Der ehemalige FPÖ-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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„Ibiza“-U-Ausschuss

Fuchs teilte gegen ÖVP aus

Der ehemalige Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) hat sich am Mittwoch sehr auskunftsfreudig gezeigt – besonders in Richtung ÖVP. Er selbst spielte seine Rolle in der Causa Casinos herunter und warf der ÖVP vor, dass es ihr „nicht immer um die Sache gegangen“ sei. Wenn er, Fuchs, der angebliche „Dealmaker“ mit Novomatic gewesen sein soll: „Warum hat sich dann bei mir niemand bedankt?“

„Jetzt bin ich am Wort“, sagte Fuchs, als ihn Grünen-Mandatar David Stögmüller unterbrechen wollte. Diese Szene war bezeichnend für die gesamte Befragung von Fuchs. Der frühere Staatssekretär unter der ÖVP-FPÖ-Regierung redete sich viel von der Seele. Fuchs wurde von der Ausschussvorsitzenden Doris Bures (SPÖ) angehalten, seine Ausführungen etwas kürzer zu halten, da die Fragezeit schon nach der ersten Fragerunde erschöpft sei. Fuchs entschuldigte sich für seine langen und teils emotionalen Antworten. Das sei sonst nicht seine Art.

Die Zeit im Ressort möchte er nicht missen, allerdings sei es nicht immer einfach gewesen. „Der ÖVP ist es nicht immer um die Sache gegangen“, so Fuchs, der sich etwa über einen „Maulkorb“ ärgerte. Seit 12. Jänner 2018 gab es ein „Kontaktverbot“, wonach Beamten und Beamtinnen im Ressort untersagt wurde, direkt mit dem Büro von Fuchs zu kommunizieren.

Der ehemalige FPÖ-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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FPÖ-Politiker Fuchs kam – im Gegensatz zu anderen Auskunftspersonen – ohne Schutzmaske in den Ausschuss

Nur in Absprache mit dem Kabinett des früheren Finanzministers Hartwig Löger (ÖVP) sei der Kontakt zu Fuchs erlaubt gewesen. Laut dem FPÖ-Politiker ist das „Verbot“ nie aufgehoben worden. Das auch heute von der ÖVP geführte Finanzressort widersprach am Mittwoch – während die Befragung noch lief: Die Weisung wurde am 6. Dezember aufgehoben.

Die Rolle von Fuchs in der Causa Casinos wird folgend dargestellt: Der damalige Finanzstaatssekretär soll im Februar 2019 bei der Glücksspielmesse ICE in London mit dem Novomatic-Alleinaktionär Johann Graf und dem damaligen Novomatic-Vorstandsvorsitzenden Harald Neumann getroffen haben, um einen Deal auszuverhandeln. Der ehemalige FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo soll mit Hilfe der Novomatic in den Vorstand der Casinos Austria (CASAG) gehievt werden. Dafür soll der Glücksspielkonzern neue Glücksspiellizenzen erhalten. Sidlo wurde im Frühjahr 2019 zum CASAG-Finanzvorstand bestellt, im Dezember 2019 allerdings wieder abberufen.

Fuchs isoliert, aber kein „Frühstücksdirektor“

Obwohl die Glücksspielagenden bei ihm lagen – Fuchs bezeichnete sie als „Überbleibsel“ –, sei er seinen Aussagen zufolge gar nicht in der Lage gewesen, einen Deal mit der Novomatic zu verhandeln. Ein Staatssekretär sei kein Regierungsmitglied und habe nur eine „unterstützende Tätigkeit“ für den Minister. Er habe alles mit dem Kabinett von Löger absprechen müssen. „Mir als Staatssekretär war es faktisch und rechtlich unmöglich, Änderungen im Glücksspielgesetz auf den Weg zu bringen“, sagte der FPÖ-Politiker. „Ich war im Ministerium, um die Steuerreform zu machen. Das habe ich auch gemacht.“

Fuchs fühlte sich im Ressort nicht nur wegen des „Kontaktverbots“ isoliert. Es sei sogar geplant gewesen, dass er mit seinem Büro in einem Ausweichquartier untergebracht werde – und somit nicht im Finanzministerium. „Es war von Beginn an das Ziel, dass ich als Staatssekretär nicht beim Minister residiere, sondern woanders“, sagte Fuchs. Die ÖVP habe offenbar ein „massives Misstrauen mir gegenüber gehabt“. Offenbar, so Fuchs, hatte die ÖVP die Sorge, dass er habhaft über die Beamtenschaft werde.

ÖVP-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Gerstl im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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Das Verhältnis zwischen ÖVP-Fraktionschef Wolfgang Gerstl und Fuchs war äußerst unterkühlt

Auf die Frage von SPÖ-Mandatar Andreas Kollross, wann Fuchs zum „Frühstücksdirektor“ im Ministerium degradiert wurde, sagte dieser: „Ich verwehre mich natürlich gegen den Begriff ‚Frühstücksdirektor‘. Sie wissen, was ich im Ministerium gemacht habe.“ Er sei mehr ein „Arbeitsdirektor“ gewesen, der weniger auf Inszenierung gesetzt habe. Aber es sei etwa ein „Megakampf“ gewesen, dass er Leiter der Taskforce zur Steuerreform werde. Man habe ihn, so Fuchs, in irgendeinem Lenkungsausschuss verstecken wollen. Aber nicht mit ihm, er habe sich großen Respekt im Finanzministerium erarbeitet.

