Vorstandsvorsitzender der OMV Rainer Seele
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OMV-Chef im „Ibiza“-Ausschuss

Fall Marsalek und Treffen mit Gudenus

Nach turbulentem Start in die Herbstsession ist am Mittwoch im „Ibiza“-U-Ausschuss die teilstaatliche OMV im Fokus gestanden. OMV-Chef Rainer Seele bestritt jede politische Einflussnahme – dass er beruflich mit wesentlichen Vertretern von ÖVP und FPÖ zu tun hatte, bestritt er nicht. Im Fokus der Befragung: Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek, Libyen und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus.

Seit fünf Jahren ist Seele Vorstandsvorsitzender der OMV. Von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl gefragt nach Kontakten zu Regierungsmitgliedern sagte er eingangs, dass er vor allem auf Delegationsreisen Kontakt mit entsprechenden Personen gehabt habe. Es habe immer wieder Interesse am Geschäftsgebaren der OMV gegeben, einen Versuch der (politischen) Einflussnahme habe er aber nicht ausmachen können.

Nach der Personalie gefragt, bestätigte er, mit Gudenus Kontakt gehabt zu haben – allerdings nie beruflich. Dabei sei es um die österreichisch-russischen Freundschaftsbeziehungen gegangen, er habe sich mit ihm diesbezüglich auch „einige Male zu Abendessen getroffen“. SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter nahm darauf Bezug und wollte eine Verbindung zu Jan Marsalek, den untergetauchten und international gesuchten Ex-Wirecard-Finanzvorstand, herausarbeiten. Verwiesen wurde auf geplante Großinvestitionen in Libyen.

„Kenne Namen nur aus Medien“

Die SPÖ bezog sich auf einen Bericht des Onlinemagazins ZackZack und auf entsprechende Akten, in denen von einer SMS von Florian Stermann, dem früheren Generalsekretär der Österreichisch-russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG), an Gudenus die Rede war. Inhalt: das versuchte Arrangement eines Treffens zwischen Seele und Marsalek. Entsprechend die Frage, ob Gudenus versucht habe, ein Treffen von ihm, Seele, und Marsalek zu arrangieren.

Den Namen Marsalek habe er erstmals aus den Medien erfahren, gab Seele an. In der Folge kam es mehrfach zur Debatte, ob das Thema überhaupt zum Untersuchungsgegenstand passt. Für die ÖVP-Fraktion, den Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) und auch Verfahrensrichter Pöschl war das nicht der Fall, die Opposition dagegen argumentierte mit dem Beteiligungsmanagement des Bundes.

Vorstandsvorsitzender der OMV Rainer Seele
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OMV-Chef Seele im U-Ausschuss

„Wie der Kakao in unserer Jugend“

Und das Thema hielt sich beständig: Ob er, Seele, mit einem Mitglied der Regierung nach Libyen gereist sei, wurde gefragt. Der nunmehrige Kanzler und damalige Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sei auch dabei gewesen. Auf der Reise seien mehrere Themen besprochen worden, es sei auch um die Sicherheitslage gegangen, gab Seele auf Fragen des grünen Mandatars David Stögmüller an. Ob im Zuge der Reise Wahlkampfspenden ein Thema waren, fragte er Seele. Dazu habe er keine Wahrnehmungen, so Seele.

Greenpeace-Demo vor dem Ibiza-U-Ausschuss
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Vor der Hofburg nahm anlässlich der Befragung des OMV-Chefs die NGO Greenpeace Aufstellung

Von der SPÖ wurden weitere Reisen abgefragt und bestätigt – etwa ein zweitätiger Trip nach Abu Dhabi und Kuwait im März 2019, wo auch Immobilieninvestor und Signa-Gründer Rene Benko (Matznetter zum besseren akustischen Verständnis des Namens: „Wie der Kakao in unserer Jugend“) und Borealis-Chef Alfred Stern dabei gewesen seien. Auch dabei habe es sich um eine Wirtschaftsdelegation gehandelt, sagte Seele.

Borealis-Übernahme verteidigt

Apropos Abu Dhabi: Bereits eingangs hatte Seele die Übernahme des Chemiekonzerns Borealis verteidigt. Diese hatte die OMV im März auf den Weg gebracht. Um 4,1 Mrd. Euro kaufte der teilstaatliche Ölkonzern von Mitgesellschafter Mubadala Development Company (einer staatlichen Aktiengesellschaft mit Hauptsitz in Abu Dhabi) Anteile am gemeinsamen Chemiekonzern und stockte seinen Anteil damit auf 75 Prozent auf.

