Menschen auf Terrasse eines Restaurants
ORF.at/Christian Öser
Westen sperrt um 22.00 Uhr

Schritt zur Rettung des Wintertourismus

Der heimische Tourismus kämpft angesichts immer neuer Reisewarnungen um eine Perspektive für die Wintersaison. Die Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Salzburg verlegen aufgrund der steigenden CoV-Infektionszahlen die Sperrstunde in der Gastronomie auf 22.00 Uhr vor – und hoffen so auf eine Trendumkehr. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) appellierte vor allem an Wien, es den Ländern gleichzutun, bisher vergeblich.

Die Maßnahme in den drei westlichen Bundesländern gilt ab Freitag und soll vorerst auf drei Wochen befristet sein. Die Entscheidung wurde am Montag mit der Bundesregierung abgesprochen – diese hatte ja den Ländern die Möglichkeit für strengere Maßnahmen eingeräumt und begrüßte den Schritt der Länder am Dienstag auch ausdrücklich. Sowohl Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) als auch Kurz bezeichneten den Beschluss als „gut“ beziehungsweise „richtig und wichtig“. Derzeit müssen die Lokale erst um 1.00 Uhr schließen.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) betonte wie seine Partei- und Landeshauptmann-Kollegen Markus Wallner (Vorarlberg) und Wilfried Haslauer (Salzburg) die Notwendigkeit dieser Maßnahme: „Mir ist vollkommen bewusst, dass diese erneute Einschränkung für die ohnehin gebeutelte Gastronomie ein schwerer Schlag ist. Wir müssen diese Maßnahme aber ergreifen, um die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen und wieder abzusenken. Es darf nicht sein, dass die Unachtsamkeit Einzelner die Gesundheit von vielen gefährdet" – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Kampf gegen Reisewarnungen

Auch Haslauer betonte die Dringlichkeit: „Diese Maßnahme zielt darauf ab, einerseits nach der Sperrstunde ‚private Feiern‘ außerhalb von Privatwohnungen in Lokalitäten zu unterbinden, und andererseits auf den Schutz der gesamten Gastronomiebranche. Kurzsichtige Leichtsinnigkeit bringt damit nicht nur eine ganze Branche unter Druck, sondern bedroht unser ganzes Land mit Reisewarnungen und einem zweiten Lockdown“. Aus der Wirtschaft hagelte es in Salzburg aber heftige Kritik an dem Schritt – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Kurz appellierte indessen an die Bundesländer Wien und Niederösterreich, es den westlichen Bundesländern gleichzutun: „Es geht uns darum, Arbeitsplätze zu retten“, sagte Kurz. Je höher die Zahl an Neuinfizierten sei, desto mehr Reisewarnungen und desto weniger Touristen gebe es, das sei ja gerade in der Bundeshauptstadt „höchst problematisch“. Es gebe „klare Regeln“, die für ganz Österreich gelten, darüber hinaus halte er eine „regional abgestimmte Vorgangsweise für durchaus angebracht“. In den vergangenen Tagen habe er deshalb versucht, die Bundesländer für regionale Verschärfungen zu gewinnen.

Bürgermeister Michael Ludwig
APA/Robert Jaeger
„Es braucht eine Situation, an der man sich orientieren kann“, forderte Ludwig

Wien kontert Kurz

In Wien mit dem roten Bürgermeister Michael Ludwig und in Niederösterreich mit Kurz Parteikollegin Johanna Mikl-Leitner als Landeshauptfrau biss der Kanzler bisher aber offensichtlich auf Granit: Er habe versucht, sie dafür zu gewinnen, aber „die beiden Bundesländer folgen derzeit nicht dem Beispiel der westlichen Bundesländer“, sagte Kurz. Das bekräftigte Ludwig am Dienstag: Er sei gegen eine „Hühott-Politik“, bei der bestehende Maßnahmen ständig geändert würden. Für die Bevölkerung sei diese Vorgangsweise inzwischen oft irritierend. „Es braucht eine Situation, an der man sich orientieren kann“ – mehr dazu in wien.ORF.at. Auch die ÖVP-regierten Bundesländer Oberösterreich und Niederösterreich erachten weitere Schritte derzeit nicht für nötig – mehr dazu in ooe.ORF.at und in noe.ORF.at.

Tourismusminister Elisabeth Kšstinger und Arbeitsministerin Christine Aschbacher
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Köstinger und Aschbacher zeigten sich am Dienstag verhalten optimistisch zur Lage auf dem Arbeitsmarkt

Licht und viel Schatten im Tourismus

Dass eine Senkung der Infiziertenzahlen für den Fremdenverkehr im Winter essenziell ist, machte auch Tourismusministerin Elisabeth Köstinger in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Arbeitsministerin Christine Aschbacher (beide ÖVP) klar. Die aktuellen Reisewarnungen, etwa aus den Niederlanden, gelte es „zurückzufahren“, nicht zuletzt Wien müsse dabei „seine Hausaufgaben machen“.

Köstingers Sommerbilanz für den Fremdenverkehr fiel durchwachsen aus: Während es in den klassischen Ferienregionen dank heimischer Urlaubender teils sogar ein Plus gab, wurde der Städtetourismus hart getroffen. Wien etwa verzeichnete einen Rückgang von 86 Prozent bei den Nächtigungen. Für das Gesamtjahr 2020 rechnet das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) für den Tourismus jetzt schon mit einem Einbruch bei den Nächtigungen von bis zu 30 Prozent gegenüber 2019.

Pressekonferenz „Aktuelles zu Arbeitsmarkt und Tourismus“

Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sprachen über Sommertourismus und Arbeitsmarkt.

Kurzarbeit geht in Phase drei

Der Tourismus ist laut den Angaben nach wie vor am stärksten betroffen von der Arbeitslosigkeit, aber auch die Logistikbranche und die Freizeitwirtschaft würden leiden, führte Aschbacher aus. Dank der Kurzarbeit konnten aber alleine im Tourismus fast 100.000 Jobs gesichert werden. Aktuell sind 403.398 Personen beim AMS gemeldet, das sind um rund 75.000 mehr als vor einem Jahr. Im Vergleich zur Vorwoche sank die Zahl der Arbeitslosen um 560. In Kurzarbeit befinden sich 296.486 Personen, 92.000 weniger als vor einer Woche.

Aschbacher sprach von einer „soliden Entwicklung für Mitte September“, saisonale Effekte seien noch nicht in dem Ausmaß eingetreten, wie sie erwartet worden waren. Ab Oktober sei die dritte Phase der Kurzarbeit verfügbar. Für besonders betroffene Branchen soll die Inanspruchnahme dann nicht mehr einer Mindestarbeitszeit von 30 Prozent bedürfen, schon zehn Prozent sollen reichen. Die Unternehmen sollten weiter „Kurzarbeit vor Kündigung“ anwenden, damit die Menschen in Beschäftigung bleiben.