Verhandlungsteams von ÖVP und Grünen
APA/Hans Punz
ÖVP – Grüne

Neue Details und eine Überraschung

Die Verhandlungen zwischen der ÖVP und den Grünen befinden sich auf der Zielgeraden. Am Dienstag wurden neue Details zur Ressortaufteilung bekannt. Die ÖVP soll mit elf Mitgliedern in der neuen Regierung vertreten sein, die Grünen mit vier. Und auch eine personelle Überraschung gibt es: Die Steirerin Christine Aschbacher (ÖVP) wird Arbeits- und Familienministerin. Aufseiten der Grünen wurden indes Alma Zadic als Justizministerin und Rudolf Anschober als Sozialminister bestätigt.

Die 36 Jahre alte Unternehmerin übernimmt die Agenden Arbeit, Familie und Jugend. Das berichtete unter anderem die „Kleine Zeitung“ am Dienstagvormittag, die ÖVP bestätigte die Personalie wenig später. Aschbacher ist eine weitere Überraschung bei den Personalverhandlungen zwischen der ÖVP und den Grünen.

Aschbacher reiht sich ein in die Riege der weiblichen Personalentscheidungen, die bisher bekanntgeworden sind: Susanne Raab als Integrationsministerin, Karoline Edtstadler (ÖVP) als Europaministerin und Leonore Gewessler für die Grünen als Umweltministerin. Auch die als Verteidigungsministerin hoch gehandelte Klaudia Tanner (ÖVP) wurde von der Partei bisher nicht dementiert, ebenso wenig wie Elisabeth Köstinger (ÖVP) als Landwirtschaftsministerin und Margarete Schramböck (ÖVP) als Wirtschaftsministerin. Damit stellen Frauen einen großen Teil des künftigen Regierungsteams, im ÖVP-Lager sogar die Mehrheit.

Christine Aschbacher (ÖVP)
APA/STVP/Fischer
Die in der Öffentlichkeit bisher wenig bekannte Christine Aschbacher wird Arbeits- und Familienministerin

Im Familienministerium waren bisher die Agenden Familie, Frauen und Jugend angesiedelt. Das neue Ministerium inkludiert nun auch den Bereich Arbeit. Berufserfahrung in einem Ministerium hat Aschbacher bereits: Von 2012 bis 2015 war sie im Finanz- und Wirtschaftsministerium tätig. Sie ist Expertin für die Themen Fach- und Schlüsselarbeitskräfte, Standortpolitik und Innovationsmanagement. Zuletzt war die Mutter von drei Kindern selbstständige Unternehmensberaterin – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Insgesamt 15 Regierungsmitglieder

Ebenfalls am Dienstag wurden neue Details zur Stärke des Regierungsteams publik. Laut APA soll die ÖVP elf Ministerinnen und Minister erhalten, die Grünen vier – inklusive Grünen-Parteichef Werner Kogler, der Vizekanzler werden soll. Darüber hinaus werden ÖVP und Grüne jeweils eine Staatssekretärin oder einen Staatssekretär nominieren.

Als Fixstarter aufseiten der ÖVP gelten neben Raab und Edtstadler auch Gernot Blümel als Finanzminister sowie Karl Nehammer als Innenminister. Darüber hinaus soll die ÖVP das Außenministerium erhalten – ob der jetzige Ressortchef Alexander Schallenberg seinen Posten behält, steht noch nicht fest. ÖVP-Obmann Sebastian Kurz soll Medienberichten zufolge als Bundeskanzler auch für den Bereich Medienpolitik zuständig sein.

Für das Bildungsministerium soll Medienberichten zufolge Heinz Faßmann im Gespräch sein, der dieses Amt schon in der ÖVP-FPÖ-Regierung bekleidete. Der Parteiunabhängige hatte allerdings in Interviews immer wieder erklärt, nicht mehr als eine Funktionsperiode in der Politik sein zu wollen.

Zadic und Anschober im grünen Regierungsteam

Bei den Grünen gesetzt sind Kogler und Gewessler. Die ehemalige politische Geschäftsführerin der Umweltorganisation Global 2000 soll ein Superressort erhalten, in dem die Bereiche Umwelt, Verkehr, Infrastruktur, Energie, Technologie und Innovation vereint sind.

Verhandlungen gehen ins Finale

Immer mehr Details werden über die geplante Koalition bekannt: Die ÖVP wird elf Regierungsmitglieder stellen, die Grünen übernehmen vier Posten. Außerdem wird jede Partei jeweils ein Staatssekretariat besetzen.

