Donald Trump
AP/Patrick Semansky
In Ausnahmesituationen

Trump verteidigt Würgegriff der Polizei

US-Präsident Donald Trump hat die umstrittene Polizeimethode des Würgegriffes – in Ausnahmesituationen – verteidigt. Er sagte aber auch, dass er Würgegriffe nicht möge. „Härte ist manchmal am mitfühlendsten“, so Trump.

Bei einem Kampf eines einzelnen Beamten mit einem Verdächtigen könne es manchmal dazu kommen, dass dieser einen Würgegriff anwende. „Was soll man dann tun, loslassen und sagen: ‚Lass uns noch einmal von vorne anfangen, ich darf dich nicht in einem Würgegriff halten‘?“, sagte Trump in einem am Freitag ausgestrahlten Interview mit dem TV-Sender Fox News.

Zugleich sagte der US-Präsident allerdings auch, er fände es sehr gut, wenn Würgegriffe „im Allgemeinen beendet werden“. Er wolle eine „mitfühlende, aber starke“ Polizei auf den US-Straßen sehen. Trump bejahte die Frage, ob er gleichzeitig der Präsident für Recht und Ordnung und der „Cheftröster“ sein könne.

„Härte ist manchmal am mitfühlendsten“

„Wenn du weich und schwach bist, bist du am Ende nicht mitfühlend“, sagte Trump. „Härte ist manchmal am mitfühlendsten.“ Andernfalls käme es zu gefährlichen Situationen, in denen Menschen schwer verletzt würden. „Ich denke, der Recht-und-Ordnung-Präsident kann verhindern, dass es je zu einer Situation wie in Seattle kommt“, sagte Trump.

Menschen mit Kerzen bei einer Gedenkstätte für Opfer von Polizeigewalt
AP/Ted S. Warren
Trump nennt Demonstranten in Seattle „Anarchisten“ und „Terroristen“

In der Großstadt an der Westküste der USA haben Demonstranten eine „autonome Zone“ eingerichtet, zu der die Polizei keinen Zutritt hat. Trump bezeichnete die Demonstranten in Tweets bereits als „Anarchisten“ und „Terroristen“, die die Kontrolle übernommen hätten, und drohte, dass seine Regierung Maßnahmen dagegen ergreifen könnte, wenn Gouverneur Jay Inslee und Bürgermeisterin Jenny Durkan nicht handelten.

„Der Präsident, der uns alle vereint?“

Seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis (Minnesota) gibt es in vielen US-Städten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt. Mehrfach wurde Trump vorgeworfen, Öl ins Feuer zu gießen – etwa mit Tweets oder mit seiner Drohung, das Militär gegen Demonstranten einzusetzen. Zudem ist die Coronavirus-Pandemie nicht ausgestanden. Auf die Frage „Sind Sie der Präsident, der uns alle vereint, angesichts allem, was in diesem Augenblick geschieht?“, sagte Trump: „Ich denke es sicherlich und ich hoffe es sicherlich.“

Mit seinen Aussagen zum Würgegriff ging Trump auf die landesweite Debatte über Polizeigewalt und Rassismus nach dem Tod Floyds ein. Ein weißer Polizeibeamter hatte Floyd am 25. Mai sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken gedrückt, als er am Boden lag – trotz der wiederholten Bitten des Mannes, ihn atmen zu lassen. Der Polizist und drei an dem Einsatz beteiligte Kollegen wurden entlassen, festgenommen und angeklagt.

Städte verbieten Würgegriff

Würgegriffe der Polizei werden schon seit Jahren angeprangert, ihr komplettes Verbot wird nun diskutiert. Der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, unterzeichnete am Freitag ein Gesetzespaket, das unter anderem maximale Haftstrafen von bis zu 15 Jahren für Polizisten vorsieht, die durch einen Würgegriff Menschen verletzen oder töten. Außerdem sollen künftig die Akten zu Fehlverhalten und Disziplinarverfahren von Polizisten leichter einsehbar sein.

Auch der Bezirksrat der US-Hauptstadt Washington hatte am Dienstag Reformen für die Sicherheitskräfte beschlossen. Das Notfallgesetz verbietet unter anderem Würgegriffe. Zudem müssen die Bilder der Kameras veröffentlicht werden, die die Polizisten am Leib tragen, wenn bei einem Einsatz ein Mensch stirbt oder schwere Gewalt ausgeübt wird. Menschen, die schon früher durch Fehlverhalten aufgefallen sind, dürfen nicht mehr eingestellt werden. Die Anwendung nicht tödlicher Gewalt sowie die Beschaffung militärischer Waffen für die Polizei werden beschränkt.

Die Stadt Minneapolis hatte ebenfalls erste Reformen ihrer Polizei auf den Weg gebracht. Künftig dürften Beamte keine Würgegriffe mehr anwenden und Verdächtige nicht am Nacken festhalten. Zudem müssten alle Polizeibeamten, die Zeugen einer „ungenehmigten Gewaltanwendung“ ihrer Kollegen würden, dies unter Strafandrohung melden. Alle Beamten seien zudem verpflichtet, in solchen Fällen einzuschreiten, andernfalls drohten ihnen die gleichen disziplinarischen Konsequenzen wie dem Täter.

