Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Georg Hochmuth
Covid-19-Gesetze

Anschober geht auf Kritiker zu

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat auf Kritik reagiert, wonach manche Regierungsmaßnahmen nicht rechtskonform gewesen sein sollen. In der ZIB2 sagte er, er habe eine Expertengruppe zu sich ins Ministerium gebeten. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zuvor etwaige Gesetzesreparaturen abgelehnt.

Kurz hatte das unter anderem damit begründet, dass die Gesetze, Verordnungen und Erlässe zeitlich befristet seien und wohl schon ausgelaufen sein würden, wenn etwaige Beschwerden dagegen vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) behandelt würden. Doch genau dieser mangelnde Rechtsschutz – die Möglichkeit von Bürgerinnen und Bürgern, staatliches Handeln zu hinterfragen und dagegen vor Gericht zu ziehen – wurde zuletzt von Fachleuten moniert. Sie verweisen darauf, dass es dabei um elementare Grundrechte wie Bewegungsfreiheit gehe und ein entsprechend sorgfältiges und vorsichtiges Vorgehen daher umso wichtiger sei.

Anschober betonte nun, die Expertengruppe solle über allfällige Unschärfen in Gesetzen, Verordnungen und Erlässen beraten, die man dann „selbstverständlich“ bereinigen werde. Zu dieser Gruppe, die am Donnerstag wieder zusammentreten soll, gehört der ehemalige Verwaltungsgerichtshof-Präsident und Interimsjustizminister Clemens Jabloner.

Gesundheitsminister im ZIB2-Interview

Anschober kündigte eine Prüfung der zahlreichen Gesetze auf Verfassungsmäßigkeit an.

Anschober und Kurz: Rennen gegen Zeit

Dazu wurden Verfassungsexperten und Chefjuristen aus den Ministerien nominiert, berichtete Anschober. Gleichzeitig warb er um Verständnis dafür, dass es bei der Bekämpfung der Pandemie enormen Zeitdruck gebe. Es habe sich mitunter um einen Wettlauf gegen die Zeit gehandelt. Auch Kurz hatte zuvor den Zeitdruck betont und dass dadurch möglicherweise nicht jeder Gesetzestext „auf Punkt und Beistrich“ korrekt sei.

Mit seiner Ankündigung versucht Anschober offenbar, wachsender Kritik am Vorgehen der Regierung Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn vor allem auf Oppositionsseite werden der Unmut und die Kritik immer lauter – bisher hat diese aber die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie weitgehend mitgetragen. Für eine weiterhin breite Akzeptanz in der Bevölkerung ist das wohl auch in den kommenden Monaten von großer Bedeutung.

Dass sich die Regierung mittlerweile mehr um die Kooperation der Opposition bemühen muss, zeigt sich auch an einer anderen Tangente: ÖVP und Grüne signalisierten nun Bereitschaft, SPÖ, FPÖ und NEOS bei der Kontrolle der Coronavirus-Milliardenhilfen entgegenzukommen. Es könnte nun doch ein von der Opposition geforderter Unterausschuss eingerichtet werden. Das Finanzministerium betonte Mittwochfrüh jedenfalls, darüber würden nun die Klubs verhandeln.

Opposition kritisiert Kurz harsch

Kritik hatte es von der Opposition am Dienstag vor allem an den Aussagen von Kanzler Kurz gegeben. Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried fand es „beunruhigend, wenn ein Chef einer Regierung sich so wenig um Rechtsstaatlichkeit und Rechtskonformität kümmert und einen so schlampigen Umgang pflegt“.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl warf Kurz „einen flapsigen Umgangston in Zusammenhang mit dem Rechtsstaat, der einer Demokratie unwürdig ist“, vor. Irritiert zeigte sich auch NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. „Diese Aussagen sind eines Bundeskanzlers nicht würdig, niemand darf sich außerhalb der Gesetze bewegen. Gerade in Krisenzeiten ist es besonders wichtig, genau darauf zu achten. Das nennt man Herrschaft des Rechts.“

Kurz hatte bei der wöchentlichen Pressekonferenz unter anderen mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Dienstag mit der Aussage aufhorchen lassen, dass die Regierung keine Reparatur der eilig beschlossenen Covid-19-Gesetze und -Verordnungen, die möglicherweise nicht verfassungskonform sind, plant.

„Werden nicht mehr in Kraft sein“

Die Gesetze und Verordnungen „sind nicht auf Dauer“. Bis eine Überprüfung durch die Höchstgerichte stattgefunden habe, „werden sie nicht mehr in Kraft sein“, so Kurz. Die Juristen des Gesundheitsministeriums hätten sich jedenfalls um verfassungskonforme Abläufe bemüht. „Ich bitte um etwa Nachsicht, dass es eine Ausnahmesituation ist.“

Juristen sollten Fragen in diesem Bereich nicht überinterpretieren. Es gehe darum, dass die Maßnahmen eingehalten werden und „die Republik funktioniert“. „Ob alles auf Punkt und Beistrich in Ordnung ist, wird am Ende das Tages des Verfassungsgerichtshof entscheiden.“ Zu diesem Zeitpunkt würden die Maßnahmen aber ohnehin nicht mehr in Kraft sein, sagte der Kanzler.