4. Medizinische Abteilung des Kaiser-Franz-Josef-Spitals
ORF.at/Christian Öser
Coronavirus

Erster Todesfall in Österreich

Am Mittwoch wurde in Wien der erste Todesfall in Österreich aufgrund des Coronavirus gemeldet. Ein 69-jähriger Mann verstarb in der vergangenen Nacht im Kaiser-Franz-Josef Spital, heißt es vom medizinischen Krisenstab der Stadt Wien am Donnerstag. Der Mann sei aus Italien zurückgekehrt und habe Vorerkrankungen gehabt, meldete die Stadt.

Es gab bei dem Patienten zusätzliche Organversagen, die auch mit Mit- und Begleiterkrankungen zusammenhingen, so Christoph Wenisch, Leiter der zuständigen Abteilung im Kaiser-Franz-Josef-Spital, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Bei dem Patienten sei dann ein Versagen von Niere, Leber und Herzkreislauf eingetreten, „salopp gesprochen ein Multiorganversagen“, so Wenisch. Bei diesem Patienten seien die Coronaviren bereits negativ gewesen. Der Schaden, den das Virus angerichtet habe, habe sich leider nicht mehr „reparieren“ lassen.

Der Patient habe sich letzten Monat bei einer Reise nach Italien angesteckt. Er sei relativ rasch über die Normalpflegestation auf die Intensivstation gekommen, da es zu einem Lungenversagen gekommen sei. Der Patient habe an Zuckerkrankheit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einer Darmerkrankung gelitten. Er sei aber fit gewesen, so Wenisch auf Nachfrage. Es gebe aber auch etwas Positives zu berichten: Alle anderen Intensivpatienten seien stabil, so Wenisch.

„Experimentelle Therapien“ im Einsatz

In die Intensivstation komme man, wenn auf der Normalstation mit der Sauerstoffmaske mit Brille keine ausreichende Oxygenierung erreicht werden kann, so Wenisch. Auf der Normalstation befinden sich derzeit vier Personen mit einer Coronavirus-Infektion, einige weitere Verdachtsfälle würden derzeit abgeklärt, so Wenisch Donnerstagnachmittag.

Wenisch erklärte, unter welchen Umständen Coronavirus-Patienten überhaupt stationär aufgenommen werden. „Alle Patienten bei uns haben mindestens ein Organversagen.“ Zuerst sei die Lunge bei einer Covid-19-Erkrankung betroffen. Der Arzt betonte, dass es derzeit noch keine zuverlässige Anti-Coronavirus-Substanz gebe. Deshalb kämen „experimentelle Therapien“ zum Einsatz.

Weitere Todesfälle „absehbar“

„Wir haben mehrere Pfeiler im Köcher“, die Erfahrungswerte seien aber noch zu gering, um sagen zu können, welche Arzneimixtur in welcher Situation am besten wirke. Laut Weninger stehen im KFJ bis zu 56 Betten für Coronavirus-Patienten zur Verfügung.

Der Mediziner glaubt angesichts der prognostizierten Ausbreitungsrate, dass weitere Todesfälle in Österreich wohl „absehbar“ seien. Zugleich verwies er aber auch darauf, dass die Ausgangslage in Österreich eine deutlich bessere sei als in Italien: „Wir haben die Ausbreitung früher erkannt und wir haben bessere Diagnosesysteme.“ Für die Maßnahmen der Regierung, die darauf abzielen, Sozialkontakte herunterzufahren und dadurch die Ausbreitung einzudämmen, ist Wenisch „dankbar“.

Erster Fall am AKH

Am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) – dem größten Spital in der Bundeshauptstadt – gibt es indes den ersten Coronavirus-Fall. Das bestätigte der Sprecher des medizinischen Krisenstabs der Stadt Wien, Andreas Huber, am Donnerstag der APA. Eine Patientin, die sich am Dienstag zur Behandlung auf die Hämatologische Ambulanz begeben hatte, wurde positiv auf SARS-CoV-2 getestet.

