Nach dem Iowa-Debakel wird die New-Hampshire-Vorwahl für die Kandidatinnen und Kandidaten einmal mehr hauptsächlich eine wichtige Chance, Momentum aufzubauen. In New Hampshire selbst ist man davon überzeugt, die erste wichtige Entscheidung zu treffen – oder, wie der damalige Gouverneur John H. Sunnu 1988 formulierte: „The people of Iowa pick corn, the people of New Hampshire pick presidents“ („In Iowa pflückt man Mais, in New Hampshire kürt man Präsidenten“).
Anders als in Iowa, wo Tage später noch immer kein endgültiges Ergebnis vorlag und die Kandidatenkür per Grüppchenbildung in Turnsälen abläuft, findet in New Hampshire ein wirklicher Urnengang (Primary) statt. Abstimmen dürfen nun alle registrierten Wählerinnen und Wähler, unabhängig von der Parteimitgliedschaft. Das soll die Aussagekraft erhöhen, schließlich würden so auch Wechselwähler und Unabhängige eine Stimme haben.
Andererseits ist das fast ausschließlich weiße New Hampshire in der demografischen Zusammensetzung genauso wenig repräsentativ für die gesamten USA wie Iowa, zudem stehen hier nur 24 der insgesamt 4.750 Delegiertenstimmen zur Disposition.
Transparenterer Wahlmodus verspricht weniger Chaos
Ein ähnliches Chaos wie vergangene Woche ist zumindest nicht zu erwarten, auch weil das Ergebnis in Prozent der Stimmen ausgewiesen wird und nicht in „state delegate equivalents“ umgerechnet werden. In Iowa führte dieses Verfahren dazu, dass der stimmenstärkste Kandidat, Sanders, weniger Delegierte für den nationalen Nominierungsparteitag im Sommer erhält als Buttigieg. Als große Sieger ließen sich damit beide feiern.
Insgesamt sind noch elf demokratische Kandidatinnen und Kandidaten im Rennen. Die landesweiten Umfragen für die endgültige Kür zum Herausforderer Trumps sehen ungeachtet des Iowa-Duells immer noch Biden mit komfortablem Vorsprung vor Sanders, vor Senatorin Elizabeth Warren und dem Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg, Buttigieg rangiert auf nationaler Ebene derzeit noch auf Rang fünf.
Konkurrenz schießt gegen Buttigieg
In den letzten Auftritten zeigt sich, dass der Shooting-Star, dessen Namen noch vor Kurzem kaum jemand aussprechen konnte, seine Konkurrenz aber doch nervös macht. Vor allem die mangelnde Erfahrung Buttigiegs auf dem spiegelglatten Parkett Washingtons wird nun von den anderen Kandidatinnen und Kandidaten thematisiert.
„Wir haben einen Neuling im Weißen Haus und schauen Sie, wohin uns das gebracht hat“, betonte die in Umfragen derzeit abgeschlagen auf Platz fünf liegende Senatorin Amy Klobuchar in Anspielung auf Trump.
Sanders und Warren gegen Großspenden
Sanders und Warren, die beide im ähnlichen Lager des linken Parteiflügels um Stimmen kämpfen, werfen Buttigieg vor, der Kandidat der Wall Street zu sein („Wall Street Pete“, wie Sanders-Anhänger neuerdings gerne skandieren). Beide verzichten auf Großspenden. „Ich habe keine 40 Milliardäre, Pete, die zu meiner Kampagne beitragen“, erklärte der 78-jährige Sanders – man bringe die Menschen zusammen, indem man eine Agenda präsentiere, die für die Menschen des Landes gut sei und nicht für Superreiche.
Biden, spürbar nervös
Biden, wie Buttigieg Kandidat der moderaten Demokraten, bezeichnete den Konkurrenten als „Risiko“. Er porträtierte den Ex-Bürgermeister South Bends (einer Stadt von in etwa der Größe Innsbrucks) in einem Wahlkampfspot als unerfahrenen Lokalpolitiker.
Die Nervosität Bidens wurde auch bei einer Wahlkampfveranstaltung am Sonntag deutlich, wo er eine junge Studentin, die ihn nach den Gründen für die Niederlage in Iowa gefragt hatte, als „verlogene, hundsgesichtige Pony-Kavalleristin“ beschimpfte.
Bidens Wahlkampfsprecherin Remi Yamamoto versuchte den Schaden zu begrenzen und schrieb auf Twitter, die Aussage sei ein Witz gewesen: „Das ist aus einem John-Wayne-Film“ und Biden habe den Witz schon oft gemacht. Viele Twitter-Nutzer fanden die Bemerkung allerdings nicht lustig.
In einer Fernsehdebatte gab Biden zu, auch in New Hampshire mit einer Niederlage zu rechnen. Ein schlechtes Abschneiden in New Hampshire könnte seine Unterstützer trotzdem verschrecken und ihm einen Sieg in South Carolina Ende Februar verbauen. Den braucht der Senator aber dringend: Erstmals ist dort eine größere Gruppe von Afroamerikanern wahlberechtigt, die als größte Stütze des früheren Stellvertreters von Ex-Präsident Barack Obama gilt. Sollte er deren Ticket nicht lösen, könnten ihm schon beim folgenden „Super Tuesday“ Anfang März die Felle endgültig davon schwimmen.
Vorbereitung auf den „Super Tuesday“
Wirkliche Weichenstellungen werden dann Anfang März beim „Super Tuesday“ erwartet, wenn in 15 Bundesstaaten gewählt wird und die Auslandsvereinigung Democrats Abroad abstimmt. Dann steigt noch ein nicht zu unterschätzender Kandidat ins Rennen ein: Der New Yorker Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg, der seine Kandidatur erst recht spät bekanntgab und seinen Wahlkampf von Anfang an auf die großen Bundesstaaten fokussierte.
Dem Milliardär wird vorgeworfen, sich die Präsidentschaftskandidatur erkaufen zu wollen. Mit rund 300 Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen investierte er allein im Jänner mehr für Werbung als Trump im gesamten Wahlkampf 2016.
Triumph für Trump absehbar
Apropos Trump: Am Dienstag finden auch republikanische Vorwahlen in New Hampshire statt, wobei außer dem Präsidenten nur noch der frühere Gouverneur von Massachusetts, Bill Weld, im Rennen ist. Er will den gemäßigten Republikanern dennoch eine Alternative zu Trump bieten – wobei freilich nichts anderes als ein Ergebnis knapp an die 100 Prozent für den Amtsinhaber erwartet wird.
Weil New Hampshire als Swing-State bei den Präsidentschaftswahlen gilt und im Vorjahr (mit minimalem Vorsprung) an die Demokratin Hillary Clinton ging, ließ sich Trump die Chance des Auftritts hier im Zuge der Vorwahl trotzdem nicht entgehen – er reiste am Montag für Wahlkampfauftritte an.