Seele betonte, dass die Entscheidung „unabhängig und ausschließlich im Vorstand getroffen“ worden sei. Damals sei es um die „strategische Neuausrichtung der OMV“ gegangen, denn der Vorstand habe „sehr deutlich die Veränderung im Markt gesehen“. Mit der Übernahme habe man die Grundlage für die Ausrichtung des teilstaatlichen Ölkonzerns hin zu einem nachhaltigen, nicht fossilen Unternehmen geschaffen.

In Nominierungsausschuss nur „selten Gast“

Ob er zum Borealis-Deal von Organen des Bundes angesprochen worden sei, wollte SPÖ-Fraktionsvorsitzender Kai Jan Krainer wissen. „Der Deal ist ausschließlich mit dem Aufsichtsrat besprochen worden“, wiederholte Seele. Ob er eine Wahrnehmung zum Abstimmungsverhalten von Aufsichtsratsmitglied Thomas Schmid habe, wurde Seele gefragt. „Geschäftsgeheimnis“, antwortete er.

Jan Krainer
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Krainer fragte den OMV-Chef im „Ibiza“-Ausschuss auch zur Borealis-Übernahme

NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper fragte zu den Mitgliedern des Nominierungsausschusses im OMV-Aufsichtsrat und nannte im Zuge dessen gleich selbst deren Namen: Aufsichtsratschef Wolfgang Berndt und dessen Stellvertreter Schmid. Der Ausschuss ist für die Bestellung von Vorstandsmitgliedern mit zuständig. Wie sich die Diskussionen dort über das fünfte Vorstandsmitglied, eine Russin, gestaltet habe, fragte Krisper. „Ich bin dort ganz selten Gast“, so Seele.

Die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG lobte Seele ausdrücklich („Begrüßen wir außerordentlich“). Dadurch habe sich „sehr vieles für die OMV vereinfacht“. Denn die ÖBIB war isoliert und nicht im Aufsichtsrat vertreten. Daher sei es für die OMV schwierig gewesen, einen Dialog zu führen. Die ÖBAG hingegen sei nun direkt im Aufsichtsrat vertreten, „demgemäß folgt die Kommunikation direkt“. „Die Position der ÖBAG wird nun sehr deutlich formuliert, das war früher nicht der Fall“, so Seele.

„Strache hat sich nur für Wasserstoff interessiert“

Doch auch Wasserstoff war Thema bei der Befragung: So wollte FPÖ-Mandatar Martin Graf wissen, ob Seele mit dem damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache in Kontakt gestanden sei. Das bestätigte Seele – dieser habe das Thema „Wasserstoff“ forcieren wollen, die Errichtung von Wasserstofftankstellen sei ihm ein Anliegen gewesen. Weil das aber nicht das Geschäftsfeld der OMV sei, habe er ablehnend reagiert. Andere Themen habe es nicht gegeben – auch nicht zur Umstrukturierung der ÖBIB zur ÖBAG: „Er hat sich nur für Wasserstoff interessiert.“

„Gudenus ist ein sehr geselliger Mensch“

Ebenfalls nach Treffen mit Gudenus wurde Seele von der FPÖ gefragt. Seele führte aus: „Gudenus ist ein sehr geselliger Mensch“ – und Seele wiederholte, dass es nur private Treffen gegeben habe. Auch die Grünen wollten die Verbindung Seele – Gudenus herausarbeiten, die seit 2015 oder 2016 existiere. Auch besagte SMS von ORFG-Mann Stermann an Gudenus rückten sie wiederum in den Fokus. „Ich habe Herrn Marsalek nicht getroffen, nie persönlich kennengelernt“, so Seele.

Gesellschaft wollte „stärkeres“ Engagement der OMV

Auch NEOS fragte zu Treffen mit den genannten Personen: Stermann habe er „immer“ bei der ORFG getroffen, dieser wollte, dass sich die OMV „stärker bei der Gesellschaft engagiert“, so Seele auf Fragen der NEOS-Mandatarin Krisper.

Stephanie Krisper
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NEOS-Fraktionsführerin Krisper

Auch sprach sie Seele auf die jüngste Prüfung innerhalb der OMV an, da ging es unter anderem um Spesen (Krisper: „Um Ihr mutmaßliches Luxusleben“) und Ähnliches. Die Konzernrevision habe die Prüfung geleitet, mehrere Personen. „War es nicht Robert Eichler (Seeles Vertrauensperson im Ausschuss, er ist Rechtsanwalt, Anm.), der neben Ihnen sitzt?“ Der sei Compliance-Chef, bestätigte Seele. Am Ende hieß es wiederum – und einmal mehr: Die Frage habe nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun.

Nach Seele sollte am Mittwoch laut Plan noch OMV-Aufsichtsratschef Wolfgang Berndt Auskunft zu Postenbesetzungen im Unternehmen geben. Weil die zweite Befragung des Tages – geladen war eine leitende Beamtin des Finanzministeriums – aber lange dauerte, wurde Berndt abgesagt.