Die erste Meldung kam in den frühen Morgenstunden über die Nachrichtenagenturen: „Ein heftiges Erdbeben mit seinem Zentrum vor dem Westen Indonesiens hat am Sonntag in der Früh weite Teile Südostasiens erschüttert und hohe Flutwellen ausgelöst. In Indonesien, auf Sri Lanka und auch in Thailand kamen dabei insgesamt mindestens 19 Menschen ums Leben.“
Im Stundentakt wurden in der Folge die Todeszahlen nach oben korrigiert – aus 19 wurden schließlich zwischen 230.000 und 250.000 Todesopfer aus rund 50 Staaten. Die Zahl der Vermissten konnte bis heute nicht geklärt werden. Über 110.000 Menschen wurden verletzt, mehr als 1,7 Millionen Küstenbewohner rund um den Indischen Ozean obdachlos. Ganze Küstenregionen in Asien, darunter auch etliche ausgebuchte Tourismushochburgen, wurden von den bis zu zehn Meter hohen Wellen dem Erdboden gleichgemacht.
Das um 7.58 Uhr Ortszeit (1.59 Uhr MEZ) registrierte, unterseeische Beben erwies sich rasch als viel stärker als ursprünglich vermutet und wurde letztendlich mit der Stärke 9,1 bis 9,3 angegeben. Es war das drittstärkste jemals aufgezeichnete Beben und das schlimmste seit 40 Jahren. Das Epizentrum lag im Indischen Ozean etwa 150 Kilometer vor der westindonesischen Insel Sumatra. Es bildete sich ein gewaltiger Tsunami mit Wellen von bis zu zehn Meter Höhe, der zunächst auf die Küsten der indonesischen Provinz Aceh zuraste.
Wellen bis nach Afrika
Doch die Erschütterung trieb Riesenwellen auch nach Thailand und Malaysia, nach Sri Lanka und Indien und bis zur afrikanischen Ostküste. Ein Tsunami-Frühwarnsystem existierte damals noch nicht und wurde erst als Folge der Katastrophe implementiert. Die in den Küstenregionen lebenden Menschen hatten folglich kaum Zeit, sich in Sicherheit zu bringen – Tsunamis breiten sich mit bis zu 800 km/h aus.
Mit voller Wucht traf der Tsunami schließlich in Aceh auf. Mehr als 160.000 Menschen wurden innerhalb kurzer Zeit in den Tod gerissen. In Sri Lanka, das mehr als zwei Stunden nach dem Beben von der Welle erreicht wurde, war mit rund 45.000 die zweithöchste Opferzahl zu beklagen. Hier wurde einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes schwer getroffen, der Tourismus – ebenso wie in Thailand, wo mehr als 8.000 Menschen ums Leben kamen. 85 der 86 bei dem Tsunami getöteten Österreicherinnen und Österreicher verloren in den Urlauberhochburgen Phuket, Khao Lak und auf den Phi-Phi-Inseln ihr Leben.
Ebenfalls schlimm verwüstet wurde Südindien, vor allem der Unionsstaat Tamil Nadu mit seiner Metropole Chennai sowie die Inselgruppe der Andamanen und Nikobaren. Obwohl die Flutwelle bis zu den Küsten von Tamil Nadu rund drei Stunden und bis zu den Inseln auch noch rund zwei Stunden benötigte, starben in Indien mehr als 12.000 Menschen. Opfer waren darüber hinaus auf den Malediven (rund 80), in Myanmar (rund 90) und in Malaysia (rund 70) zu beklagen. Selbst am Horn von Afrika, in Somalia, kamen noch rund 300 Menschen ums Leben.
Hilfe aus der ganzen Welt
Nach dem Tsunami wurde eine weltweite Hilfsaktion gestartet. Laut Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurden den betroffenen Staaten von EU und 22 im Hilfskomitee der OECD sitzenden Mitgliedsländern 13,6 Milliarden Dollar (damals: 9,22 Mrd. Euro) zugesagt. Zahlreiche Staaten schickten Identifikationsteams nach Südostasien. Österreich stationierte zwei DVI-Einheiten (Disaster Victim Identification, Anm.) in Thailand und Sri Lanka, auch Trinkwasseraufbereitungstrupps wurden in die Katastrophengebiete geschickt. Innerhalb kurzer Zeit kamen zahllose Wiederaufbauprogramme in Gang.
Gedenkfeiern am 15. Jahrestag
In mehreren Ländern rund um den Indischen Ozean wurde am Donnerstag der Opfer von 2004 gedacht worden. In Thailand kamen am 15. Jahrestag Hunderte Menschen buddhistischen, christlichen und muslimischen Glaubens im Memorial Park in Ban Nam Khem zu Gebeten zusammen. In der indonesischen Provinz Aceh, wo die meisten Menschen ums Leben kamen, versammelten sich Hinterbliebene an den Gräbern ihrer Angehörigen. In Siron, wo mindestens 47.000 Opfer in Massengräbern bestattet wurden, beteten sie und streuten Blumen auf die Gräber.
Katastrophen durch Tsunamis kamen schon wiederholt vor: 1992 ließen die Wassermassen im östlichen Indonesien sogar für kurze Zeit eine Insel versinken und brachten mehr als 2.000 Menschen den Tod. 1883 spuckte der indonesische Vulkan Krakatau 18 Kubikkilometer Bimsstein und Asche und verursachte dadurch Flutwellen, in denen mehr als 35.000 Menschen umkamen. Verheerungen wie 2004 aber waren beispiellos.
Wiederholung unwahrscheinlich
Experten zufolge ist eine Wiederholung auch unwahrscheinlich. „So viele Opfer wird es bei einem künftigen vergleichbaren Tsunami nicht mehr geben, wenn das Frühwarnsystem funktioniert“, sagte jüngst der deutsche Physiker Jörn Lauterjung vom Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam. Nach der Katastrophe übernahm Lauterjung im Auftrag Deutschlands die Führung eines internationalen Teams, das ein Frühwarnsystem in Indonesien entwickelte.
Registriere das System ein starkes Seebeben, erstelle es innerhalb von höchstens fünf Minuten ein Lagebild, sagte Lauterjung. Dann würden Lagezentren in Indonesien, Australien und Indien Warnmeldungen an alle betroffenen Länder am Indischen Ozean schicken. Diese sollen anschließend ihre jeweilige Bevölkerung informieren – etwa über Polizei und Feuerwehr sowie über die Medien.
Lauterjung rät, Touristen sollten in der Region in ihrem Hotel nach einem Evakuationsplan fragen, um bei einer Tsunami-Warnung zu wissen, wie sie sich verhalten sollen. Generell gilt: Weg von der Küste und in der Höhe Schutz suchen – etwa in einem gut gebauten Hochhaus. So starke Erdbeben wie zu Weihnachten 2004 sind aber statistisch gesehen sehr selten: Sie kämen etwa alle 400 bis 700 Jahre vor.