Menschenleere Maria-Theresien-Strasse in Innsbruck
Reuters
Covid-19-Gesetz

Beschränkungen gelten ab heute

Am Sonntagabend sind die Verordnungen zur Bekämpfung des Coronavirus im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Damit sind die von der Regierung angekündigten Ausgangsbeschränkungen ab Montag offiziell. Auch die Schließung weiterer Bereiche des Handels und der Gastronomie sowie von Sport- und Spielplätzen ist damit fix. Die Österreicherinnen und Österreicher sollen nun großteils zu Hause bleiben.

Die „Ausgangsbeschränkung“ gelte für ganz Österreich, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag. Lediglich Berufsarbeit, die nicht aufschiebbar ist, dringend notwendige Besorgungen wie Lebensmittel und Hilfe für andere Menschen seien Gründe, um das Haus zu verlassen. Darüber hinaus sind auch Spaziergänge gestattet, sofern diese alleine oder im Familienverbund (Personen, die in einem Haushalt leben), gemacht werden – das Kanzleramt appellierte, das aber nur in dringenden Fällen zu tun. Auch das Gassigehen mit einem Hund ist erlaubt. Außer in Notfällen ist zudem auf einen Mindestabstand von einem Meter zu achten.

Eine weitere Einschränkung für Jogger und Spaziergänger: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln darf man zur entsprechenden Aktivität nicht anreisen. Die sind nur für die anderen Ausnahmefälle wie die Fahrt zur Arbeit zur Benutzung vorgesehen und auch das nur unter Einhaltung eines Einmeterabstands. All das gilt von 16. bis inklusive 22. März.

Grafik zu Ausgangsbeschränkungen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Bundeskanzleramt

Das entsprechende Gesetzespaket war am Sonntag im Nationalrat einstimmig beschlossen worden. Damit wurden unter anderem die gesetzlichen Grundlagen für das Schließen von öffentlichen Orten wie Spielplätzen, Restriktionen im Handel und in der Gastronomie auf den Weg gebracht. Ausgenommen sind u. a. Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogerien, Banken, Tankstellen sowie Gesundheits- und Pflegedienstleister.

Kontrollen durch die Polizei

Das Covid-19-Maßnahmengesetz erlaubt es Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), das Betreten von Betriebsstätten „zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen zu untersagen“, um die Verbreitung des Virus zu verhindern. Wer gegen ein Betretungsverbot verstößt, riskiert bis zu 3.600 Euro Geldstrafe, die Inhaber der Geschäfte bis zu 30.000 Euro. Die Beschränkungen im öffentlichen Raum werden von der Polizei kontrolliert.

Für das Betretungsverbot im Handel gelten 21 Ausnahmen. Neben Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogerien, Banken, Tankstellen sowie Gesundheits- und Pflegedienstleister sind das auch der Verkauf von Tierfutter, Dienstleistungen für Behinderte und Notfälle, die Post, die Rechtspflege, Trafiken, der öffentliche Verkehr, KFZ-Werkstätten sowie Reinigungsdienstleistungen und Abfallentsorgung.

Gastronomie weitgehend lahmgelegt

Restaurants dürfen noch bis Montag, 15.00 Uhr offen bleiben. Danach ist Sperrstunde, und ab Dienstag gilt dann auch für das Gastgewerbe ein Betretungsverbot. Ausgenommen sind hier nur Kranken- und Kuranstalten, Pflege- und Seniorenheime, Schulen und Kindergärten sowie Betriebskantinen. Ebenfalls offen halten dürfen Restaurants in Hotels und auf Campingplätzen – sie dürfen aber nur ihre Beherbergungsgäste bewirten. Lieferservice bleibt zulässig.

Zudem wurde mit dem Gesetzespaket ein vier Milliarden schwerer Fonds geschaffen, der alle möglichen Hilfen von Kurzarbeit über Unternehmerhilfen bis zum Ankauf von Instrumenten für den Gesundheitsbereich bedienen soll. Daraus werden 400 Millionen Euro für ein neues Modell der Kurzarbeit angewendet. Anträge können ab Montag gestellt werden. Kurzarbeit steht allen Betrieben offen, unabhängig von ihrer Größe oder der Branche. Ab Abschluss der Gespräche auf betrieblicher Ebene (Vorliegen einer unterschriftsreifen Betriebsvereinbarung/Einzelvereinbarung) ist eine Genehmigung innerhalb von 48 Stunden zu ermöglichen.

Kurz appelliert an Bevölkerung

Österreich erlebe „eine Zeit der Herausforderung, eine Zeit der Krise, in der es wichtig ist, dass wir zusammenstehen“, so Kurz in einer Rede an die Bevölkerung am Sonntagabend. Die Krise treffe Österreich und die Europäische Union „mit einer unglaublichen Härte“. In Italien stehe das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch, Sterbende müssten sich per Telefon von Angehörigen verabschieden. Ärzte müssten entscheiden, „wer noch eine lebensrettende Behandlung bekommt und wer nicht“.

