Pflegebedürftige und Pflegerin
ORF.at/Christian Öser
Budget

WIFO-Experte vermisst Pläne abseits CoV

Ein gemischtes Fazit zu den Budgetplänen von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat am Mittwoch WIFO-Experte Christoph Badelt gezogen. Das präsentierte Budget decke Badelt zufolge zwar gut die geplanten Belastungen der Coronavirus-Krise ab. Andere Schwerpunkte wie eine Pflegereform oder weitreichende Pläne für die Ökologisierung würden sich aber nicht niederschlagen.

Es sei ein auf die Coronavirus-Krise konzentriertes Budget „mit all seinen Vor- und Nachteilen“, so Badelt zum Ö1-Mittagsjournal. Alle bisher versprochenen und geplanten CoV-Maßnahmen seien jetzt im Budget ausgewiesen, die Belastungen klar ersichtlich. Das sei gut, aber Badelt merkt auch an, dass „Wirtschaftspolitik nicht nur aus Corona besteht, auch wenn Corona alles dominiert hat“.

Für andere drängende Fragen gebe es „keine wirklichen Antworten“. Dafür habe vielleicht die Energie gefehlt, vielleicht auch die politische Einigkeit. „Wir wissen alle, welche Themen auf dem Tisch liegen“, so Badelt. Er verwies etwa auf das Thema Pflegereform, das sich in Budget und Finanzrahmen nicht niedergeschlagen habe. Ähnliches gelte für das Pensionssystem und die Ökologisierung.

Badelt wünscht sich „Gesamtbild“

Ob ein Sparpaket droht, hänge auch an diesen Themen. Diese würden jedenfalls „vor uns hergeschoben“. Gegenüber der ZIB2 verwies er auch auf die geplante Steuerreform, die noch nicht eingepreist sei. Als positiv wertete Badelt, dass genug für den Arbeitsmarkt budgetiert sei, „um ins Tun zu kommen“. Er hofft, dass der großzügige Rahmen für Haftungen nicht ausgeschöpft werden müsse. Nachschärfungen erwartet er bei der Kurzarbeit, welche die Wirtschaft wohl auch über März hinaus beschäftigen werde.

Experten zum Budget im Zeichen der Coronavirus-Krise

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat am Mittwoch dem Nationalrat sein Budget für 2021 vorgelegt, und das sieht gar nicht rosig aus: Aufgrund der Coronavirus-Krise klafft zwischen Einnahmen (76,4 Mrd. Euro) und Ausgaben (97,4 Mrd.) ein Loch von 21 Mrd. Euro. Experten bewerten das Budget.

Badelt sagte zudem gegenüber der APA: „Wir Ökonomen sagen, das Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Beim vorliegenden Budget sieht man, wie die Politik mit der Krise umgeht, aber nicht was darüber hinaus geplant ist.“ Auch die anstehenden Themen im Finanzausgleich sind noch offen. „Über die politischen Diskussionen in der Post-Corona-Zeit sagt das Budget nichts. Irgendwann wird man aber mehr sehen müssen“, mahnt der WIFO-Chef. Er forderte ein „Gesamtbild“ ein.

Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) Christoph Badelt
APA/Helmut Fohringer
WIFO-Experte Badelt beurteilt das Budget gemischt

CoV-Krise reißt Loch ins Budget

Finanzminister Blümel hatte am Mittwoch im Nationalrat die Zahlen präsentiert. Diesen zufolge reißen die Krise und deren Folgen auch im nächsten Jahr ein tiefes Loch in den Staatshaushalt. Das „administrative Defizit“ werde heuer 28,5 Mrd. Euro betragen, im kommenden Jahr dann 21 Mrd. Euro, sagte Blümel am Mittwoch vor den Abgeordneten.

Budgetrede von Finanzminister Blümel

Die Budgetrede von Finanzminister Blümel stand im Zeichen der CoV-Krise. 2020 und 2021 wird es ein hohes Defizit geben.

Blümel sprach von einer „budgetären Antwort auf die Covid-Krise“. Die „Antwort ist teuer, aber wir können sie uns leisten“, sagte der Finanzminister und verwies auf die „verlässliche“ Budgetpolitik der Vergangenheit, die „Arbeitsplätze in der Zukunft“ rette.

50 Mrd. für Krisenbewältigung

Für die Bewältigung der CoV-Krise stehen laut Blümel heuer und im kommenden Jahr 50 Mrd. Euro zur Verfügung. Ein guter Teil davon sind Haftungen und Steuerstundungen, bei denen die Regierung mit Rückflüssen in Milliardenhöhe rechnet: Das Finanzministerium geht davon aus, dass die Steuerstundungen (6,6 Mrd. Euro) nur zu maximal einem Fünftel, die Haftungen (6,7 Mrd. Euro) zu 30 Prozent schlagend werden.

Grafik zeigt das Budgetsaldo in Prozent des BIP
Grafik: APA/ORF.at, Quelle: Statistik Austria/BMF

Die seit 2015 deutlich gesunkenen Staatsschulden dürften schon heuer von 70,5 auf 84 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen, 2021 auf 84,8 Prozent, 2022 mit 85 Prozent einen neuen Rekordwert erreichen und dann wieder leicht sinken. Das Defizit soll heuer 9,5 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, im kommenden Jahr 6,3 und 2022 3,5 Prozent. Die auf EU-Ebene vorgegebene Dreiprozentgrenze würde laut jetziger Planung erst 2023 (minus 1,9 Prozent) wieder unterschritten.

