Hinweisschilder auf der Eingangstüre eines Restaurants
APA/Herbert Pfarrhofer
Maßnahmenmix

Zwischen Klarheit und regionalen Nuancen

Ab Freitag gelten österreichweit neue Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie. Darüber hinaus sind in einigen Bundesländern und Regionen bereits schärfere Verordnungen in Kraft, die von früheren Sperrstunden bis zur vollständigen Quarantäne eines Ortes reichen. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte von der Regierung die zentrale Beschaffung von Antigen-Tests.

Die Idee, Maßnahmen nicht generell österreichweit, sondern nach der Zahl der Neuinfektionen bzw. der Ampelfarbe zu verhängen, hat den Vorteil, dass der Alltag in weniger betroffenen Regionen wesentlich normaler ablaufen kann als dort, wo sich das Virus stark verbreitet. Der Nachteil: Unterschiedliche Regelungen sorgen immer wieder für Verwirrung.

Wie am Montag verkündet wurde, gilt österreichweit weiterhin 1.00 Uhr als späteste Sperrstunde. In Salzburg, Tirol und Vorarlberg haben die Landeshauptleute bereits im September verordnet, dass die Gastronomie um 22.00 Uhr zusperren muss. Ausnahmen gibt es in Salzburg und Vorarlberg aber für Hotelbars, dort darf bis 1.00 Uhr weiter konsumiert werden. Nach dem Vorbild Wiens haben jedenfalls mittlerweile alle Bundesländer bis auf Kärnten, das Burgenland und die Steiermark eine Registrierpflicht in der Gastronomie eingeführt.

Sechs Erwachsene als Höchstzahl drinnen

In ganz Österreich dürfen jedenfalls ab Freitag nur noch sechs Erwachsene (plus minderjährige Kinder) an einem Tisch sitzen. Dieselbe Obergrenze gilt für jegliche Privattreffen außerhalb des eigenen Wohnbereichs. Im Freien dürfen sich insgesamt zwölf Erwachsene treffen. Betroffen sind Zusammenkünfte von Gruppen im Park oder auf dem Spielplatz, ebenso wie sonstige Freizeitaktivitäten. Feiern wie Geburtstage, Taufen und Hochzeiten fallen ebenfalls unter die neue Verordnung – ausgenommen sind die Zeremonien in der Kirche, die wiederum unter die Ausnahmeregelungen für Religionsgemeinschaften fallen – mehr dazu in religion.ORF.at

Nicht betroffen sind Begräbnisse, hier bleibt die Grenze von 500 Personen (abgesehen von regionalen Beschränkungen – etwa in Tirol, wo nur 100 Personen zugelassen sind – mehr dazu in tirol.ORF.at ). Auch der Vereinssport kann weiter stattfinden, sofern ein Präventionskonzept vorliegt. Nicht angemeldetes Fußballspielen mit mehr als zwölf Personen etwa auf der Wiese ist hingegen nicht gestattet.

Größere Treffen müssen angemeldet werden

Neu ist, dass alle Veranstaltungen über den genannten Grenzen (sechs bzw. zwölf Personen) künftig anzeigepflichtig bei der Gesundheitsbehörde sind. Die Bewilligungspflicht für Veranstaltungen gilt weiterhin ab 250 Personen. Für alle Veranstaltungen – indoor wie outdoor – gilt ab Freitag Maskenpflicht. Außerdem dürfen keine Speisen oder Getränke ausgeschenkt werden. Die Maximalzahl bei behördlich genehmigten Veranstaltungen beträgt künftig 1.000 in Gebäuden (bisher 1.500) und 1.500 im Freien (bisher 3.000). Betroffen davon sind unter anderem die Fußball-Bundesliga und die Staatsoper.

Grafik zu verschärften CoV-Maßnahmen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Strenger als die neuen österreichweiten Regeln sind in Bezug auf Veranstaltungen die Tiroler Verordnungen – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Einheitliche Regeln für Alten- und Pflegeheime geplant

Bisher regional geregelt sind die Maßnahmen in Pflege- und Altersheimen. In vielen Bundesländern – etwa Wien – sind die Einrichtungen selbst dafür verantwortlich Regeln und Empfehlungen festzulegen. Wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Montag bekanntgab, ist dazu allerdings auch eine bundesweite Verordnung in Arbeit. Geplant ist eine Mund-Nasen-Schutz-Pflicht in allen allgemeinen Bereichen, routinemäßig sollen Testungen bei Neu- und Wiederaufnahmen von Bewohnern kommen. Hygiene- und Präventionskonzepte für alle Einrichtungen werden verpflichtend, auch soll es zu einheitlichen Regelungen für die Maskenpflicht für Personal und zu regelmäßigen Screenings kommen. Für Besucherinnen und Besucher sind Gesundheitschecks, Voranmeldung und Maskenpflicht geplant.

