Buttons als Werbemittel für Bloomberg
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US-Wahlkampf

Bloombergs Charity-Netzwerk als Politjoker

Bis jetzt ist der frühere New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg als Kandidat im US-Wahlkampf etwa bei Debatten nicht groß in Erscheinung getreten. Im Hintergrund hat er jedoch bereits ein dichtes Netz an Unterstützern, das er in den vergangenen Jahren mit milliardenschweren Spenden aufgebaut hat – und das ihm auch gegen Kritik helfen dürfte.

Allein in den drei Monaten seit dem Start seiner Kampagne hat Bloomberg mindestens 400 Mio. US-Dollar in seine Nominierung als Kandidat für die US-Demokraten und Wahl zum Präsidenten investiert – das sei aber gering im Vergleich zu dem, was er in den vergangenen Jahrzehnten mittels Spenden in sein Netzwerk „investiert“ habe, so die „New York Times“ („NYT“): 9,5 Milliarden US-Dollar – und das seien nur die Gelder, zu denen es entsprechende Veröffentlichungen gebe.

Zudem steigen die Ausgaben rasant: Waren es 2018 noch 770 Mio. Dollar an Spenden, gab Bloomberg 2019 bereits 3,3 Mrd. Dollar aus, davon allein 1,8 Mrd. Dollar für seine Alma Mater, die Johns-Hopkins-Universität. Auch seine eindeutig politisch zuordenbaren Ausgaben haben sich in den vergangenen Jahren stetig gesteigert, von elf Mio. Dollar 2013 auf 100 Mio. Dollar während der Midterms 2018.

US-Präsidentschaftskandidat Michael Bloomberg
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Bloomberg gibt viel Geld für Spenden aus und hat sich so ein Netzwerk an Unterstützern aufgebaut

Nur ein kleiner Teil der Spenden floss ins Ausland beziehungsweise in die Politik, der große Teil seiner Spenden ging an Projekte für Gesundheit und Sicherheit, wie etwa die World Lung Foundation oder eine Kampagne, die Kinder vor Rauchen schützen soll. Der 78-jährige Medienunternehmer soll geschätzt 60 Mrd. US-Dollar schwer sein, er gilt als der größte Spender der US-Demokraten, denen er seit 2018 wieder angehört. Zwischenzeitlich war er auch Republikaner. Von Anfang 2002 bis Ende 2013 war er Bürgermeister von New York.

Spenden gegen Waffengewalt, für Recht auf Abtreibung

Bloomberg spendete laut „NYT“ nicht immer direkt über seine Firmen und seine Non-Profit-Organisation Family Bloomberg Foundation, sondern auch mittels einer Reihe von Organisationen, die Bloomberg seinerseits mit Spenden in Millionenhöhe versorgt. Dazu zählten einige einflussreiche liberale Gruppen wie die Naturschutzorganisation Sierra Club, Planned Parenthood und die von ihm gegründete NGO Everytown for Gun Safety, die sich für schärfere Waffengesetze und gegen Waffengewalt einsetzt.

Seine Foundation sei mittlerweile wie eine Art Talentehort für Menschen, die er schätze, schreibt die „NYT“, darunter Geschäftsleute, politische Strategen, aber auch Personen aus der öffentlichen Verwaltung. Der Aufsichtsrat gleiche einer Schattenregierung mit ehemaligen Senatoren und Ministern sowie aktuellen oder früheren Chefs von großen US-Firmen wie American Express, Disney und Morgan Stanley, heißt es.

Wenn Bloombergs Geldstrom fließt

Mitunter kreuzen sich Bloombergs Initiativen, und es fließt, wenn auch für verschiedene Zwecke, unerwartet viel Geld auf einmal – wie etwa in der US-Stadt Seattle. In Seattle stellte Bloomberg hohe Summen für Klimapolitik zur Verfügung, gleichzeitig kümmerten sich Anwälte seiner Initiative gegen Waffengewalt um eine entsprechende Gesetzgebung und verteidigten sie auch gleich vor Gericht. Es gebe in Seattle viel Geld, so Bürgermeisterin Jenny Durkan, aber selbst hier steche Bloomberg heraus: „So etwas habe ich noch nie gesehen.“

Besonders bekannt ist Bloomberg in Maryland, wo auch die Johns-Hopkins-Universität ist – schon wegen der vielen Institutionen, die nach ihm benannt sind, wie etwa die Bloomberg School of Public Health an der Universität. Alleine die dort angesiedelte Bloomberg American Health Initiative wurde mit 300 Mio. Dollar dotiert.

US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders
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Bloomberg gilt als ernstzunehmender Gegner für den gleichaltrigen Bernie Sanders

Bloombergs US-weite Netzwerke könnten ihm bei der US-Präsidentschaftswahl nur nutzen, sagen Experten – zu viele Personen seien ihm mittlerweile einen Gefallen schuldig, meinte gegenüber der Zeitung etwa Adav Noti vom Campaign Legal Center, das sich dafür einsetzt, den Einfluss des Geldes in der Politik zu reduzieren. Und er sei dabei uneinholbar: „Keine normale Person kann das wie er machen.“

Einsatz für strengere Waffengesetze

Einige Themen sind mittlerweile direkt mit dem Namen Bloomberg verknüpft, etwa der Ruf nach mehr Waffenkontrolle. Bei seiner Wiederwahl als Bürgermeister rief Bloomberg 2006 direkt dazu auf, New York waffenfrei zu machen und Waffenbesitzer und Waffenhändler zu bestrafen. Er gründete Mayors Against Illegal Guns (Bürgermeister gegen illegale Waffen) und dehnte seine Initiative über die Grenzen hinweg in andere US-Bundesstaaten aus, unter anderem nach Virginia.

