Junger Mann mit Mund-Nasen-Schutz auf der Karlsbrücke in Prag
AP/Petr David Josek
Steigende CoV-Zahlen

Prag entscheidet über Ausnahmezustand

So wie in vielen anderen europäischen Ländern ist die Coronavirus-Lage auch in Tschechien zunehmend angespannt. Sollte der deutliche Anstieg der Zahl der täglichen Neuinfektionen weiter anhalten, könnte die tschechische Regierung – so wie bereits im März – erneut den Ausnahmezustand ausrufen. Eine Entscheidung könnte bereits am Montag fallen.

Konkret will die Regierung zu Wochenbeginn über die weitere Vorgangsweise beraten, wie Gesundheitsminister Adam Vojtech am Sonntag mitteilte. In dem rund 10,7 Millionen Einwohner zählenden Land wurden zuletzt mit 2.046 Neuinfektionen zwar im Vergleich zum Vortag ein leichter Rückgang verzeichnet. Es handelte sich gleichzeitig aber um einen Höchstwert für Wochenenden, an denen gewöhnlich weniger Tests durchgeführt werden.

Die Gesamtzahl der bestätigten Fälle stieg damit auf 48.306, wie aus Daten des Gesundheitsministeriums hervorgeht. In Tschechien nahmen die Ansteckungen zuletzt deutlich zu. Gemessen an der Gesamtbevölkerung haben nur Spanien und Frankreich in der Europäischen Union in den vergangenen zwei Wochen einen größeren Anstieg verzeichnet.

Bereits jetzt „weitgehende Einschränkungen“

In Tschechien wurden nach dem Auslaufen des am 13. März beschlossenen und Mitte Mai ausgelaufenen Ausnahmezustands die coronavirusbedingten Einschränkungen zwar zeitweise deutlich heruntergefahren – zuletzt aber wieder verschärft. Erst am 10. September wurde etwa wieder eine allgemeine Maskenpflicht eingeführt, weswegen in allen öffentlich zugänglichen Gebäuden sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln ein Mund-Nasen-Schutz vorgeschrieben ist.

Neben „anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr“, ist in den Reiseinformationen des Außenministeriums auch von weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben die Rede. Von nicht unbedingt notwendigen Reisen wird aus diesem Grund abgeraten. Einreisen aus EU- und Schengen-Staaten sind derzeit aber noch ohne Vorlage eines Covid-19-Tests und ohne Angabe von Gründen möglich.

Dutzende Gäste in einem Gastgarten in London
APA/AFP/Daniel Leal-Olivas
Bilder wie diese könnten in London schon bald wieder der Vergangenheit angehören

London schließt zweiten Lockdown nicht aus

Auch in Großbritannien stehen die Zeichen auf eine weitere Verschärfung der Coronavirus-Maßnahmen. Nach wie vor sei ein neuerlicher, landesweiter Lockdown in dem 66,7 Millionen Einwohner zählenden Land nicht ausgeschlossen, wie der britische Gesundheitsminister Matt Hancock am Sonntag gegenüber der BBC sagte: „Wenn jeder den Regeln folgt, können wir einen weiteren nationalen Lockdown vermeiden. Aber wir müssen natürlich darauf vorbereitet sein zu handeln, wenn es nötig ist.“

Hancock mahnte die britische Bevölkerung angesichts stark steigender Infektionszahlen zur Einhaltung der Coronavirus-Schutzmaßnahmen. „Die Nation steht vor einem Wendepunkt, und wir haben die Wahl“, sagte er dem Sender Sky News. Die zuständigen britischen Behörden meldeten am Sonntag 3.899 neue Fälle. Am Tag zuvor waren es 4.422 gewesen, die größte Zunahme seit dem 8. Mai.

Drakonische Strafen angekündigt

Premierminister Boris Johnson hatte drakonische Strafen für diejenigen angekündigt, die sich nicht an die Vorschriften wie etwa Quarantäneregeln halten. Ab Ende September müssen demnach Menschen, die wiederholt gegen Auflagen zur Selbstisolierung verstoßen, eine Geldstrafe von umgerechnet bis zu 10.900 Euro zahlen.

„Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um die Ausbreitung dieses Virus einzudämmen, um zu verhindern, dass die am meisten gefährdeten Menschen infiziert werden, und um den (staatlichen Gesundheitsdienst) NHS zu schützen und Leben zu retten“, sagte Johnson. Der Regierungschef erwägt zudem Berichten zufolge die erneute Einführung eines Versammlungsverbots für Personen aus verschiedenen Haushalten und Einschränkungen bei den Öffnungszeiten von Pubs.

Verschärfte Regeln in Madrid

Bereits beschlossene Sache und mit Wochenbeginn in Kraft sind verschärfte CoV-Vorschriften in der spanischen Hauptstadt Madrid. Dort seien die registrierten Fälle „doppelt so hoch wie der nationale Durchschnitt, und die Zahl der Krankenhauseinweisungen ist dreimal so hoch wie der nationale Durchschnitt“, sagte Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez am Samstag in einem Fernsehinterview.

Demonstranten in Madrid
APA/AFP/Oscar Del Pozo
Protest gegen die Verschärfung der CoV-Maßnahmen in Madrid

Die Maßnahmen gelten für zwei Wochen und betreffen vor allem Menschen im Süden der Stadt. Mit dem Inkrafttreten der Regeln dürfen rund 850.000 Einwohner ihre Bezirke nicht mehr verlassen, wie die Regionalregierung von Madrid mitteilte. Absperrungen gibt es auch in anderen Teilen Spaniens, etwa in Mallorcas Hauptstadt Palma.

Ausnahmen gibt es in den betroffenen Gebieten von Madrid nur für Wege zur Arbeit, zur medizinischen Versorgung und um Kinder zur Schule zu bringen. Zudem werden Parks in den Orten geschossen. Geschäfte, Bars und Restaurants dürfen geöffnet bleiben, wenn sie 50 Prozent weniger Gäste aufnehmen. Außerdem werden Versammlungen von mehr als sechs Personen verboten.

„Jetzt sperren sie uns ein“

Da sich die Maßnahmen vor allem gegen dicht besiedelte und einkommensschwache Viertel richten, kam es am Sonntag in mehreren Bezirken der 6,6 Millionen Einwohner zählenden Stadt zu Protesten. Die Menschen hielten Plakate in die Höhe, auf denen zu lesen war: „Nein zu einer klassenbasierten Abriegelung“ und „Sie zerstören unsere Nachbarschaft und jetzt sperren sie uns ein“.

Einige der Bezirke im Süden der Metropole hatten zuletzt mehr als 1.000 Coronavirus-Fälle je 100.000 Einwohner gemeldet – das ist etwa das Fünffache des nationalen Durchschnitts, der für sich bereits der höchste in der Europäischen Union ist. Am Montag will sich Regionalpräsidentin Ayuso mit dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez treffen und besprechen, wie die Zentralregierung der Region Madrid bei der Bekämpfung der Pandemie helfen kann.

Auch ohne Oktoberfest steigende Zahlen in München

Steigende CoV-Zahlen gibt es indes auch in Deutschland, wo etwa in München am Montag über eine etwaige Verschärfung der Coronavirus-Maßnahmen beraten wird. Denn während in der bayerischen Hauptstadt München seit Samstag als Ersatz für das ausgefallene Oktoberfest eine „WirtshausWiesn“ gefeiert wird, steigen die Infektionszahlen immer deutlicher über den Grenzwert von 50 Neuansteckungen pro Woche und 100.000 Einwohnern.

Deutschlandweit hat das Robert Koch-Institut mit 1.345 Fällen zuletzt zwar erwartungsgemäß eine vergleichsweise niedrige Zahl an Neuinfektionen gemeldet. An Sonntagen wie auch an Montagen sind die gemeldeten Fallzahlen allerdings meist niedriger, weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten an das RKI melden.

Am Samstag war mit 2.297 neuen Coronavirus-Infektionen aber der höchste Wert seit April erreicht worden. „Nach einer vorübergehenden Stabilisierung der Fallzahlen auf einem erhöhten Niveau ist aktuell ein weiterer Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten“, schrieb das RKI dazu in seinem Lagebericht. Der Höhepunkt bei den täglich gemeldeten Neuansteckungen war Ende März, Anfang April bei mehr als 6.000 gelegen.

Für WHO „alarmierend“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte den Anstieg der Infektionen in Europa zuletzt als „alarmierend“ bezeichnet. Eine neuerliche Verschärfung der Maßnahmen gibt es auch in Österreich – diese traten zu Wochenbeginn in Kraft.