Das Hotel Aurelio in Lech
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Briefkastenfirmen

Deripaskas Mutter und die Luxusimmobilien

Der russische Milliardär Oleg Deripaska ist hierzulande wegen seiner Beteiligung an der STRABAG bekannt. Bisher nicht bekannt war, dass auch seine 81-jährige Mutter in Österreich Besitztümer hat – zumindest auf dem Papier. Nach ORF-Recherchen ist sie Eigentümerin von mehreren österreichischen Gesellschaften, Sitz dieser ist unter anderem auch die Adresse einer Wiener Steuerberaterkanzlei.

Die Teinfaltstraße 8 ist eine jener Adressen in der Wiener Innenstadt, an der Hunderte Firmen gemeldet sind. Über eine der Gesellschaften, die auf Deripaskas Mutter läuft, wurde ein Zinshaus in der Wiener Innenstadt erworben, um daraus Luxuswohnungen zu machen. Einer anderen Gesellschaft der 81-Jährigen gehört wiederum ein Luxushotel in Lech am Arlberg, ergaben die Recherchen von Ö1, der ZIB2 und ORF.at. Bisher wurde das Hotel Derispaska selbst zugeschrieben.

Der Erwerb von Immobilien ist für Ausländer in Österreich grundsätzlich genehmigungspflichtig, aber in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Sobald man als Ausländer aber eine österreichische Gesellschaft hat, löst sich dieses Problem zumeist auf – real spätestens bei einer doppelstöckigen Konstruktion mit einer Mutter- und einer Tochterfirma. Und genau ein solch komplexes Firmengeflecht mit Unternehmen auf den British Virgin Islands liegt hier vor.

Hunderte Firmen in einer Steuerberatungskanzlei

Bei Briefkastenfirmen und Offshore-Geschäften denkt man meistens an die Karibik. Aber auch in der Wiener Innenstadt finden sich an einigen Adressen Hunderte Unternehmen – zum Teil mit prominenten Eigentümern.

Name taucht immer wieder auf

Valentina Derispaska tauchte bereits mehrmals in Zusammenhang mit Deripaskas Firmengeflechten auf. So fiel ihr Name in den „Offshore Leaks“, die 2013 vom Internationalen Konsortium für investigativen Journalisten (ICIJ) veröffentlicht wurden. Laut Medienberichten war ein Privatjet auf der britischen Isle of Man auf eines ihrer Unternehmen angemeldet. Und auch in Russland soll sie etliche Immobilien besitzen.

Ihr Sohn Oleg Derispaska, der als kremlnah gilt, ist seit 2007 an der STRABAG von Hans-Peter Haselsteiner beteiligt, er hält über seine Rasperia Trading 25,9 Prozent. Und noch einen Österreich-Bezug gibt es: 2018 wurde in Laa an der Thaya (Niederösterreich) eine von Deripaska finanzierte neue russisch-orthodoxe Kirche geweiht. Der Großvater des Oligarchen war im Zweiten Weltkrieg nahe der Weinviertler Stadt gefallen und wurde auf dem örtlichen russischen Soldatenfriedhof begraben.

Vielbeschäftigter Geschäftsführer

Geschäftsführer der Gesellschaften von Valentina Deripaska ist Alexander W. Laut Firmenbuch war er bei fast 400 Firmen bereits als Geschäftsführer eingetragen. Der ZIB2 gegenüber sagte er: „Wir haben sehr strenge Compliance-Regeln, und jeder Kunde wird sorgfältig geprüft.“

Solche Firmenkonstruktionen sind prinzipiell völlig legal, sagen Expertinnen und Experten. Es bestehe aber die Gefahr, dass einzelne Firmen für Geldwäsche genützt werden könnten. Erschwerend für die Strafverfolgung sei, dass für den Anfangsverdacht – also damit wirklich eine strafrechtliche Ermittlung stattfinden kann – eine Vortat erforderlich ist. Und bei Geldwäsche gehe es ja gerade darum, eine solche zu verschleiern.

Debatte über Verschärfung

Manuel Scherscher, Abteilungsleiter für Wirtschaftskriminalität im Bundeskriminalamt, sagt gegenüber der ZIB2, es gebe jedenfalls immer wieder Diskussionen darüber, „wie man gerade den Bereich der Geldwäsche legistisch etwas enger gestaltet“.

Das Rechercheprojekt

Unter dem Titel „Offshore Austria“ untersucht das ORF-Rechercheprojekt Briefkastenfirmen und Offshore-Konstruktionen in Österreich. Beteiligt sind Ö1 (Bernt Koschuh, Petra Pichler), die ZIB2 (Peter Babutzky, Kaspar Fink, Jakob Weichenberger) und ORF.at (Christian Körber).

Aus dem Justizministerium heißt es gegenüber der ZIB2, man arbeite derzeit an der Umsetzung der Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche. Das bedeute eine Erhöhung des Strafrahmens und die Einführung eines „Erschwerungsgrunds“. Dieser soll für alle Personen, an die aus beruflichen Gründen besondere Maßstäbe anzulegen sind, gelten – etwa auch für Steuerberater.

Zur Erfordernis der Vortat heißt es aus dem Ministerium, das Vorliegen eines Anfangsverdachts sei jeweils im Einzelfall zu prüfen. Bei verdächtigen Kontobewegungen oder einer Verdachtsmeldung der Geldwäschemeldestelle müsse die Vortat in diesem Stadium nicht unbedingt präzisierbar sein.