Unterhaltung zwischen zwei Personen mit MNS
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Körpersprache in der Pandemie

Kommunikation mit Einschränkung

Wir geben Geschäftspartnern nicht mehr die Hand zur Begrüßung, lächeln hinter unseren Masken, wo es niemand sieht, und müssen häufig persönliche Grenzen deutlich aufzeigen. Auch wenn die Pandemie schon über ein dreiviertel Jahr anhält, stellt sie die Gesellschaft immer noch vor Herausforderungen. Ein Clownkünstler und eine Schauspielerin gaben ORF.at Beispiele, wie man auch mit Einschränkung klar kommunizieren kann.

„Zunächst einmal – man kann nicht nicht kommunizieren“, zitierte die Schauspielerin und Kabarettistin Sandra Schuller gegenüber ORF.at den österreichischen Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Deshalb beschäftigen sich Expertinnen und Experten aus Psychologie, Kommunikation und vielen weiteren wissenschaftlichen Feldern schon seit Jahrzehnten mit nonverbaler Kommunikation.

Der iranisch-amerikanische Psychologe Albert Mehrabian entwickelte in den 1960er Jahren sogar ein Modell, die 7-38-55-Regel, dem mehrere Experimente vorausgingen. Heraus kam folgendes Ergebnis: Will ein Mensch seine Gefühle ausdrücken, so entscheidet der Empfänger bzw. die Empfängerin binnen Sekunden, ob er sein bzw. ihr Gegenüber sympathisch findet.

Kommunikation ist „Kombination aus allem“

Die Wirkung einer Aussage wird der Studie zufolge zudem nur zu sieben Prozent durch das gesprochene Wort interpretiert, 38 Prozent entfallen auf Stimme, Mimik und Haltung, 55 Prozent auf die übrige Körpersprache. Ob uns jemand sympathisch ist oder nicht, wird somit stark durch nonverbales Verhalten bestimmt.

„Das Gesicht lässt sich in drei Bereiche teilen, mit denen man kommunizieren kann“, ergänzte Schuller – und zwar den oberen Bereich mit Augen, Augenbrauen und Stirn, den Bereich der Nase und jenen der Lippen. „Normalerweise ist es immer eine Kombination aus allem, das dann einen Ausdruck macht. Wenn du aber eine Maske trägst, dann fallen zwei Bereiche automatisch weg – und das kann vieles bedeuten“, gab sie zu bedenken.

Grummeln wie ein „typischer Wiener“

Schauspielerinnen und Schauspieler lernen in ihrer Ausbildung, extreme Formen des Ausdrucks bewusst auf der Bühne und im Film einzusetzen. In Zeiten der Pandemie könne man das auch im Alltag nutzen, rät die Expertin. „Mit Körperhaltung, Kopfhaltung, und auch über die Stimmlage und Betonungen lässt sich einiges kompensieren.“ Ein Beispiel: „Nehmen wir das Szenario U-Bahn her. Da drücken sich die Menschen ja auch oft mit Geräuschen aus, wenn ihnen etwas nicht passt – oder mit Augenverdrehen. Der typische Wiener macht zum Beispiel ‚Hrrmppf‘, also ein grummelndes Geräusch der Ablehnung. Es gibt die Möglichkeit, das verstärkt zu machen“, so Schuller weiter.

Freilich müsse man sich das schon trauen, es gebe durchaus auch andere Möglichkeiten: „Du kannst auch mit Körpersprache extremer arbeiten. Beispielsweise bei Entschuldigungen: Wenn man jemandem in der U-Bahn auf den Fuß steigt, dann könnte man, zusätzlich zum Wort Entschuldigung, die Hände im Brustbereich anheben und einen Schritt zurück machen. Das versteht jeder – auch mit Maske.“

Verbeugen wie der Bundespräsident

Und wie sieht es mit Begrüßungen aus? Das Händeschütteln haben sich die meisten schon in der ersten Pandemiewelle abgewöhnt, um sich nicht mit dem Coronavirus anzustecken. Auch Bundespräsident Alexander van der Bellen riet damals: „Lassen Sie doch vorübergehend das Händeschütteln. Ich mach das jetzt schon länger nicht mehr. Winken Sie einander als Begrüßung zu oder lassen Sie sich was anderes einfallen. Ich mach das zum Beispiel so“, demonstrierte er – und verbeugte sich in seiner Liveansprache in die Kamera. „Ja, es darf sogar ein bisschen Spaß machen.“

Ausschnitt aus einer Rede Van der Bellens

Ausschnitt aus einer Rede von Bundespräsident Alexander Van der Bellen im März 2020.

Trotz der monarchischen Geschichte Österreichs sind Verbeugungen hierzulande heutzutage wohl nicht immer alltagstauglich, ein Winken aber durchaus. Das zeigt sich alleine, da es sogar in Geschäftsmeetings auf Zoom, Skype und Co. gang und gäbe geworden ist, zum Abschied in die Kamera zu winken. Eine Geste, die Kindern im frühesten Alter beigebracht wird, wurde so sogar wieder businesstauglich.

„Immer schon in schwierigen Situationen“

Eine Berufsgruppe, die es gewohnt ist, mit außergewöhnlichen, wenn auch höchstpersönlichen, gesundheitlichen Krisen umzugehen, sind die Clowndoktoren in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. „Unsere Bezugspersonen sind immer schon in schwierigen Situationen“, erläuterte Markus Rupert alias Clown Harald, gegenüber ORF.at. „Die Mission der Clowns lautet: ‚Bring joy and laughter to people in need of joy‘ (‚Bring Freude und Lachen jenen Menschen, die Freude brauchen‘)“, so der Künstler, der für die Rote Nasen Clowndoctors arbeitet. Kranke Menschen nur aufgrund des Coronavirus nicht mehr zu besuchen, sei ob dieses Mottos nie in Betracht gezogen worden.

Also verlegten die Clowndoktoren, wie auch unzählige weitere Berufsgruppen in Österreich, ihren Betrieb während der Pandemie ins Internet. „Online-Clowning“, nennt Ruprecht diese Ausweichmöglichkeit der Videotelefonie. „Dadurch können wir eine gewisse Patientinnen- und Patientengruppe erreichen, die wir sonst nicht erreichen könnten, zum Beispiel pflegebedürftige Kinder, die während der Pandemie zu Hause betreut werden.“

Schutzmaske über Clownnase

Überdies hinaus sei die Maske nichts Neues für Clowndoktoren, „weil wir so früher auch schon auf Intensivstationen unterwegs waren“, erzählte der Künstler. Daher kenne er auch die Herausforderung eines Mund-Nasen-Schutzes im Gespräch nur zu gut: „Wenn man sich sehr expressiv mit dem Körper ausdrückt, braucht man auch mehr Luft.“

Eine Frage, die sich die Clowndoktoren allerdings neu gestellt hätten, sei, so Ruprecht, ob die Clownnase in Pandemiezeiten unter oder über den Mund-Nasen-Schutz gehöre. Dabei sei die Antwort so naheliegend, schließlich müsse auch ein Clown auf seine Gesundheit achten: „Wir haben natürlich die Schutzmaske über der Clownnase, so wie es sich gehört, weil die Clownnase zum Clown gehört.“