Eurofighter Debatte „Im Zentrum“
ORF
Causa Eurofighter

Regierung will „einen Gang höher schalten“

Nach dem Eingeständnis von Airbus gegenüber US-Behörden, dass im Zuge des Eurofighter-Geschäfts mit Österreich an 14 Personen und Organisationen nicht deklarierte Zahlungen über 55 Mio. Euro geflossen sein sollen, hat die Causa Eurofighter an Fahrt gewonnen. Warum deren langwierige Aufarbeitung bisher wenig bewirkt hat, wurde Sonntagabend in der ORF-Debattesendung „Im Zentrum“ über den Eurofighter-Deal diskutiert.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) will nun „einen Gang höher schalten“. Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) pochte darauf, dass die Politik „lästig“ bleiben müsse. Es müssten nun Namen und Organisationen der Staatsanwaltschaft bekanntgegeben werden, damit rasch ermittelt werden könne, so Tanner: „Ich gehe davon aus, dass die Justiz unabhängig von politischen Zugehörigkeiten ermitteln wird.“ Sie wolle nun „so schnell wie möglich einen Termin mit Airbus“ gemeinsam mit der Finanzprokuratur, dem Verteidigungsministerium und den Wehrsprechern aller Parlamentsparteien.

Termin gibt es noch keinen dafür. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), der 2017 als damaliger Verteidigungsminister eine Betrugsanzeige einbrachte und Erfahrung mit der Causa hat, warnte Tanner bereits vor zu großen Erwartungen: „Airbus wird nicht auf Sie zukommen. Airbus versteht nur eine Sprache und das ist die Sprache der Staatsanwaltschaft.“

„Im Zentrum“ über den Eurofighter-Deal

Seit 20 Jahren beschäftigt das Thema Eurofighter Österreichs Politik. Eine Debatte mit Verteidigungsministerin Tanner, Vizekanzler Kogler, FPÖ-Chef Hofer, Ex-Verteidigungsminister Doskozil und dem Präsidenten der Finanzprokurator, Peschorn, über die Wende in der Causa Eurofighter.

Kogler will dreistelligen Millionenbetrag

Tanner zeigte sich überzeugt, dass der gemeinsame Wille in Österreich, von Airbus Wiedergutmachung einzufordern, vorhanden sei: „Wenn sie (von Airbus, Anm.) nicht kommen, wird uns etwas einfallen.“ Kogler zeigte sich erleichtert, dass nun nicht mehr nur ein einzelner Staatsanwalt, sondern die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit der Causa Eurofighter betraut sei. Denn noch immer sei unklar, wer die Letztempfänger gewesen seien.

Eine Rückabwicklung des Geschäfts hält Kogler für schwierig, aber er fordert vom Eurofighter-Hersteller Airbus eine Entschädigung in dreistelliger Millionenhöhe. Kogler saß bereits 2007 für die Grünen im ersten Eurofighter-U-Ausschuss. Als Aufdecker sei er verfolgt und angeklagt worden. Nun müssten endlich die Schuldigen verfolgt werden und nicht die Aufdecker.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
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Kogler (l.) und Tanner pochen auf eine Entschädigung von Airbus

„War alles Lug und Trug“

Neben dem damaligen Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) der schwarz-blauen Regierung hätten laut Kogler auch Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner (FPÖ) und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/parteilos) politische Verantwortung dafür gehabt. In Schüssels Amtszeit wurde die Eurofighter-Entscheidung gefällt. Kogler: „Es war alles Lug und Trug, die schwarz-blaue Regierung ist mit dem Vernebelungsschmäh durchs Land gezogen.“ Die Gegengeschäfte seien „entweder Luft oder Schmiergeld gewesen“.

Schon in der vergangenen Woche hatte Tanner den Druck auf Airbus erhöht und Wiedergutmachung sowie „vollumfassende Kooperation“ gefordert. Der Ausstieg aus dem Vertrag und eine Rückabwicklung seien eine Option, sagte sie einmal mehr. „Airbus wird mich noch kennenlernen“, so Tanner. Es könne nicht sein, dass in Deutschland, Großbritannien und den USA Wiedergutmachung geleistet werde „und bei uns nicht“, sagte Tanner weiter.

