Österreichische Nationalbank
ORF.at/Peter Pfeiffer
Commerzialbank

Nationalbank kontert Vorwürfe

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat sich am Donnerstag gegen Vorwürfe verteidigt, ihren Prüfpflichten bei der Commerzialbank Mattersburg nicht ausreichend nachgekommen zu sein. Ein Gutachten im Auftrag einer Anwaltskanzlei hatte zuvor in den Raum gestellt, dass staatliche Organe ihre Aufsichtspflichten verletzt hätten. Ein Grazer Anlegeranwalt brachte inzwischen Amtshaftungsklage gegen die Republik ein.

Mitte Juli war nach einer Vorortprüfung der Bilanzfälschungsskandal bei der burgenländischen Commerzialbank aufgeflogen. Die Notenbank stellte nun fest, schon 2015 „Fehldarstellungen“ in der Bilanz beanstandet zu haben, und es seien auch ihre intensivierten Prüfungen gewesen, die letztlich zur Aufdeckung geführt hätten. Sie zieht zudem die Methodik des Gutachtens in Zweifel.

Das Gutachten des Sachverständigen Oliver Lintner im Auftrag der Anwaltskanzlei Hausmaninger Kletter war nach Mitteilung der Kanzlei zum Schluss gekommen, dass aufgrund vieler „Auffälligkeiten“ die Schieflage der Bank viel früher hätte auffallen müssen. Es sei – unter Hinzuziehung von Bilanz- und Ertragsvergleichen und vor allem von Zinseinnahmenvergleichen zwischen der Commerzialbank und dem Bankensektor insgesamt – nicht nachvollziehbar, wie das den Behörden habe entgehen können.

OeNB bemängelt falsche Vergleiche

In einer Stellungnahme gegenüber der APA wies die Nationalbank heute Vorwürfe von Prüfungsmängeln zurück: Die Kanzlei, die das Gutachten beauftragt habe, bemühe sich anscheinend um Klienten, so die Nationalbank. „Ungeachtet der Tatsache, dass eine tiefgreifende Analyse des uns nur aus den Medien bekannten Gutachtens auch ob der Kürze der Zeit nicht vorgenommen werden konnte“, werde darin in weiten Teilen ein Vergleich der Commerzialbank mit dem Durchschnitt der österreichischen Banken gezogen. „Ein methodisch korrekter Vergleich kann und muss aber auf einer Vergleichsgruppe ähnlicher Banken basieren“, heißt es von der Nationalbank.

Zugleich hob die Notenbank die eigene Rolle bei der Aufdeckung des Skandals hervor. Die von der OeNB bei ihren Prüfungstätigkeiten identifizierten Auffälligkeiten und Mängel im Geschäftsmodell, dem Kreditrisiko sowie in den internen Prozessen seien letztlich ausschlaggebend gewesen für die Intensivierung der Prüfungsaktivitäten und „das erfolgreiche Aufdecken der kriminellen Handlungen seitens der Bankenaufsicht“, „obwohl offenkundig akribisch Buchungen und Dokumente fingiert worden sind – mit dem Ziel, aufgetretene Unstimmigkeiten zu verschleiern“.

Verweis auf Wirtschaftsprüfer

Die Nationalbank wollte aber auch festgehalten wissen, dass die Prüfung des Bestandes von Vermögen und Verbindlichkeiten sowohl bei Nichtbanken als auch bei Banken ein zentraler Bestandteil der Aufgaben eines Wirtschaftsprüfers ist. „Es ist weder Aufgabe der Bankenaufsicht noch zulässig, dass sie die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers umfänglich wiederholt.“

TV-Hinweis

Das Wirtschaftsmagazin „Eco“ widmet sich Donnerstag um 22.30 Uhr in ORF2 der Rolle der Prüfer im Skandal um die Commerzialbank.

Bereits auf Basis der Prüfung 2015 seien von der OeNB übrigens Fehldarstellungen der Eigenmittel in der Bilanz beanstandet worden, die zu einer Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden führten und „daher auch den internen und externen Prüfinstanzen bekannt sein mussten“. Das „profil“ berichtete in seiner aktuellen Ausgabe, dass der Bankenaufsicht bereits 2015 entsprechende Hinweises vorgelegen hätten. Die OeNB soll damals aber nicht in der Lage gewesen sein, den Sachverhalt mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln aufzuklären.

Amtshaftungsklage gegen Republik

Sehr wohl eine Verantwortung beim Staat sieht der Grazer Anlegeranwalt Harald Christandl. Seine Kanzlei leitete formell ein Verfahren gegen den Staat ein, berichtete die „Kleine Zeitung“ Donnerstagnachmittag vorab. Begehrt wird eine Haftung der Republik dem Grunde nach für Schäden, die von der Einlagensicherung nicht gedeckt sind. Christandl vertritt dabei „eine kleine Gruppe privater Anleger“.

Die Republik habe nun drei Monate Zeit zu reagieren, „wobei wir angesichts der Ausgangslage hoffen, dass langwierige und kostenintensive Gerichtsverfahren hintangehalten werden können“, so Christandl in der Zeitung. Das Begehren wurde in einem Schreiben an den Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, dargelegt. In einem weiteren Schreiben wandte sich der Anwalt an Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP), um sie um „Mithilfe bei einem raschen, unkomplizierten Lösungsprozess“ zu ersuchen.

Mehr als eine Handvoll von Anlegeranwälten hat bisher bereits Amtshaftungsklagen in der Causa angekündigt. Mitte Juli wurde nach APA-Informationen bereits im Namen eines gemeinnützigen Bauunternehmens eine erste entsprechende Klage eingereicht.