Aus Frust darüber, dass wegen lascher Gesetze viele Waffen von dort direkt nach New York kamen, pumpte er laut „NYT“ Millionen für strengere Waffengesetze in den Staat – und unterstützte auch die Wahl von Politikern, die sein Programm unterstützen. Mittlerweile hat die von ihm gegründete Organisation Everytown for Gun Safety seit der Gründung 2013 zig Millionen Dollar für strengere Waffengesetze ausgegeben – mit besonderem Erfolg in den „Swing-States“ Colorado und Nevada, so die „NYT“.

Die Organisation muss ihre Bilanzen nicht offenlegen, doch rund ein Drittel des Budgets soll laut offiziellen Angaben von Bloomberg kommen. Auch die Führungsriege ist eindeutig von Bloomberg geprägt: Der Chef John Feinblatt war früher stellvertretender Bürgermeister in New York und wurde 2011 von Bloomberg getraut.

Nicht alle sind Bloomberg dankbar

Doch es gibt nicht nur Menschen, die Bloomberg für seine Hilfe und sein Geld dankbar sind. Everytown for Gun Safety etwa entstand aus der Fusion von Mayors Against Illegal Guns und der Facebook-Gruppe Moms Demand Action, die nach dem Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School gegründet wurde.

Moms Demand Action fehlten auf lange Sicht die finanziellen und zeitlichen Ressourcen, und Bloomberg versprach der gemeinsamen Gruppe 50 Mio. Dollar – im Gegenzug wurden allerdings straffe Regeln eingeführt, etwa bei der Kommunikation: Opfer von Waffengewalt bekamen Reden vorgeschrieben, besonders radikale Ansätze wurden aus dem Programm gestrichen.

Bloomberg bestand auch darauf, dass die Gruppe sowohl Demokraten als auch Republikaner ansprach – zum Missfallen zahlreicher Unterstützerinnen, die gerade die Waffenpolitik vieler Republikaner kritisieren. Everytown for Gun Safety unterstützte schließlich auch die Wiederwahl eines Republikaners im Bundesstaat Pennsylvania, während Bloomberg Millionen ausgab, um Republikaner im US-Kongress zu bekämpfen. Bloomberg nutzte, für einen Betrag von 3,2 Mio. Dollar, die E-Mail-Adressen der Gruppe auch für seine Kampagne.

Kritik aus den Reihen der US-Demokraten

Auch bei den US-Demokraten, vor allem seinen Mitbewerbern und Mitbewerberinnen, wächst die Kritik an Bloomberg. Sie monieren, dass er sich sich keinerlei Debatten stellte. Der frühere US-Vizepräsident Joe Biden sagte am Sonntag dem Fernsehsender NBC, 60 Milliarden Dollar könnten zwar viel Werbezeit im Fernsehen kaufen, nicht aber die eigene Vergangenheit ausradieren. Die Senatorin Amy Klobuchar forderte, er müsse sich Interviews und Diskussionen stellen. „Er schaltet nur Anzeigen“, kritisierte sie. „Er muss Antworten geben.“

Pete Buttigieg, Elizabeth Warren und Joe Biden
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Bisher vermied Bloomberg Debatten der Demokraten wie hier zwischen Pete Buttigieg, Elizabeth Warren und Joe Biden

Den Wahlkampf in den ersten kleineren Vorwahl-Staaten sparte sich Bloomberg bisher. Er konzentriert sich auf den „Super Tuesday“ Anfang März, wenn in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten Vorwahlen anstehen, darunter in großen und gewichtigen Staaten wie Kalifornien und Texas. Am Dienstag kündigte er schließlich an, am Mittwoch in Nevada erstmals mit seinen Mitbewerbern zu diskutieren.

Vergangenheit holt Bloomberg ein

Die Werbeoffensive hat sich allerdings durchaus bezahlt gemacht: In den Umfragen zum Vorwahlrennen der Demokraten lag er am Freitag in Florida leicht in Führung, in Georgia lag er zusammen mit dem linken Senator Bernie Sanders (78) auf Platz zwei hinter Biden. Auch in einer Umfrage in Texas schnitt er mit zehn Prozent stark ab.

Mittlerweile ist Bloomberg allerdings mit einiger Kritik an seiner Vergangenheit konfrontiert. Ihm wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Geschäftsmann sexistische Äußerungen gemacht zu haben – und diskriminierende Äußerungen zu der unter ihm als New Yorker Bürgermeister eingeführten und später als verfassungswidrig eingestuften Polizeitaktik „stop and frisk“, bei der Polizisten Menschen willkürlich kontrollieren und durchsuchen können.