Gutes Verhältnis zu Löger

Fuchs bezeichnete sich als „politisches Feigenblatt“ im Ministerium. Wenn etwas schiefgehe, dann hätte man ihm die Schuld geben können, so der Ex-Finanzstaatssekretär. Weder er noch sein Kabinett seien bei der Glücksspielnovelle involviert gewesen, so Fuchs weiter – sogar die Wirtschaftskammer habe vor ihm davon gewusst. Er sei nicht in der Lage gewesen, Lizenzen zu erwirken. Er habe mit der zuständigen Fachabteilung nie Gespräche geführt. Die Neuvergabe einer Konzession bedürfe der europaweiten Ausschreibung. Er habe sich strafrechtlich auch nichts zuschulden kommen lassen.

Auf die Frage von NEOS-Abgeordnetem Helmut Brandstätter zum Verhältnis in der Koalition, sagte Fuchs, es habe mit Löger eine gemeinsame Gesprächsbasis aufgrund des gemeinsamen Hintergrunds gegeben – sie kämen beide aus der Wirtschaft: „Wir sind noch nicht so verdorben wie echte Politiker.“ Man habe direkt gesprochen, „bevor man Wirbel macht“. Er und Löger hätten ein sehr gutes Arbeitsgespann gebildet. Ob das gut angekommen sei, wisse er nicht. Und wer wisse schon, ob Löger alles gewusst habe?

Auch das Verhältnis zum damaligen Generalsekretär des Finanzministeriums, Thomas Schmid, sei professionell gewesen, trotz mancher Reibungspunkte, schließlich kämpfe ein Kabinettschef – was Schmid auch war – für seinen Minister. In der Bestellung Schmids zum ÖBAG-Chef sei er nicht eingebunden gewesen – „Warum auch? Man geht zum Schmid und nicht Schmiedl, Ober sticht Unter“, so Fuchs. Schmid habe ja schon den Ruf des Schattenministers gehabt, so die Auskunftsperson sinngemäß.

Fuchs: Löger übernahm altes Kabinett

So hätte Löger bei der Amtsübergabe im Dezember 2017 Schmid gefragt, der ja schon Erfahrung in den Kabinetten sammeln konnte, wie es mit seinem künftigen Kabinett aussehe. Schmid soll laut Fuchs gesagt haben, es sei üblich, dass ein neuer Minister das alte Kabinett übernimmt. So bekam Löger das Kabinett seines Vorgängers Hans Jörg Schelling. „Und man fragt sich, ob der Minister alles mitbekommt. Und da fragt man sich wirklich: Weiß Nehammer (Karl, ÖVP, Anm.) überhaupt, was im Innenministerium vor sich geht? Wenn ich Minister bin und ich erfahre das erst ein paar Tage später, da spielt es Granada.“

Nach dem Abgang von Schmid sei die Stimmung zwischen Löger und Fuchs besser geworden. Schmid habe Löger „viel Arbeit abgenommen“ und den Ruf gehabt, viel sagen zu können. Auf die Frage von FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker, ob Fuchs Schmid in sein Kabinett genommen hätte, sagte Fuchs: „Niemand lässt sich ein Kuckucksei ins Kabinett legen.“ Angesprochen auf die Befragungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) betonte er, es sei schade, dass „so junge Burschen so vergesslich sind“. „Ich bin 51 Jahre und nicht so vergesslich“, so der Politiker, der aber selbst die Frage seines Parteikollegen vergessen hatte.

Angesprochen auf Chatprotokolle, die laut Staatsanwaltschaft den Verdacht von Gesetzeskäufen erhärten würden, sagte Fuchs, dass er in Sachen Chats nicht sehr aktiv gewesen sei – im Gegensatz zum ehemaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der so schnell schreibe, „wie sonst keiner“. Dabei könnten auch manchmal Begriffe durcheinander kommen, etwa Aufsichtsratsvorsitzender und Vorstandsvorsitzender. Man dürfe nicht immer alles für bare Münze nehmen. Mit Sidlo habe er sich nur einmal getroffen, so Fuchs, dabei sei es aber um die Notenbank gegangen. Mit CASAG-Aufsichtsrat Walter Rothensteiner habe er sich nie getroffen.

Fuchs beantwortete – fast – alles

Fuchs entschlug sich komplett bei der Frage zu einem Themenkomplex rund um einen für die Novomatic laut Berichten aktiven Steuerberater. Er konnte sich auch an Dinge nicht erinnern, etwa einen Mailverkehr, der auch an ihn gegangen sein soll, über offene Punkte beim Glücksspiel. Er habe sich immer für IP-Blocking eingesetzt, so Fuchs, auch wenn er kein Glücksspielexperte sei. Im Glücksspielbereich sei er aber nicht eingebunden gewesen.

Gefragt nach Aussagen von Schmid im Ausschuss, dass es eine Einigung beim Gesetzesentwurf mit Fuchs gebe, sagte er, das sei eine „neue Sichtweise“. Er habe nichts freigegeben und sich auch auf nichts geeinigt. „Womöglich gab es dazu eine Arbeitsgruppe, aber da war ich nicht drin und zu 99 Prozent auch keiner meiner Mitarbeiter.“ Grundsätzlich habe er schon gewusst, was in seinem Büro passiere und welche Arbeitsgruppen es gibt. Alles, was für ihn relevant sei, habe er sich auch grundsätzlich angesehen – er könne aber nichts ausschließen. Viel sei zudem zwischen den Regierungskoordinatoren Blümel und Norbert Hofer (FPÖ) passiert.