Hände halten ein Geldbündel
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Krisenkosten

Vermögenssteuern erneut auf dem Tapet

Mit weiteren 19 Milliarden Euro will die Koalition aus ÖVP und Grünen die Folgen der durch das Coronavirus ausgelöste Krise abfedern. Das kündigte die Regierung Dienstagnachmittag zum Abschluss ihrer zweitägigen Krisenklausur an. Kurz darauf dachte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) laut darüber nach, woher das Geld für die Maßnahmen – auch – kommen sollte: Noch in dieser Legislaturperiode sollten Millionäre einen Beitrag leisten, so der Vizekanzler.

„Selbstverständlich wird es einen Beitrag der Millionäre geben müssen, wenn es einmal so weit ist. Und das wird noch in dieser Legislaturperiode sein“, sagte Kogler am Dienstagabend in der ZIB2. Gleichzeitig sagte Kogler auf die Frage, wer denn die am Dienstag verkündete Aufstockung auf insgesamt 50 Mrd. Euro Coronavirus-Hilfen bezahlen soll und wann denn nun der Beitrag der Millionäre kommen wird, es stehe jetzt die Krisenbekämpfung im Vordergrund. „Jetzt ist es einmal daran, die Maßnahmen zu setzen, damit wir einmal die Nothilfe und Überlebenshilfe organisieren können.“

Der Vizekanzler betonte freilich, dass es ja er gewesen sei, der die Debatte (über die Vermögensbesteuerung) „in die Regierung getragen“ habe – „und dabei bleiben wir auch“. Kogler hatte sich zunächst im April in einem Interview für einen „rigorosen Beitrag von Millionen- und Milliardenerben“ ausgesprochen, Anfang Mai dann gesagt, diese Frage werde sich „erst in ein paar Jahren“ stellen.

Vizekanzler Kogler zum Hilfspaket

ÖVP und Grüne haben ihr Coronavirus-Hilfspaket aufgestockt. Für die Maßnahmen gab es Lob und Kritik. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im Gespräch.

Den Sommer über werde die Regierung jedenfalls „ein großes Paket“ für den Arbeitsmarkt ausarbeiten müssen, kündigte der Vizekanzler an. Dabei werde die Frage des Arbeitslosengeldes „eine Rolle spielen“. Zu Kritik, dass es jetzt nur eine Einmalzahlung für Arbeitslose gibt und keine dauerhafte Erhöhung, sagte der Grünen-Chef, er verspreche, dass man hier in weitere Verhandlungen eintreten werde.

AK-Ökonom fordert schnelle Maßnahmen für Arbeitslose

Solche Verhandlungen forderte Mittwochfrüh auch Markus Marterbauer, Chefökonom der Arbeiterkammer. Die Einmalzahlung für Arbeitslose sei „die große Enttäuschung der Klausur“, sagte Martebauer im Ö1-Morgenjournal. Er forderte eine Erhöhung des Arbeitslosengelds auf 70 Prozent.

Der AK-Ökonom machte sich überdies für ein „Qualifizierungs- und Fachkräfteausbildungsprogramm“ stark. Das Ziel müsse es sein, Menschen aus Bereichen wie dem Tourismus „in die Pflege, in die Technik, in den Klimabereich zu bringen, wo die Jobchancen sind“. Eigentlich brauchte es noch diese Woche „einen Arbeitsmarktgipfel, der die Mittel für die Qualifizierung freimacht, denn die müssen jetzt unmittelbar greifen“, so Marterbauer.

Wunsch nach Lastenverteilung

Dass die nun von der Regierung beschlossenen Steuersenkungen vor allem die mittleren Einkommen begünstigt, beurteilte der Ökonom durchaus positiv. Auch dass die kleinen Einkommen durch eine Negativsteuer entlastet würden, sei „an sich die richtige Maßnahme“. Diese hätte laut Marterbauer aber „höher ausfallen müssen als 100 Euro pro Jahr“.

Die Forderung einer Vermögenssteuer traf beim Chefökonomen der Arbeiterkammer wenig überraschend auf offenen Ohren. Zwar hätte der Staat „zunächst unmittelbar keine Probleme in der Finanzierung“, da er zurzeit Geld zu Negativzinsen aufnehmen könne. Es sei aber gerade im Sinne der Lastenverteilung wichtig, dass Vermögende einen Beitrag übernehmen. Bei dem Geld, das auf diesem Weg eingenommen werde, handle es sich auch „keineswegs um Kleinigkeiten“. Martebrauer verwies auf das Modell der AK, das eine Besteuerung von Vermögen ab zehn Mio. Euro vorsieht. Das Steueraufkommen läge hier bei sieben Mrd. Euro, so der Ökonom.

Rede vom „Megawumms“

Diese Summe würde rund ein Siebentel dessen ausmachen, was die Regierung laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) für die Bewältigung der Krisenfolgen aufbringt. Der Kanzler sprach am Dienstag nach der Klausur von einer Gesamtsumme von rund 50 Mrd. Euro. „Wenn in Deutschland von einem ‚Wumms‘ die Rede war, dann ist das bei uns ein ‚Megawumms‘“, sagte dazu Kogler. Das Entlastungspaket beinhalte starke soziale Komponenten, etwa den „Kinderbonus“. Die unabhängig von der Krise vielfach geforderte Klimaschutzmilliarde für die kommenden Jahre sei mit dem Maßnahmenpaket schon gesichert, so Kogler.

