Trauerfeier für George Floyd
APA/AFP/Kerem Yucel
Minneapolis

Emotionale Trauerfeier für George Floyd

Mit einer Trauerfeier in Minneapolis ist an den bei einem Polizeieinsatz in der US-Großstadt getöteten Afroamerikaner George Floyd erinnert worden. An der Zeremonie an der christlichen Universität North Central nahmen am Donnerstag Angehörige, Freunde, Politiker und Persönlichkeiten wie die Bürgerrechtsikone Jesse Jackson teil.

Ein goldener Sarg mit Floyds Leichnam war in dem Saal aufgebahrt. Der bekannte Pastor und Bürgerrechtler Al Sharpton hielt die Trauerrede. „Es ist Zeit für uns, in Georges Namen aufzustehen und zu sagen: Nehmt euer Knie aus meinem Nacken“, sagte Sharpton. Amerikaner müssten weiter friedlich demonstrieren, um wirkliche Veränderungen zu erzielen, forderte er. „Was George Floyd passiert ist, passiert jeden Tag in diesem Land“, sagte Sharpton.

Nach Sharptons Rede hielten die Teilnehmer der Zeremonie genau acht Minuten und 46 Sekunden lang schweigend inne – so lange hatte der weiße Polizist Derek Chauvin sein Knie in Floyds Nacken gedrückt.

Al Sharpton bei der Trauerfeier für George Floyd
AP/Julio Cortez
„Was George Floyd passiert ist, passiert jeden Tag in diesem Land“, so Bürgerrechtler Al Sharpton

„Pandemie des Rassismus“

Floyds Bruder Philonise erklärte, es sei bewegend, wie viele Leben George inzwischen berührt habe. „Alle wollen Gerechtigkeit für George, wir wollen Gerechtigkeit für George, er wird sie bekommen“, sagte er. „Ich habe meinen Bruder geliebt“, sagte er.

Nach Ansicht des Anwalts seiner Familie sei Floyd ein Opfer der „Pandemie des Rassismus“ in den USA. Er sei nicht an der neuen Gefahr des Coronavirus gestorben, sondern infolge der systematischen Diskriminierung Schwarzer, „mit der wir in Amerika allzu vertraut sind“, sagte Anwalt Benjamin Crump bei der Trauerfeier. Er forderte die Menschen in den USA auf, weiter friedlich zu demonstrieren, um Gerechtigkeit für Floyd zu erreichen und sich gegen Polizeigewalt, Diskriminierung und Rassismus auszusprechen. Amerika werde dadurch ein besseres Land, ein Ort der Hoffnung werden.

Gedenkveranstaltung auch in New York

Auch in New York fand am Abend eine Gedenkveranstaltung statt. Dort bedankte sich Floyds zweiter Bruder Terrence für die Anteilnahme. „Ich danke Gott dafür, dass ihr alle meinem Bruder so viel Liebe zeigt.“ Zu der Gedenkfeier waren Hunderte Menschen auf einen Platz in Brooklyn gekommen, danach zogen sie mit Plakaten und Sprechchören Richtung Manhattan weiter. Die Demonstrationen in New York waren in den vergangenen Tagen weitgehend friedlich abgelaufen, vereinzelt hatte es aber auch Gewalt und Plünderungen gegeben. „Darum ging es meinem Bruder nicht“, so Terrence Floyd.

Demo beim Martin Luther King Jr. Memorial in Washington
AP/Alex Brandon
Seit Floyds Tod gehen Menschen auf der ganzen Welt auf die Straße, um gegen Rassismus zu demonstrieren

Bürgermeister ausgebuht

Auch Bürgermeister Bill de Blasio sprach bei der Gedenkveranstaltung. George Floyd dürfe nicht umsonst gestorben sein, sagte de Blasio. „Wir müssen friedliche Veränderungen vornehmen.“ Der Bürgermeister wurde aber von den Demonstranten ausgebuht. Viele werfen ihm vor, auf der Seite der Polizei zu stehen und nicht ausreichend gegen Polizeibrutalität in New York vorzugehen.

In den kommenden Tagen sind an anderen Orten weitere Zeremonien vorgesehen. Am kommenden Dienstag soll Floyd dann in der texanischen Stadt Houston beigesetzt werden, wo er aufgewachsen war.

Floyd war am Montag vergangener Woche bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota ums Leben gekommen. Der 46-Jährige war festgenommen worden, nachdem er mutmaßlich mit Falschgeld Zigaretten gekauft hatte. Ein weißer Polizist drückte dem Afroamerikaner dann fast neun Minuten lang sein Knie auf den Nacken – obwohl Floyd wiederholt klagte, er bekomme keine Luft mehr.

Laut Augenzeugen kein Widerstand

Nach Angaben eines anwesenden Freundes hatte Floyd bei seiner Festnahme keinerlei Widerstand geleistet. „Er hat von Anfang an auf demütigste Weise versucht zu zeigen, dass er in keiner Form Widerstand leistet“, sagte Maurice Lester Hall gestern der „New York Times“ („NYT“).

Minneapolis kommt nicht zur Ruhe

Während die durch die Tötung des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in den USA ausgelösten Proteste weiter anhalten, reißt die Kritik an der Reaktion von US-Präsident Donald Trump nicht ab.

„Ich habe gehört, wie er flehte: ‚Bitte, warum das alles?‘“, so Hall. Er saß nach Angaben der „NYT“ im Beifahrersitz des Autos, aus dem die Polizei Floyd bei seiner Festnahme zerrte. Später drückte ein weißer Polizist dem auf dem Boden liegenden Floyd fast neun Minuten lang das Knie in den Nacken, obwohl dieser wiederholt klagte, er bekomme keine Luft mehr.

„Er hat um Hilfe geschrien, weil er am Sterben war“, sagte Hall der „NYT“. „Ich werde mich immer an die Angst in Floyds Gesicht erinnern, weil er so ein König ist. Das lässt mich nicht mehr los: Einen erwachsenen Mann weinen zu sehen, und einen erwachsenen Mann dann sterben zu sehen.“ Hall verließ nach Angaben der „NYT“ nach Floyds Tod Minneapolis. Der 42-Jährige wurde zu Wochenbeginn im texanischen Houston von der Polizei aufgespürt und zu Floyds Tod befragt. Gegen Hall lagen wegen früherer Vergehen mehrere Haftbefehle vor.

Vier Polizisten in Haft

Die vier an der Festnahme beteiligten Polizisten wurden entlassen und inzwischen festgenommen. Dem Hauptbeschuldigten Derek Chauvin wird ein „Mord zweiten Grades“ zur Last gelegt, was einem Totschlag in einem besonders schweren Fall entspricht und mit bis zu 40 Jahren Gefängnis bestraft werden kann.

Die drei anderen Ex-Polizisten werden der Beihilfe beschuldigt. Sie könnten bald auf Kaution freikommen. Sie müssten dafür eine Million US-Dollar (rund 880.000 Euro) als Sicherheit hinterlegen, wie Gerichtsunterlagen aus dem Bundesstaat Minnesota am Donnerstag zeigten. Sollten sie gewisse Auflagen akzeptieren, darunter ein Verbot von Kontakten zu Floyds Familie, würde die Summe auf 750.000 Dollar (660.000 Euro) reduziert. Der Prozess soll erst in einigen Monaten beginnen.