Leeres Klassenzimmer in der Bicocca Universität in Mailand
Reuters/Guglielmo Mangiapane
Bis Mitte März

Italien schließt wegen CoV Schulen und Unis

Nach stundenlangen Beratungen hat die italienische Regierung Mittwochabend neue Maßnahmen präsentiert, um die weitere Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen: Bis 15. März werden alle Schulen, Universitäten und Kindergärten des Landes geschlossen. Laut jüngsten Zahlen sind über 100 Menschen in Italien am Coronavirus gestorben.

Die Schließung, die ab Donnerstag gilt, wurde von der italienischen Bildungsministerin Lucia Azzolina bekanntgegeben. Die Schulen und Universitäten in den am stärksten von der Epidemie betroffenen Regionen in Norditalien sind bereits geschlossen. Der Gesundheitsminister sagte, das Gesundheitssystem Italiens drohe durch die Ansteckungswelle überfordert zu werden.

Premier Giuseppe Conte fügte hinzu, die Schließung sei von den zuständigen Gesundheitsstellen empfohlen worden. Das italienische Gesundheitssystem sei zwar solide, es dürfe jedoch nicht überlastet werden. Daher seien rigorose Maßnahmen zur Ausbreitung der Infektionen dringend notwendig. Italien arbeite mit „voller Transparenz“, um die Epidemie einzugrenzen, erklärte der Premier.

Italiens Premierminister Giuseppe Conte und Schulministerin Lucia Azzolina bei einer Pressekonferenz in Rom
APA/AFP/Tiziana Fabi
Conte und Bildungsministerin Azzolina gaben die Schließung von Universitäten und Schulen bekannt

Die Zahl der Toten durch das Coronavirus ist in Italien mittlerweile auf 107 gestiegen. Die Zahl der Infizierten liege derzeit bei 2.706, sagte Italiens Zivilschutzchef Angelo Borrelli in Rom. Die meisten Todesfälle wurden in den norditalienischen Regionen Lombardei und Emilia-Romagna gemeldet. 276 Personen sind inzwischen genesen. 3,47 Prozent der Infizierten seien bisher gestorben, so Borrelli.

Neue Verhaltensregeln

Um die Ausbreitung zu stoppen sollen auch neue Verhaltensregeln gelten. Das Expertenkomitee der Regierung schlug eine Liste von Vorsichtsmaßnahmen vor, darunter den Verzicht auf Umarmungen, Küsse und Händeschütteln, wenn man sich trifft. Stattdessen wird ein Meter Abstand empfohlen.

Obwohl Museen Anfang der Woche wieder öffneten, wirkt sich das Coronavirus weiterhin auf das kulturelle Leben aus. Laut Berichten will die italienische Regierung auch Kinos und Theater bis Mitte März schließen und öffentliche Veranstaltungen verbieten. Bis zum 20. März sollen auch Kongresse und Seminare verschoben werden.

Fix ist, dass die für 23. Mai geplante Architekturbiennale Venedig auf Ende August verschoben, die Laufzeit auf drei Monate verkürzt wird. In den kommenden Wochen wird ein Dominoeffekt auf die Freizügigkeit von Menschen und Werken erwartet, wird in der Aussendung zur Verschiebung argumentiert.

Chemie-Professor Luca De Gioia spricht in ein Mikrofon in einer leeren Klasse in der Bicocca Universität in Mailand
Reuters/Guglielmo Mangiapane
Dieser Chemievorlesung an der Bicocca-Universität Mailand folgen Studierende per Videostream

Sportevents ganz ohne Zuschauer

Bis 3. April sollen außerdem alle Sportevents in Italien ohne Zuschauer stattfinden, kündigte die italienische Regierung weiters an. Im Februar hatte die Regierung Sportveranstaltungen im vom Coronavirus besonders betroffenen Norden des Landes abgesagt. Das für diesen Donnerstag geplante Halbfinal-Rückspiel der Coppa Italia zwischen dem SSC Neapel und Inter Mailand wurde wie bereits das andere Halbfinale zwischen dem Meister Juventus Turin und dem AC Mailand auf einen späteren Zeitpunkt verlegt.

Mann mit Schutzkleidung desinfiziert San Paolo Stadium in Mailand
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Fußballspiele der ersten Liga vor leeren Rängen wegen des Coronavirus

In einer Videobotschaft rief Conte am Abend das Land zu Zusammenhalt und Mitarbeit bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Vorbeugung und Eingrenzung des Coronavirus auf. „Wir sind ein starkes Land“, so Conte, ganz Italien sei jetzt aufgerufen, Verantwortung zu übernehmen. Er kündigte ein Paket mit Stützungsmaßnahmen für die italienische Wirtschaft an, zudem einen Sonderplan mit öffentliche Infrastruktur sowie Entbürokratisierungsmaßnahmen für deren raschen Bau.

„Schlimmstes Virus ist Hysterie“

Der italienische Tourismus- und Handelsverband Confturismo-Confcommercio rechnet mit drastischen Auswirkungen des Coronavirus auf den Tourismus. Im Zeitraum von 1. März bis 31. Mai werden 31,6 Millionen Übernachtungen weniger als im Vergleichszeitraum 2019 erwartet. Damit seien Verluste von 7,4 Mrd. Euro verbunden, so die Schätzungen des Verbands. Venedig, Mailand im Norden, aber auch Rom sind nahezu leer gefegt.

„Die Lage ist für den gesamten Sektor dramatisch. Wir zahlen einen hohen Preis für eine mediale Kommunikation, die tödlicher als das Virus ist. Das schlimmste Virus ist Hysterie“, sagte Verbandspräsident Luca Patane. Er rief die italienische Regierung auf, Druck auf andere Länder zu machen, damit sie Einreiseverbote für Italiener aufheben. Flüge nach Italien sollten wieder aufgenommen werden. „Je mehr Zeit vergeht, desto dramatischer sind die Auswirkungen für den italienischen Tourismus“, so Patane.

Über 75-Jährige sollen zu Hause bleiben

Darüber hinaus beschloss die italienische Regierung, die Zahl der Plätze auf den Intensivstationen der Krankenhäuser um 50 Prozent zu erhöhen. Bei der Zahl der Betten in den Abteilungen für Pneumologie und Infektionskrankheiten kommt es zu einer Verdoppelung. Private Kliniken sollen Plätze für Coronavirus-Patienten und -Patientinnen zur Verfügung stellen. Medizinisches Personal aus den benachbarten Regionen soll in Krankenhäusern eingesetzt werden, die wegen der hohen Anzahl an Infektionen besonders belastet sind.

Über 75-Jährige sollen möglichst zu Hause bleiben, empfiehlt das Expertenkomitee der italienischen Regierung für den Coronavirus. In der besonders vom Virus betroffenen Lombardei sollten schon ältere Menschen ab 65 nicht mehr das Haus verlassen. Diese Richtlinien sollten zunächst 30 Tage gelten, so die Empfehlung.