Rede von Bundeskanzler Kurz

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wendet sich aus dem Bundeskanzleramt an die österreichische Bevölkerung.

„Ich sage das nicht, um Sie in Panik zu versetzen, sondern weil es die Wahrheit ist.“ Es gebe immer noch Menschen, „auch in Entscheidungspositionen, die versuchen, die Situation zu verharmlosen“, so Kurz. Österreich habe noch die Chance, die Ausbreitung einzudämmen oder zu verlangsamen. „Das gelingt nur, wenn wir unser Land auf Notbetrieb zurückfahren.“

Großes Defizit erwartet

Kurz rechnete am Sonntag wegen der Krise mit einem „massiven Defizit“. Das werde aber notwendig sein, damit „die Unternehmen überleben und die Arbeitnehmer, überall dort, wo es möglich ist, ihre Jobs nicht verlieren“. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sicherte der Wirtschaft nach den bereits beschlossenen vier Milliarden Euro weitere Unterstützung zu, falls nötig. Man müsse unbedingt verhindern, dass zu viele Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, so Kogler. Auch Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zeigte sich bereit, weiteres Geld bereitzustellen. „Wir werden das notwendige Geld bereitstellen“, versicherte er.

Kanzler Kurz und Vizekanzler Kogler zur Coronavirus-Krise

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) erklären, warum die drastischen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus notwendig sind.

Im Gegensatz zum Epidemiegesetz 1950 sieht das Covid-19-Maßnahmengesetz für Betriebsschließungen aber keinen Rechtsanspruch auf Entschädigung vor. SPÖ, FPÖ und NEOS hatten im Nationalrat gefordert, dass diese Entschädigung für den Verdienstentgang zumindest für Betriebe mit bis zu 25 Mitarbeitern in Kraft bleibt. ÖVP und Grüne lehnten das jedoch ab.

Kein Unterricht mehr

Die neuen Beschränkungen der Regierung haben keine Auswirkungen auf die Öffnung der Schulen und Kindergärten. Die Betreuung der Kinder werde unverändert angeboten, hieß es aus dem Bundeskanzleramt. Auch im Bildungsministerium bestätigte man, dass die geplanten Regelungen aufrecht bleiben. Das bedeutet, dass auch an Volksschulen, AHS-Unterstufen, Neuen Mittelschulen (NMS) und Sonderschulen ab Montag kein Unterricht mehr stattfindet. Schüler werden im Bedarfsfall betreut. Die anderen Schulen (AHS-Oberstufen, Berufsbildende Mittlere und Höhere Schulen, Polytechnische Schulen, Berufsschulen) schließen ebenfalls.

Grundwehr- und Zivildiener im Einsatz

Zivildiener, die derzeit ihren Dienst versehen, werden das länger tun müssen, wie die für den Zivildienst zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) am Nachmittag erklärten. Zusätzlich sind ehemalige Zivildiener aufgerufen, sich freiwillig für den Dienst zu melden – vor allem suche man nach ehemaligen Zivildienern aus den Bereichen Rettung und Pflege.

Grafik zum Verlauf des Coronavirus und eingeschränkten Sozialkontakten
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: TU Wien/dwh

Bei freiwilliger Meldung gibt es dann auch eine gesetzlich festgelegte Entschädigung, die sich am gegenwärtigen Einkommen bemisst. Grundwehrdiener, die demnächst hätten abrüsten sollen, werden ebenfalls verlängert. Auch auf Teile der Miliz wird zurückgegriffen.

Zudem gab die Regierung bekannt, dass es weitere Länder ohne Landeerlaubnis in Österreich gebe. Neue Flugverbote gelten ab Mittwoch – und zwar mit Großbritannien, den Niederlanden, Russland und der Ukraine.

Kontrollen an der Grenze

In Tirol, das eine besonders hohe Fallzahl an Erkrankten aufweist, traten bereits am Sonntag strenge Beschränkungen in Kraft. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sagte, die Menschen dürften nur noch in Ausnahmefällen das eigene Haus verlassen. Das gelte vorerst für eine Woche. Zudem müssen all jene das Bundesland „unverzüglich“ verlassen, die nicht über einen Haupt- oder Nebenwohnsitz samt gewöhnlichem Aufenthalt in Tirol verfügen oder dort einer bestimmten beruflichen Tätigkeit nachgehen.

Ab Montag in der Früh gibt es auch Kontrollen an der Grenze zu Deutschland. Das hatte der deutsche Innenminister Horst Seehofer angekündigt. Kontrollen und Einreiseverbote gelten an den Grenzen zur Schweiz, zu Frankreich, Österreich, Dänemark und auch Luxemburg. „Für Reisende ohne triftigen Reisegrund gilt, dass sie nicht mehr einreisen können“, sagte Seehofer am Sonntagabend in Berlin.