Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden
AP/Patrick Semansky
Zwei-Billionen-Dollar-Plan

Biden will USA „grün“ machen

Der demokratische Herausforderer ums Weiße Haus, Joe Biden, will die USA „grün“ machen. Biden stellte dazu einen ambitionierten Klimaplan vor. Insgesamt veranschlagt der Präsidentschaftskandidat für das Mammutprogramm gegen die Klimakrise die Summe von zwei Billionen Dollar (1,75 Billionen Euro). Die US-Energieversorgung soll damit binnen vier Jahren erst einmal klimafreundlich umgestaltet werden.

Durch das Programm solle auch der Weg dafür geebnet werden, dass der US-Energiesektor bis zum Jahr 2035 keine Kohlendioxidbelastung des Klimas mehr verursache, so der ehemalige Vizepräsident von Barack Obama bei einem Auftritt in Wilmington im Bundesstaat Delware am Dienstag.

Biden will die USA zudem zurück in das Klimaabkommen von Paris führen. US-Präsident Donald Trump hatte den Vertrag aufgekündigt – wirksam wird die Kündigung aber erst am Tag nach der Präsidentenwahl am 3. November. Mit seinen Ankündigungen setzt sich Biden scharf von Trump ab. Dieser hat eben nicht nur dem Pariser Abkommen den Rücken gekehrt, sondern auch Umweltschutzregularien aufweichen lassen.

Kohlekraftwerk in Utah (USA)
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Biden hat auch der Kohle den Kampf angesagt, hier ein Kohlekraftwerk im US-Bundesstaat Utah

„Existenzielle Bedrohung“

„Es gibt keine folgenschwerere Herausforderung, der wir uns im nächsten Jahrzehnt stellen müssen, als die hereinbrechende Klimakrise“, sagte Biden. „Wenn sie nicht eingedämmt wird, ist sie buchstäblich eine existenzielle Bedrohung für die Gesundheit unseres Planeten und für unser Überleben.“ Er gebe sich nicht mit Kleinigkeiten in Umweltdingen zufrieden, zitiert die „Washington Post“ Biden. „Wir werden historische Investitionen tätigen und die Gelegenheit nutzen, um diesen Moment in der Geschichte erleben“, so Biden.

Auch Wirtschaft mitgedacht

Der Ex-Vizepräsident vergisst dabei auch die Wirtschaft nicht: Die Umwandlung des Energiesektors werde der „größte Auslöser“ für die Schaffung von Jobs und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der USA „im 21. Jahrhundert“ werden. Wissenschaftlern zufolge blieben noch neun Jahre, um unwiderruflichen Schaden zu verhindern, so Biden. Deswegen wolle er in seiner ersten Amtszeit Ergebnisse liefern.

Biden versprach, dass vier Millionen Gebäude im ganzen Land energetisch saniert werden sollen, was mindestens eine Million Arbeitsplätze schaffen würde. Weitere Jobs solle ein Ausbau der Elektromobilität bringen. Biden will zudem Anreize für die Autoindustrie schaffen, um emissionsfreie Fahrzeuge zu bauen. In der vergangenen Woche hatte Biden bereits ein 700 Milliarden Dollar schweres Konjunkturpaket vorgestellt, mit dem die von der CoV-Pandemie schwer getroffene US-Wirtschaft angekurbelt werden soll.

Biden will laut „Washington Post“ auch eine neue Abteilung für „Umwelt und Klimagerechtigkeit“ im US-Justizministerium schaffen, um Fälle von Umweltverschmutzung besser juristisch verfolgen zu können. Biden geht mit seiner vorgestellten Energiepolitik auf Kollisionskurs mit Trump. „Wenn Donald Trump an Klimawandel denkt, ist das einzige Wort, das er aufbringen kann, ‚Scherz‘“, kritisierte Biden.

US-Präsident Donald Trump
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US-Präsident Donald Trump machte sich im letzten Wahlkampf für Kohle stark

Trump: Scharf linksgerichteter Kreuzzug

Trump kann dem Konzept seines Herausforderers naturgemäß nichts abgewinnen. Bidens Klimaprogramm würde „die US-Wirtschaft vernichten“, so Trumps Replik. Bidens Plan sei "mehr ein sozialistisches Manifest „das verspricht, die Steuern massiv zu erhöhen, Arbeitsplätze in der Kohle-, Öl- und Erdgasindustrie abzubauen und die Mittelschicht zu vernichten“, so Hogan Gidley, der nationale Pressesprecher der Trump-Kampagne.