Darüber hinaus sollen die Grünen die Agenden Justiz, Kultur, Soziales und Gesundheit erhalten. Für das Justizressort wird Kogler die Juristin Zadic nominieren, wie die Partei am Dienstag erklärte. Die 35-Jährige war erst im Sommer von JETZT zu den Grünen gewechselt.

Ebenfalls fest steht laut „Presse“, dass der oberösterreichische Landesrat Anschober Sozialminister wird. Als weitere mögliche Kandidaten für Regierungsämter und Staatssekretärsposten wurden zuletzt auch Astrid Rössler, Eva Blimlinger und Josef Meichenitsch gehandelt. Die endgültige Entscheidung über die Regierungsliste der Grünen fällt am Freitag im Erweiterten Bundesvorstand und am Samstag beim Bundeskongress.

Der weitere Fahrplan

Die inhaltlichen Verhandlungen zwischen den beiden Parteien laufen derweil weiter. Für den ersten Tag des neuen Jahres sind abschließende Verhandlungen geplant, teilten die Beteiligten am Montag mit. Danach wollen die Parteichefs Kurz und Kogler die Öffentlichkeit in einer Stellungnahme über den Stand der Dinge informieren. Im Fall einer Einigung soll am 2. Jänner 2020 das Regierungsprogramm vorgestellt werden – wie detailliert, bleibt abzuwarten. Danach berufen die beiden Parteien ihre internen Gremien ein. In der ÖVP braucht Kurz allerdings deren Zustimmung offiziell nicht. Am Freitag kommen die Grünen zu einem Erweiterten Bundesvorstand zusammen, die ÖVP lädt zu Parteivorstand und Klubsitzung.

Leonore Gewessler, mögliche zukünftige Ressortchefin des geplanten neuen Superministeriums für Klimaschutz
APA/Roland Schlager
Gewessler wird als Quereinsteigerin die wohl wichtigste grüne Ministerin

Am Samstag, dem 4. Jänner 2020, stimmen die Grünen beim Bundeskongress in Salzburg über das Regierungsprogramm ab. Offizieller Start ist laut einem Mail von Grünen-Generalsekretär Thimo Fiesel um 13.00 Uhr, doch schon ab 10.00 Uhr werden die Delegierten die Möglichkeit haben, sich mit dem Koalitionspakt auseinanderzusetzen und Fragen durch die Hauptverhandler beantwortet zu bekommen. Stimmt der grüne Bundeskongress zu, dann steht der Koalition offiziell nichts mehr im Weg. Eine Angelobung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen könnte schon in der Woche nach dem Dreikönigsfeiertag erfolgen.

SPÖ gegen Inneres und Verteidigung bei ÖVP

Kritik an der kolportierten Ressortaufteilung kam von der SPÖ. Vizeklubchef Jörg Leichtfried zeigte sich besorgt, dass mit Innen- und Verteidigungsministerium beide sicherheitsrelevanten Ressorts in ÖVP-Hand kommen sollen. In Anbetracht des Zustands des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), von Polizei und Bundesheer wäre es wichtig, ein Gleichgewicht in den betreffenden Ressorts herzustellen, so Leichtfried in einer Aussendung.

Opposition kritisiert mögliche ÖVP-Grüne-Koalition

SPÖ, NEOS und FPÖ finden bereits vor einer möglichen offiziellen Verlautbarung einer ÖVP-Grüne-Bundesregierung Kritikpunkte.

NEOS kritisierte, dass für ÖVP und Grüne „derzeit offenbar Namen wichtiger sind als Inhalte“. „Da haben sich die Menschen von Türkis-Grün doch deutlich mehr Substanz erwartet“, so NEOS-Generalsekretär Nick Donig, der forderte, die Verhandler müssten rasch die Inhalte vorlegen, die man dann mit „konstruktiv-kritischem Blick“ bewerten werde.

Kritik an Personalentscheidungen

Auch an weiteren Personalentscheidungen übte die SPÖ Kritik. Mediensprecher Thomas Drozda störte sich etwa daran, dass Gerald Fleischmann, langjähriger Sprecher und Vertrauter von ÖVP-Chef Kurz, Kanzlerbeauftragter für Medienfragen im Bundeskanzleramt wird. Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid hingegen sorgte sich um die Schüler.

Hammerschmid kommentierte die Gerüchte, dass Faßmann erneut Bildungsminister werden könnte, skeptisch. „Das weckt berechtigte Zweifel daran, ob die Bildungspolitik der künftigen Regierung innovativ, zeitgemäß und im Sinne der Chancengerechtigkeit unserer Kinder gestaltet werden wird“, teilte sie in einer Aussendung mit.