wurde, trat Trump vor Anhängerinnen und Anhängern im US-Staat Michigan auf und zeigte sich kämpferisch.

Das Repräsentantenhaus stimmte am Mittwochabend (Ortszeit) für die offizielle Eröffnung eines Impeachment-Verfahrens. Mit der Mehrheit der Demokraten votierte die Kongresskammer dafür, dass sich Trump sowohl wegen Machtmissbrauchs als auch wegen Behinderung der Kongressermittlungen im Senat verantworten muss. Die Abgeordneten stimmten getrennt über die beiden Anklagepunkte ab.

Das Repräsentantenhaus zeigte sich dabei wie schon in den Monaten zuvor tief gespalten. Die Republikaner stimmten geschlossen gegen die Eröffnung des Amtsenthebungsverfahrens. Die Demokraten wiederum votierten fast alle dafür: Bei ihnen gab es nur wenige Abweichler – zwei beim ersten und drei beim zweiten Votum.

Stundenlanger Schlagabtausch

Dem historischen Votum war eine fast zwölfstündige Sitzung vorausgegangen, in der einander demokratische und republikanische Abgeordnete einen heftigen Schlagabtausch lieferten. Die Demokraten begründeten die Eröffnung des Verfahrens gegen Trump mit der Pflicht, die Verfassung zu schützen.

Trump sei eine Gefahr für die Demokratie, die nächste Wahl und die nationale Sicherheit des Landes. Die Republikaner dagegen warfen den Demokraten vor, sie handelten allein aus parteipolitischem Kalkül und seien seit Beginn der Präsidentschaft Trumps besessen davon, ein Impeachment-Verfahren einzuleiten.

Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi
Reuters/Jonathan Ernst
Pelosi betonte: Trump „hat uns keine andere Wahl gelassen“

Kernpunkt Militärhilfe für Ukraine

Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenski im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine abhängig gemacht habe. Das werten sie als Amtsmissbrauch.

Sie werfen ihm außerdem vor, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zur Ukraine-Affäre behindert zu haben. Trump weist die Vorwürfe gegen sich vehement zurück.

Pelosi: Trump Bedrohung für Demokratie

Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, warf Trump Verfassungsbruch vor und bezeichnete ihn als eine fortdauernde Bedrohung für die Demokratie: „Er hat uns keine Wahl gelassen.“ Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses in der Kammer, Adam Schiff, sagte, das Repräsentantenhaus habe seine Pflicht erfüllt. Nun sei der Senat an der Reihe.

Senat als Gericht

Der Senat nimmt in einem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts ein. Es ist unklar, wann genau dort ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump beginnen wird. Pelosi deutete an, das Repräsentantenhaus werde die beschlossenen Anklagepunkte nicht unmittelbar an den Senat übermitteln, sondern zunächst abwarten, wie das genaue Prozedere dort aussehen solle. Zum weiteren Zeitplan und zur Frage, wie sie sich ein Verfahren im Senat vorstellt, äußerte sich Pelosi nicht näher.

Über den Ablauf des Prozesses im Senat – ob er kurz und knapp gehalten wird oder etwa neue Zeugen gehört werden –-, gibt es Streit zwischen Demokraten und Republikanern. Bisher wurde damit gerechnet, dass das Verfahren Anfang Jänner im Senat stattfinden würde.

Verfahren gegen Trump fix

Donald Trump ist erst der dritte US-Präsident, der sich einem Impeachment-Verfahren stellen muss. Trump gibt sich kämpferisch.

Trumps Republikaner haben im Senat die Mehrheit. Mindestens 20 republikanische Senatoren müssten sich auf die Seite der Demokraten schlagen, um die für eine Amtsenthebung nötige Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Das ist nach jetzigem Stand nicht in Sicht.

Erst zum dritten Mal

Dennoch ist schon die Eröffnung des Verfahrens ein Makel für Trump. Vor ihm mussten das nur zwei andere Präsidenten über sich ergehen lassen: Bill Clinton Ende der 1990er Jahre und Andrew Johnson im 19. Jahrhundert. Gegen einen weiteren Präsidenten, Richard Nixon, waren zwar ebenfalls Impeachment-Ermittlungen geführt worden – Nixon trat aber zurück, bevor das Repräsentantenhaus über die Anklagepunkte abstimmte. Bisher wurde kein US-Präsident des Amtes enthoben.

Adam Schiff
AP/House Television
Demokrat Schiff sieht Trump durch „unwiderlegbare“ Beweise belastet

Folgen für Wahlkampf noch unklar

Trump könnte das Impeachment-Verfahren indes politisch nutzen, um seine Anhängerschaft zu mobilisieren und sich weiter als Opfer einer parteipolitischen Kampagne zu inszenieren. Während die Abstimmung im Kongress noch lief, ließ sich Trump am Mittwochabend (Ortszeit) bei einem Wahlkampfauftritt in Michigan von Unterstützern bejubeln.

Unter Applaus seiner Anhänger sagte er, es fühle sich nicht so an, als werde ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eröffnet. „Wir haben nichts falsch gemacht und wir haben enorme Unterstützung in der Republikanischen Partei.“ Er sei der erste Präsident, der einem Amtsenthebungsverfahren ausgesetzt sei, obwohl er kein Verbrechen begangen habe. Auch das Weiße Haus verurteilte die Eröffnung des Verfahrens scharf und bezeichnete das Vorgehen der Demokraten als „verfassungswidrige Farce“.