Minneapolis will kommunales System statt Polizei

Der Stadtrat von Minneapolis gab am Freitag den einstimmigen Beschluss bekannt, die örtliche Polizei durch eine neue, kommunale Sicherheitsstruktur zu ersetzen. In einem „langjährigen Prozess“ solle die Stadt so ein „neues Modell für Sicherheit“ schaffen, hieß es in dem Beschluss. Der Mord an Floyd zeige, dass tödliche Polizeigewalt und Amtsmissbrauch durch einige Beamte, besonders gegenüber Schwarzen, durch „keine Reform verhindert“ werden könnten.

„Zusammen werden wir herausfinden, wie Sicherheit für jeden von uns aussieht“, hieß es in dem Beschluss weiter. Dazu sollen sich Vertreter verschiedener Gruppen nun verständigen, sowohl von Bürgerrechtsorganisationen als auch von Notfalldiensten und Gemeindebehörden. Um langfristige Veränderung herbeizuführen, wolle man die Bevölkerung an diesem Prozess beteiligen, sagte die Stadtratsvorsitzende Lisa Bender. Die Stimmen derer, die von Polizeigewalt am meisten betroffen seien, sollten dabei im Mittelpunkt stehen.

Der Stadtrat will außerdem die Bewohner von Minneapolis am 3. November bei der Präsidentschaftswahl in einer Abstimmung über den Plan entscheiden lassen. Der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, lehnt eine komplette Auflösung der Polizeibehörde allerdings ab.

Drei Demonstranten wegen Gewalt angeklagt

Die US-Staatsanwaltschaft klagte indes drei Demonstranten an, die bei Anti-Rassismus-Protesten in New York Molotowcocktails auf Polizeiautos geworfen haben. Insgesamt würden der Frau und den zwei Männern sieben Vergehen zur Last gelegt, darunter Brandstiftung sowie der Besitz und Einsatz von Sprengstoff, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Im Fall einer Verurteilung in allen Anklagepunkten droht ihnen möglicherweise ein Leben im Gefängnis, so die Staatsanwaltschaft.

Wahlkampf wirft Schatten voraus

Im November stehen in den USA die Präsidenten- und die Kongresswahl an. Die US-Demokraten stellten jüngst im Kongress einen Gesetzesentwurf gegen Polizeibrutalität vor. Der Entwurf der Demokraten sieht unter anderem eine einfachere Strafverfolgung bei polizeilichem Fehlverhalten vor. Polizeigewalt soll außerdem etwa durch den verstärkten Einsatz von Körperkameras bekämpft werden. Umstrittene Polizeimethoden wie Würgegriffe bei Festnahmen sollen verboten werden.

Die Demokraten kontrollieren das Repräsentantenhaus, nicht aber den Senat, der Gesetzen ebenfalls zustimmen muss. Dort sind Trumps Republikaner in der Überzahl. Es könnte sein, dass sie die Gesetzesinitiative abprallen lassen. Das Weiße Haus kündigte bereits an, dass es einen geringeren rechtlichen Schutz für Beamte nicht unterstützen werde. Der Gesetzesentwurf enthalte inakzeptable Punkte, ließ Trump ausrichten. Der US-Präsident wirft den Demokraten vor, die Polizei „abschaffen“ zu wollen.

Trump würde Wahlniederlage akzeptieren

Er sei zudem entsetzt über die Bewegung, die eine Kürzung der Gelder für die Polizei fordere. „Wir müssen die Straßen dominieren", sagte Trump. Er bestritt außerdem, dass es ein grundlegendes Rassismusproblem in den Reihen der Polizei gebe. Es gibt immer einen faulen Apfel, egal, wohin man schaut“, so Trump. „Es gibt nicht sehr viele davon bei der Polizei.“

In einem Interview mit dem TV-Sender Fox News gab Trump mit Blick auf die Präsidentschaftswahl an, dass er eine Niederlage akzeptieren würde. Zuvor hatte der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, gemeint, dass Trump sich im Fall einer Niederlage weigern könnte, das Weiße Haus zu verlassen. Trump: „Wenn ich nicht gewinne, gewinne ich nicht. Ich denke, es wäre eine sehr traurige Sache für unser Land.“

Wahlkampfveranstaltung verschoben

Nach heftiger Kritik verschob indes Trump eine für kommenden Freitag geplante Wahlkampfveranstaltung in Tulsa in Oklahoma – die erste seit über drei Monaten. Am 19. Juni wird in den USA „Juneteenth“ begangen. An diesem Tag wird des Endes der Sklaverei gedacht. Tulsa war zudem 1921 Schauplatz eines Massakers durch einen weißen Mob an der schwarzen Bevölkerung. Historiker werten das als schlimmsten Zusammenstoß zwischen Weißen und Schwarzen in den USA nach dem Ende des Bürgerkriegs. Hunderte Menschen wurden getötet.