Laut Trump hat Biden einen „scharf linksgerichteten Kreuzzug gegen amerikanische Energie“ gestartet. Der US-Präsident setzt so gut wie ausschließlich auf die fossilen Energieträger. Vor allem Kohle hatte in Trumps letztem Wahlkampf eine wichtige Stellung. „Wir werden die Kohle retten“, so sein Credo damals. Trump ist auch als Leugner des menschengemachten Klimawandels bekannt.

Von Warren und Sanders beeinflusst

Bidens Plan stellt indes eine Verschärfung seiner bisher vertretenen Umweltziele dar. Den Ausgaben von zwei Billionen Dollar innerhalb einer ersten vierjährigen Amtszeit stehen ursprünglichen 1,7 Billionen über zehn Jahre entgegen. Dass die USA bis 2035 nur noch Strom aus sauberer Energie erzeugen sollen, ist 15 Jahre früher als bisher angedacht.

Das Datum entspricht dem der ehemaligen Präsidentschaftsbewerber Jay Inslee und Elizabeth Warren aus seiner Partei. Und auch die Handschrift des als Parteilinken geltenden Bernie Sanders findet sich laut „Washington Post“ in Bidens Plan wieder. Beide hatten eine gemeinsame Taskforce gegen den Klimawandel eingerichtet. Und deren Empfehlungen inkludierten einen starken Ausbau von Wind- und Solarenergie.

Insgesamt sollen laut dem Thinktank 500 Millionen Solarpanele und 60.000 Windräder in den USA installiert werden, wie die „Washington Post“ schreibt. Biden will auch die rund 500.000 Schulbusse des Landes umbauen und CO2-neutral machen. Des Weiteren sollen 500.000 Elektrotankstellen neu gebaut werden, so die „Washington Post“.

Auch Unterstützer machten Druck

Die Verschärfung der Pläne dürfte laut der Zeitung allerdings auch auf Druck führender Umweltgruppierungen und junger Aktivisten und Aktivistinnen zurückzuführen sein, die den Klimawandel als generationenübergreifende Krise verstehen. Und auch die finanzielle Unterstützung spielte laut der „Washington Post“ eine Rolle.

Tiernan Sittenfeld, zuständig für Regierungsangelegenheiten bei der in Washington ansässigen grünen Gruppierung „League of Conservation Voters“, lobte die Ankündigung der Biden-Kampagne, „über den starken Plan hinauszugehen, den er im vergangenen Sommer aufgestellt hatte“. Die „League of Conservation Voters“ hatte in den letzten Kongresswahlkampf 2018 80 Millionen Dollar gepumpt, so die „Washington Post“ weiter.

Guterres: Kohle hat keinen Platz

Berater des Demokraten erklärten, die Vorschläge Bidens gehörten ohnehin zu einem umfassenderen Plan für eine wirtschaftliche Erholung. Viele der Maßnahmen könnte Biden als Präsident durch Erlasse umsetzen, für andere wären Gesetze des Kongresses notwendig.

Mit seinem Plan befindet sich Biden in guter Gesellschaft. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres verlangte einen Förderstopp für Energiegewinnung aus Kohle in den weltweiten Konjunkturprogrammen der Coronavirus-Krise. „Kohle hat keinen Platz in den Covid-19-Plänen“, sagte der UNO-Chef vorige Woche in einer Konferenz zur Energiewende der Internationalen Energieagentur (IEA). Erneuerbare Energien seien in fast allen Märkten wirtschaftlicher. „Grüne“ Arbeitsplätze und nachhaltiges Wachstum seien entscheidend, so Guterres.

Großes Thema im US-Wahlkampf?

Der Klimawandel ist allerdings laut einer Reuters/Ipsos-Umfrage angesichts der Coronavirus-Pandemie und der wirtschaftlichen Lage in den USA von nachgeordneter Bedeutung in der Bevölkerung: Der Umfrage vom 6. bis 7. Juli zufolge sehen weniger als fünf Prozent der US-Bürger und -Bürgerinnen die Umwelt als das wichtigste Thema für ihr Land. Für 28 Prozent war es der Anstieg der Arbeitslosenzahlen, für 16 Prozent das Gesundheitssystem.

Anders sieht das allerdings bei einer kürzlich vorgenommenen Umfrage des Pew Research Centers aus, wie die „Washington Post“ zitiert. Fast zwei Drittel der Befragten fanden, dass die US-Regierung mehr gegen den Klimawandel tun soll.