Facebook auf einem Laptop
ORF.at/Lukas Krummholz
Honda und Unilever

Facebook-Boykott weitet sich aus

Das Soziale Netzwerk Facebook gerät im Zusammenhang mit der Rassismusdebatte in den USA zunehmend unter Druck. Nun schließen sich auch der Konsumgüterhersteller Unilever, der Autoproduzent Honda und Coca-Cola dem Werbeboykott in den USA an. Die Boykottbewegung wird zu einem wachsenden Problem für Facebook – wie sehr, zeigte sich daran, dass Facebook-Chef Mark Zuckerberg fast umgehend reagierte.

Honda teilte mit, im Juli keine Anzeigen mehr bei Facebook und Instagram zu platzieren, um ein Zeichen gegen „Hass und Rassismus“ zu setzen. Für Unilever kündigte der Konzernpressesprecher Luis Di Como den Stopp von Werbeschaltungen auf Facebook im „Wall Street Journal“ („WSJ“, Freitag-Ausgabe) an. Laut Di Como wird der Konzernriese Werbeeinschaltungen gleich bis Jahresende stoppen und diesen Stopp auch auf Instagram und Twitter auweiten.

Es müsse mehr gegen Hasskommentare getan werden, gerade bei der derzeitigen Polarisierung der Gesellschaft sowie der bevorstehenden US-Wahl. Dass sich nun auch der Konzern, der zahlreiche bekannte Konsumgütermarken produziert und vertreibt, dem Boykott anschließt, ist ein großer Erfolg für die Kampagne. Der Boykott trifft Facebook an seiner empfindlichsten Stelle: Fast alle Erlöse von Facebook kommen aus dem Anzeigengeschäft.

Weitere Firmen schließen sich an

Als Zeichen gegen Rassismus setzt auch Coca-Cola für mindestens 30 Tage jegliche Werbung in allen Onlinenetzwerken aus. „Es gibt keinen Platz für Rassismus in der Welt und es gibt keinen Platz für Rassismus in den Sozialen Netzwerken“, teilte Konzernchef James Quincey am Freitag mit. Onlinenetzwerke sollten mehr „Transparenz und Verantwortung“ an den Tag legen, forderte er. In der Zwischenzeit werde Coca-Cola seine Werbestrategie überprüfen und „schauen, ob Korrekturen nötig sind“, erklärte er. Coca-Cola ist eine der bekanntesten Marken der Welt und gibt enorme Summen für Werbung aus.

Zu dem Werbeboykott unter dem Motto „#StopHateForProfit“ haben Bürgerrechtsgruppen aufgerufen. Aufgrund der seit Wochen andauernden Proteste und Demonstrationen gegen systemischen Rassismus in den USA hat der Boykottaufruf starken Aufwind erhalten. Immer mehr Unternehmen stehen in den USA unter Druck, sich klar gegen Rassismus generell und im eigenen Unternehmen speziell zu positionieren.

Screenshot www.stophateforprofit.org
www.stophateforprofit.org
Der Aufruf von „#StopHateForProfit“

Liste wird immer länger

Die Liste der Unternehmen, die Facebook boykottieren, wird damit zunehmend länger. Zuvor haben bereits der Eiscremehersteller Ben & Jerry’s, der Mobilfunkkonzern Verizon sowie die Outdoor-Bekleidungskonzerne Patagonia und North Face angekündigt, zunächst nicht mehr auf Facebook zu werben. Insgesamt schlossen sich laut BBC bereits mehr als 90 Unternehmen dem Aufruf an.

„Wir werden mit sofortiger Wirkung sämtliche Werbung bei Facebook und Instagram streichen“, erklärte zuletzt etwa Patagonia. Der Anzeigenstopp gelte zunächst bis Ende Juli. Facebook habe es versäumt, gegen die Ausbreitung von „hasserfüllten Lügen und gefährlicher Propaganda“ auf seiner Plattform vorzugehen, hieß es in der Patagonia-Mitteilung.

„Lasst uns eine Nachricht an Facebook senden“

Mit der Kampagne „#StopHateForProfit“ wollen die Aktivisten gegen Facebooks Tatenlosigkeit gegenüber „rassistischen, gewaltverherrlichenden und nachweislich falschen Inhalten“ protestieren, wie es auf der Website der Liga gegen Diffamierung (ADL) hieß.

Die Aktivisten kritisierten, dass Hetze und Aufrufe zu Gewalt auf der Internetplattform nicht moderiert würden. Zu den Unterstützern der Kampagne zählen neben der ADL unter anderem die Gruppen Color of Change (Dt.: Farbe des Wandels), FreePress (Dt.: Freie Presse) und Sleeping Giants (Dt.: Schlafende Riesen). Die ADL schätzt die jährlichen Werbeeinnahmen von Facebook auf 70 Milliarden Dollar (rund 62 Mrd. Euro). „Lasst uns eine Nachricht an Facebook schicken: Eure Gewinne sind es nicht Wert, Hass, Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Gewalt zu fördern“, hieß es in der Erklärung.

Zuckerbergs Dreitagezugeständnis

Fast umgehend reagierte Zuckerberg, dessen Unternehmen auch an der Börse unter Druck kam. Nun will Facebook doch stärker gegen Hassnachrichten und Falschmeldungen vorgehen. Posts mit falschen Inhalten sollen vor der US-Präsidentschaftswahl entfernt werden, kündigte Zuckerberg an. Allerdings gilt das nur für die letzten drei Tage vor der Wahl.

Außerdem würden die Standards für Werbung erhöht, um auch dort abwertende und hasserfüllte Botschaften bezüglich ethnischer Zugehörigkeit, Religion und sexueller Vorlieben zu blockieren. Zuckerberg kündigte zudem an, einige Facebook-Inhalte, die eigentlich gegen die Richtlinien des Sozialen Netzwerks verstoßen, aber zum Beispiel aufgrund eines Prominenten Absenders nachrichtenrelevant sind, künftig mit Hinweisen zu flankieren. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um dem Boykott den Wind aus den Segeln zu nehmen, bleibt abzuwarten.

Für jene, die den Boykott initiierten, reicht das jedenfalls nicht. Das zeigte sich noch am Freitag. Rashad Robinson, Präsident der Bürgerrechtsorganisationen Color of Change sagte, Zuckerbergs Ankündigungen seien ein „Eingeständnis des Scheiterns“, den durch Facebook „verursachten Schaden an unserer Demokratie und unseren Bürgerrechten“ zu erkennen. „Wenn das seine Antwort an jene Werbekunden ist, die Millionen Dollar von dem Unternehmen abziehen, dann können wir ihm nicht vertrauen“, so Robinson auf Twitter. Er forderte eine „komplette Überprüfung seiner Entscheidungen“:

Zurückhaltung in Sachen Trump

Facebook stand zuletzt in der Kritik, weil es, anders als Twitter, nicht auf Äußerungen von US-Präsident Donald Trump reagierte, die von Twitter als gewaltverherrlichend eingestuft wurden. Erst vor Kurzem hatte Zuckerberg noch seine Position unterstrichen, Trumps häufig umstrittene Beiträge nicht zu beschränken. Wegen Zuckerbergs Weigerung, Beiträge von Trump zu kennzeichnen, hatte es auch in der Belegschaft des Konzerns Proteste gegeben.