Die Patient wurde umgehend ins Kaiser-Franz-Josef-Spital überstellt und wird seither dort behandelt. Sie soll nicht schwer erkrankt sein, hieß es. Sämtliche Kontaktpersonen der Frau, die vom Gesundheitsdienst der Stadt Wien (MA 15) bisher ermittelt werden konnten, wurden abgesondert und befinden sich in Heimquarantäne. Betroffen ist medizinisches Personal, das sich um die Patientin gekümmert hat, und drei Ärzte, die näher mit der Frau zu tun hatten.

Besuchsverbot in Spitälern

Aufgrund der steigenden Zahl an Coronavirus-Fällen sind am Donnerstag weitere Maßnahmen in Kraft getreten, um die Verbreitung einzudämmen. In Wien, der Steiermark, Oberösterreich, dem Burgenland und Tirol wurden Besuchsverbote in Spitälern verhängt. In Salzburg und Kärnten gibt es derzeit noch keine Verbote. Keine Informationen gibt es bisher aus Niederösterreich und Vorarlberg – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Über 300 Personen positiv getestet

Unterdessen gab das Sozialministerium die neuesten Zahlen bekannt. 308 Personen wurden in Österreich bisher positiv auf das neuartige Coronavirus getestet. Zuerst gab das Gesundheitsministerium um 8.00 Uhr 302 Fälle bekannt, wenig später wurden weitere Fälle aus den Bundesländern gemeldet. Am Mittwoch waren es 245 Personen.

Nach Bundesländern aufgeteilt heißt das: Wien (58), Niederösterreich (51), Steiermark (27), Tirol (81), Oberösterreich (50), Salzburg (17), Burgenland (6), Vorarlberg (15) und Kärnten (3). Bisher wurden 5.869 Tests durchgeführt. Vier Personen sind wieder gesundet: zwei in Tirol und zwei in Wien.

Kurz sieht Tausendergrenze bald überschritten

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gab am Vormittag im Bundesrat einen Ausblick auf die Zahlen der Coronavirus-Epidemie: Mittlerweile sei man in Österreich bei über 300 Infizierten, in einigen Tagen werde man an der Tausendergrenze sein, eine Woche darauf die Zehntausendergrenze erreichen.

Der Kanzler appellierte an die Bundesräte, keinesfalls zu beschwichtigen: „Alles, was nicht notwendig ist, sollte nicht stattfinden. Wenn Sie sich fragen, soll ich etwas tun, beinhaltet das schon, dass es möglich ist, darauf zu verzichten.“ Das gelte für den Messebesuch wie für die Familienfeier, auch im kleinen Kreis. Die Sitzung des Bundesrats fand ohne Publikum statt. Einzig Medienvertreterinnen und -vertreter waren auf der Besuchergalerie erlaubt.

Grafik zu Coronavirus-Schutzmaßnahmen
Grafik: QuickHoney/ORF.at

Nehammer: Weitere Maßnahmen möglich

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte zuvor bei einem Medientermin bei der „AGES Infoline“ in Wien an, dass es bei der Coronavirus-Bekämpfung zu weiteren Maßnahmen kommen werde, sollte sich die Abflachung der Infektionskurve nicht einstellen. Die am Mittwoch von der Regierung beschlossene Einschränkung des Schulbetriebs werde sicher nicht die letzte Maßnahme gewesen sein.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bestätigte bei dieser Gelegenheit das derzeit starke Ansteigen der positiven Coronavirus-Fälle. „Derzeit sind wir in einem sehr, sehr starken Prozess des Ansteigens“, sagte Anschober. „Gestern in der Früh waren es 202 Erkrankungsfälle, jetzt gerade sind wir bei über 300. Würde diese Kurve so weitergehen, hätten wir bereits in einer Woche sehr, sehr hohe Zahlen. Daher geht es darum, eine Verzögerung zu erreichen.“