FPÖ-Chef Norbert Hofer ging seinerseits nicht auf die Frage ein, ob er ausschließen könne, dass aktuelle oder ehemalige FPÖ-Funktionäre Zuwendungen von Airbus erhalten haben. Hofer kritisierte seinerseits den ehemaligen SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos, der sich 2007 gegen einen Versuch, aus dem Eurofighter-Vertrag auszusteigen, entschieden hatte.

SPÖ „nicht mit Ruhm bekleckert“

Doskozil plädierte in „Im Zentrum“ für eine Leasingvariante für die Luftraumüberwachung. Schon vergangene Woche sprach er sich dafür aus, den Eurofighter endgültig stillzulegen. Es müsse im Verteidigungsministerium endlich jemand die Entscheidung dafür treffen. Lob gab es für Tanners Drängen nach Aufklärung, denn bisher habe die ÖVP wenig Interesse an einer Aufklärung gehabt, kritisierte Doskozil. Sonntagabend fand er auch deutliche Worte gegenüber seiner eigenen Partei. Die SPÖ habe sich 2007 unter Darabos und Kanzler Alfred Gusenbauer „nicht mit Ruhm bekleckert“. Es sei damals ein „Fehler gewesen, nicht auszusteigen“.

Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil
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Doskozil brachte schon 2017 eine Betrugsanzeige gegen Airbus ein

Darabos hatte in Verhandlungen Stückzahl und damit auch Kaufpreis der Eurofighter reduziert, zugleich aber darauf verzichtet, die Jets von Tranche eins auf Tranche zwei aufzurüsten. Das half Eurofighter, denn das Unternehmen hätte diese zu diesem Zeitpunkt auch nicht liefern können, berichtete die „Presse“.

Rückabwicklung fraglich

Eine Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufvertrags aufgrund von Schmiergeldzahlungen nun durchzuführen könnte juridisch schwierig werden, denn der Vertrag enthält eine Klausel – besser bekannt als Schmiergeldklausel –-, wonach der Eurofighter-Deal nur dann nichtig ist, wenn Schmiergeldzahlungen durch den Bieter direkt erfolgen, nicht aber durch Dritte.

Airbus hatte sich Ende Jänner mit der französischen, der britischen und der US-amerikanischen Justiz auf Strafzahlungen in Höhe von fast 3,6 Mrd. Euro geeinigt. Im Zuge der Ermittlungen hatte Airbus Bestechungszahlungen bei internationalen Geschäften eingestanden. In den vom US-Justizministerium veröffentlichten Unterlagen gab Airbus unter anderem nun auch nicht deklarierte Zahlungen über 55,1 Mio. Euro in Zusammenhang mit dem Eurofighter-Verkauf an Österreich im Jahr 2003 zu.

Dabei handelt es sich um politische Zuwendungen, Provisionen und Vermittlungsgebühren in Zusammenhang mit dem Eurofighter-Deal. Der Vorwurf von Bestechungszahlungen sei von der US-Justiz in diesem Zusammenhang aber nicht erhoben worden, betonte ein Airbus-Sprecher vergangene Woche. An der „Im Zentrum“-Debatte wollte kein Vertreter von Airbus teilnehmen.

Peschorn: Österreich bezahlte Zahlungen selbst

Vorwürfe über dubiose Zahlungsflüsse kamen im Rahmen der gerichtlichen Ermittlungen und parlamentarischen Untersuchungsausschüsse immer wieder auf. Doch die Sache sei „sehr zäh“, sagte Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, schon vergangene Woche. Der Verdacht, dass bei der Aufklärung jemand „auf der Bremse“ stehe, sei nicht von der Hand zu weisen.

2003, im Jahr nach dem Kaufvertrag, bezahlte Österreich rund zwei Milliarden Euro. Es stehe im Raum, dass sich Österreich die Korruption selbst bezahlt habe, so Peschorn, „weil in diesem Kaufpreis 183,4 Millionen eingepreist waren“. Über diesen Betrag sei Österreich getäuscht worden, das sei auch im letzten Untersuchungsausschuss festgestellt worden. Auch in der Sendung „Im Zentrum“ sprach Peschorn von Indizien, dass Geldflüsse an Entscheidungsträger geflossen sein könnten, „aber wir können es nicht beweisen“. Er setzt seine Hoffnungen nun auf die Justiz. Es sei schließlich „etwas Ungeheuerliches“, dass sich Österreich diese Zahlungen selbst bezahlt habe.