Das Paket stehe auf den Säulen „Rettung, Entlastung und Investitionen“, so Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Die Schuldenquote werde dadurch heuer voraussichtlich auf über 90 Prozent steigen, sagte Kurz. Gleichzeitig gab er sich optimistisch, dass es wie nach der letzten großen Wirtschaftskrise gelingen werde, die Marke wieder deutlich nach unten zu drücken: „Ich halte das für machbar.“ Zentral sei aber, dass die Wirtschaft wieder anspringe. Zudem sei Österreich als Export- und Tourismusland auch von der internationalen Entwicklung abhängig.

Zusätzlich zu den bereits bekannten Maßnahmen – etwa einer 14-prozentigen Investitionsprämie und dem Vorziehen der Lohnsteuerreform – kündigte Blümel eine degressive Abschreibemöglichkeit an. Damit werde man gleich zu Beginn bis zu 30 Prozent abschreiben können. Blümel sagte, er gehe davon aus, dass mit dieser Maßnahme Geld in Umlauf gebracht wird. Diese Art der Abschreibung wird unbefristet eingeführt.

„Zwei volle Milliarden“ für den Klimaschutz

Laut Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) plant die Regierung, 2021 und 2022 insgesamt „zwei volle Milliarden“ für den Klimaschutz einzusetzen. Diese seien ergänzend zu den bereits budgetierten Schwerpunkten geplant. 750 Millionen Euro würden in eine klimapolitische Sanierungsoffensive investiert. Finanzielle Unterstützung sollen vor allem diejenigen beantragen können, die sich den Umstieg schwer leisten können, rechtliche Barrieren im Wohn- und Mietrecht würden ausgeräumt.

Ministerinnen und Minister bei der Regierungsklausur
APA/Roland Schlager
Die Regierungsklausur im Kanzleramt

260 Mio. Euro werden für den Ausbau erneuerbarer Energie budgetiert. Die Forschung im Bereich Klimaschutz und Zukunftstechnologien soll künftig eine zentrale Rolle spielen und mit 300 Millionen Euro gefördert werden.

Schramböck will „Wohnbauinvestitionsbank“ gründen

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) kündigte eine Initiative für finanzierbares Wohnen an – im Zentrum dieser solle die Einrichtung einer Wohnbauinvestitionsbank stehen. Diese soll Mittel von der Europäischen Investitionsbank abrufen und Haftungen von bis zu 500 Millionen übernehmen. Schramböck sieht hier ein Potenzial von 25.000 Wohnungen. Sehr vage angekündigt wurden Pläne im Bereich Digitalisierung – 200 Millionen sollen hier bis 2022 aufgewendet werden. Kurz verwies auf eine geplante Präsentation am Mittwoch – er kündigte „sehr, sehr große Veränderungen“ für die Schulen an.

Umweltministerin Eleonore Gewessler
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Gewessler kündigte an, 2021 und 2022 insgesamt zwei Milliarden für den Klimaschutz einzusetzen

400 Mio. für Land- und Forstwirtschaft

Ein von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Vormittag angekündigtes 400 Mio. Euro schweres Programm wurde schon relativ detailliert präsentiert. Dazu gehört etwa ein rückwirkendes Entlastungspaket von 50 Mio. Euro bei Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern. Weitere 350 Mio. Euro sind für Investitionsmaßnahmen gedacht, unter anderem für „klimafitte Mischwälder“.

Das Paket sieht rückwirkend ab 1. Jänner höhere Pensionen für Bauern vor. Außerdem wird der Solidaritätsbeitrag in Höhe von 0,5 Prozent, den alle bäuerlichen Pensionisten zahlen, gestrichen. Weiters wird die Krankenversicherungs-Mindestbeitragsgrundlage angeglichen, was Einheitswertbetriebe mit bis zu 320 Euro im Jahr und Optionsbetriebe mit bis zu 930 Euro im Jahr entlastet.

Einmalzahlungen für Kinder und Arbeitslose

Für Einzelpersonen sind in Summe etwa 2,6 Mrd. Euro vorgesehen: Die Senkung des Eingangssteuersatzes bei der Lohn- und Einkommensteuer kostet 1,6 Mrd. Euro. Dazu kommen ein „Kinderbonus“ von 360 Euro pro Kind (600 Mio. Euro) sowie eine Einmalzahlung von 450 Euro für Arbeitslose (250 Mio. Euro). Wer so wenig verdient, dass er von der Steuersenkung nicht profitiert, soll bis zu 100 Euro Negativsteuer erhalten (180 Mio. Euro).

Großteil kommt Unternehmen zugute

Der Großteil der bei der Regierungsklausur diskutierten Unterstützungsmaßnahmen (12,8 Mrd. Euro) kommt Unternehmen zugute. Teuerste Einzelmaßnahme ist die Verlängerung des Fixkostenzuschusses, mit dem Unternehmen je nach Höhe des Umsatzrückgangs bis zu 90 Mio. Euro erhalten sollen. Für heuer und 2021 rechnet das Finanzministerium hier mit bis zu sechs Mrd. Euro an Kosten. Weitere zwei Mrd. Euro soll die Möglichkeit kosten, für die Steuer aktuelle Verluste von den 2018 und 2019 erzielten Gewinnen abzuziehen („Verlustrücktrag“).

Anlaufkosten von 900 Mio. Euro soll die „degressive Abschreibung“ von Investitionen verursachen. Das deshalb, weil Unternehmen die Investitionskosten nicht mehr gleichmäßig über die Laufzeit verteilen, sondern am Anfang einen höheren Anteil geltend machen können. Mittelfristig hält das Finanzministerium die Maßnahme aber für kostenneutral. Und eine Mrd. Euro soll eine Investitionsprämie kosten. Für die angekündigte Mehrwertsteuersenkung sind 900 Mio. Euro eingeplant. Garantien für ein geplantes Kreditmoratorium und Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung sollen je 800 Mio. Euro kosten.