Vorbereitungen in einem Wirtshausgarten
APA/Barbara Gindl
Arbeitslosigkeit

Sommer als Unsicherheitsfaktor

Nach zwei Monaten, in denen die Arbeitslosigkeit wegen des Herunterfahrens von Wirtschaft und öffentlichem Leben in historische Rekordhöhen geschnellt ist, dürfte vorerst der Höhepunkt der dramatischen Entwicklung erreicht sein. Mit der Kurzarbeit wurde noch Schlimmeres verhindert. Ein gewisser Unsicherheitsfaktor ist allerdings der Sommer.

So wie Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) geht auch AMS-Vorstand Herbert Buchinger davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosen heuer nicht weiter steigen wird, wie er am Montag im Ö1-Mittagsjournal sagte. Saisonbedingt werde es in den nächsten Monaten einen leichten Rückgang geben, dem im Herbst ein leichter Anstieg folgen werde. Ein neuer Höhepunkt werde wohl im Jänner 2021 erreicht, wenn die Winterarbeitslosigkeit zur weiter pandemiebedingt gedrosselten Wirtschaft dazukomme – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Sorgen macht Buchinger vor allem die Gastronomie- und Hotelbranche, die besonders betroffen ist. Dort sei die Frage, ob der Atem der Unternehmen lang genug ist, dass sie auch eine schwache Sommersaison finanziell so weit überstehen, dass sie ihre Angestellten in Kurzarbeit halten können, oder ob sie sie kündigen müssen.

Längere Kurzarbeit in Industrie

Buchinger rechnet nicht damit, dass die spezielle Coronavirus-Kurzarbeit verlängert werden muss. Die Sonderregeln sind bis Oktober befristet. Vor allem Industriebetriebe würden aber auch danach wohl reguläre Kurzarbeit brauchen. Als Beispiel nannte Buchinger die Autozulieferindustrie, da die Nachfrage wohl nicht schlagartig wieder das Vorkrisenniveau erreichen werde.

Säulengrafik der Arbeitslosenzahlen in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: BM für Arbeit, Jugend, Familie

„Das Vertrauen der Unternehmen in Kurzarbeit ist erheblich“, sagte Buchinger aber. Angesprochen auf den vergleichsweise schwächeren Anstieg der Arbeitslosigkeit von März auf April meinte er, es hätten auch Firmen Leute, denen sie schon gekündigt hatten, zurückgeholt und in Kurzarbeit geschickt.

Im ZIB2-Interview Montagabend sagte Buchinger allerdings, dass sich insbesondere Beschäftigte in der Gastronomie und im Tourismus auf eine Verlängerung der Kurzarbeit um weitere drei Monate einstellen müssten. Entscheidend sei, wie sehr sich die Nachfrage danach erhole.

AMS-Vorstand Herbert Buchinger

571.477 Menschen waren im April ohne Job, das ist ein historischer Höchststand bei der Arbeitslosigkeit in Österreich. Die Folgen der Coronavirus-Krise sind auf dem Arbeitsmarkt jetzt deutlich sichtbar, ohne das Kurzarbeitsprogramm für mittlerweile 1,2 Millionen Beschäftigte wäre die Arbeitslosenquote noch weit höher. Kommt, wie manche hoffen, im Mai die Trendwende oder wird das Problem in den nächsten Monaten noch schlimmer? AMS-Vorstand Herbert Buchinger antwortet.

Sozialpartner arbeiten an Modell

ÖGB-Chef Wolfgang Katzian und Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer kündigten nach dem Sozialpartnertreffen mit der Regierung am Montag an, das Kurzarbeitsmodell für die neue Situation, die sich bis zum Jahresende ergeben dürfte, „weiterzuentwickeln“. Dann werde man mit der Regierung darüber sprechen.

Beide Seiten betonten, am wichtigsten sei nun, möglichst viele Menschen rasch wieder in volle Beschäftigung zu bekommen. Katzian machte eine Erhöhung des Arbeitslosengelds zum Thema, Mahrer weitere Hilfen für Unternehmen, die derzeit keine Zukunftsperspektive hätten.

571.477 Menschen ohne Arbeit

Im April waren in Österreich mehr als 571.000 Menschen ohne Arbeit, um fast 60 Prozent mehr als vor einem Jahr. Fast 13 Prozent aller Menschen, die arbeiten wollen, finden derzeit keinen Job – und auch wenn der Alltag nun langsam zurückkehrt – Entspannung am Arbeitsmarkt wird es so bald wohl nicht geben.

AMS: 1,2 Mio. Jobs in Kurzarbeit gesichert

Mit der speziell für die Pandemie beschlossenen Form der Kurzarbeit gelang es laut AMS jedenfalls, die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Mit Ende April wurden demnach rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze gesichert.

Erste Kundinnen und Kunden des AMS nahmen im April wieder eine Arbeit auf, vor allem aus der Baubranche, der Arbeitskräfteüberlassung und dem Handel. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten erlebte Ende März mit einem Rückgang von fünf Prozent den größten Rückgang seit dem Winter 1952/53: Insbesondere Dienstverhältnisse von Beschäftigten im Tourismus in Tirol, Salzburg und Kärnten, von jungen Menschen und Ausländern gingen verloren.

Am Dienstag nach der Osterwoche (14.4.) überstiegen die Arbeitsaufnahmen die neuen Vormerkungen in Arbeitslosigkeit, der Bestand an vorgemerkten Arbeitslosen ging erstmals seit dem 16. März zurück. Insgesamt wurden im April weitere 81.644 Personen arbeitslos vorgemerkt, 53.575 Personen beendeten ihre Vormerkung beim AMS und begannen zu arbeiten. Die Zugänge gingen damit im Vergleich zum März 2020 (228.207 Zugänge und damit ein Anstieg um 228,6 Prozent im Vergleich zum März 2019) deutlich zurück, die Zahl der Arbeitsaufnahmen lag jedoch unter dem langjährigen Durchschnitt von rund 62.500.

58 Prozent mehr als vor einem Jahr

Am 16. März, dem Beginn der Schließungen und Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus, hatte sich der heimische Arbeitsmarkt schlagartig verändert. Ende April wurde mit 571.477 Arbeitslosen und Schulungsteilnehmern zusammengerechnet ein neuer monatlicher Höchststand erreicht, ein Anstieg um 58 Prozent oder 210.275 Personen zum Vorjahresmonat.

Ab Mitte März, innerhalb von 16 Tagen, wurden 193.829 Personen arbeitslos vorgemerkt. Deutlich weniger als üblicherweise im März nahmen eine Arbeit auf. Ab 1. April verlangsamte sich der Anstieg von arbeitslos vorgemerkten Personen zwar deutlich, lag jedoch Ende April 2020 mit 522.253 um 225.978 (plus 76,3 Prozent) über dem Niveau des April 2019.