Gegenüber dem Budgetplan vor der Krise um 2,7 Mrd. Euro aufgestockt wird das Arbeitsmarktbudget, bei dem von heuer bis 2022 700 Mio. Euro für Qualifikationsmaßnahmen („Arbeitsstiftung“) vorgesehen sind. Allein für die Kurzarbeit werden nach heuer 6,8 Mrd. Euro weitere 1,5 Mrd. Euro eingeplant. Mehr Geld gibt es auch für das Innen- und Verteidigungsressort sowie die Bereiche Verkehr und Umwelt. Das Bildungsbudget wird erstmals die Marke von zehn Mrd. Euro überschreiten. Die von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) angekündigte Pflegereform findet sich indes noch nicht im Budget für 2021.

Eine weitere Steuerreform ist im Finanzrahmen bis 2024 nicht eingepreist. An der von ÖVP und Grünen für 2022 angekündigten zweiten Etappe der Steuerreform will Blümel aber festhalten, ebenso an der Abschaffung der kalten Progression. In der ZIB2 verteidigte Blümel den Budgetentwurf.

Finanzminister Blümel zum Budget 2021

Das Budget 2021 ist ein Krisenbudget, das den Arbeitsmarkt retten, den Standort stärken und Emissionen eindämmen soll. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) erklärt die Details im Studio. Außerdem nimmt er auch zum Ausgang der Wien-Wahl Stellung.

Scharfe Kritik von Opposition

Von der Opposition kam herbe Kritik. Für den stellvertretenden SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried zeigt das Budget 2021 die Lust- und Perspektivenlosigkeit der türkis-grünen Regierung. „Weder finden sich ausreichend Mittel im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, den Kanzler Kurz zur ‚Chefsache‘ machen wollte, noch die versprochene Steuersenkung und auch nicht die angekündigten Milliardeninvestitionen etwa in den Klimaschutz“, so Leichtfried in einer Aussendung. Er forderte unter anderem 1.700 Euro steuerfreies Einkommen und eine Klimaschutzmilliarde.

„Was hier geschieht, ist ein Klotzen mit Zahlen und ein Kleckern mit tatsächlichen Unterstützungen“, kritisierte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl. Die Regierung habe in unzähligen Pressekonferenzen immer wieder dasselbe Geld verteilt. „Aber leider nur virtuell verteilt, denn de facto ist bei all jenen, die von den schwarz-grünen Corona-Maßnahmen getroffen wurden, noch so gut wie nichts angekommen“, sagte Kickl. Die Schuld an Hunderttausenden Arbeitslosen liege bei der Regierung mit ihren überschießenden CoV-Maßnahmen und ihrer „knausrigen Entschädigungsbürokratie“.

Meinl-Reisinger sieht „No-Future-Budget“

„Die Bundesregierung setzt den Kurs des bloßen Verwaltens des Gestern fort – in die Zukunft wird wieder nicht investiert“, kritisierte NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger das „No-Future-Budget“ der Regierung. Sie forderte mehr Investitionen in Bildung und klimafreundliche Infrastruktur: „Hier passiert entschieden zu wenig.“

Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB) forderten insbesondere mehr Einsatz gegen die hohe Arbeitslosigkeit. Die Wirtschaftskammer lobte dagegen, dass die Absicherung der „Unterstützungstools“ in der CoV-Krise die nötige Planungssicherheit schaffe.

Dieter Bornemann (ORF) zum Budget 2021

Dieter Bornemann (ZIB-Wirtschaftsredaktion) analysiert, wie das Budgetdefizit 2021 finanziert werden soll.

Freude in den Ressorts

Seitens der Regierungsparteien gab es dagegen Lob für das vorgestellte Budget – vor allem für die zusätzlichen Mittel für die Bereiche Umwelt, Verkehr und Sicherheit. „Mit dem neuen ÖBB-Rahmenplan bringen wir das größte Bahnpaket auf Schiene, das die Republik je gesehen hat. Mehr als 17 Milliarden Euro für Bahnprojekte im ganzen Land sind eine Ansage im Kampf gegen die Klimakrise“, sagte die grüne Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) sprach vom „höchsten Budget in der Geschichte unseres Heeres“. Das Heeresbudget werde um 8,3 Prozent erhöht. Mit dem Geld werde man „viele notwendige Investitionen tätigen, auf die unser Heer schon so lange wartet“, sagte Tanner. „Die Zeit des Stillstandes und des Abbaus ist vorbei.“ ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer hob das gestiegene Budget für die Polizei hervor: „Mehr Personal und moderne Ausrüstung für unsere Polizei bedeuten auch ein Mehr an Sicherheit.“

Die grüne Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer freute sich ebenfalls über „die größte Budgeterhöhung der letzten Jahrzehnte“ im Kulturbereich. „Mein vordringliches Ziel ist, dass ein Gutteil dieser zusätzlichen Mittel dem zeitgenössischen Kunstbetrieb zugute- und bei den einzelnen Künstlerinnen und Künstlern ankommt“, so Mayer.