In Oberösterreich gilt seit Dienstag auf Landesebene bereits eine ähnliche Verordnung – Gäste müssen sich etwa registrieren, während des gesamten Besuchs muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, und pro Heimbewohnerin bzw. Heimbewohner sind maximal zwei Gäste pro Tag erlaubt – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Hinweisschild am Eingang zu einem Pflegewohnhaus
APA/Helmut Fohringer
Die meisten Pflegeeinrichtungen haben ihr eigenes Sicherheitskonzept

Im bisher von einer stärkeren Virusausbreitung verschonten Burgenland ist seit August ein Vier-Phasen-Plan für Alters-, Behinderten- und Pflegeeinrichtungen in Kraft. Generell werden Betreuungsbedürftige nur nach negativer Testung aufgenommen. Wenn Covid-19-Infektionen auftreten, sind Aufnahmen nur in akuten Fällen zulässig. Auch Besuche sind dann nur in Ausnahmefällen, etwa bei palliativ betreuten Klienten, nach Absprache mit der Heimleitung zugelassen.

Strengste Maßnahmen in Kuchl

Österreichweit die strengsten Regeln gelten in der 7.000-Einwohner-Gemeinde Kuchl im Salzburger Tennengau. Der Ort steht seit 17. Oktober wegen sehr stark ansteigender Zahlen unter Quarantäne. Die Zufahrten zum Ort werden von der Polizei kontrolliert, Hotels und Gaststätten bleiben geschlossen, Geschäfte dürfen offen halten. Nur Schlüsselarbeitskräfte können ein- und auspendeln.

Diskussionen über verschärfte CoV-Maßnahmen

Die Regierung hat am Montag Verschärfungen der Coronavirus-Maßnahmen angekündigt. Die neuen Regeln stoßen nicht überall auf Verständnis.

Ob die Quarantäne bereits Auswirkungen auf die Ansteckungszahlen hatte, lässt sich noch nicht erkennen. Noch liegt die Anzahl der positiv diagnostizierten Fälle über die vergangenen sieben Tage pro 100.000 Einwohner (7-Tage-Inzidenz) mit 129 über dem Österreich-Schnitt von 109,9.

Erste Bezirke auf Homeschooling umgestellt

Über die Vorgangsweise an Schulen entscheidet die bundesweite Schulampel. Seit dieser Woche steht sie in zehn Bezirken auf Orange. Betroffen sind Hallein, Salzburg und Salzburg-Land, St. Johann im Pongau (alle Salzburg), Innsbruck und Innsbruck-Land, Schwaz, Landeck, Kufstein und Imst, teilte das Bildungsministerium in einer Aussendung mit. Für Oberstufenklassen heißt das die Umstellung auf Schichtbetrieb oder Homeschooling.

In den betroffenen Schulbezirken regt sich Widerstand. Eltern fürchten, dass ihre Kinder bei der Zentralmatura im Nachteil seien – anders als im Frühjahr, wo der Lockdown alle Schülerinnen und Schüler Österreichs gleichermaßen betroffen habe – mehr dazu in salzburg.ORF.at und tirol.ORF.at.

Privatwohnungen ausgenommen

Von sämtlichen Verordnungen ausgenommen bleibt aber der private Wohnbereich. Treffen in Privatwohnungen sind nach wie vor uneingeschränkt erlaubt – dort würde auch nicht kontrolliert, weil es keine rechtliche Grundlage dafür gebe, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag. „Wir haben kein Interesse daran, im Privatbereich irgendwelche Kontrollen durchzuführen“, betonte auch Anschober am Dienstag. „Die wird es nicht geben, gleichgültig, ob es rechtlich möglich wäre oder nicht“, so der Minister. „Ich glaube auch, dass es auch politisch wichtig ist, den Privatbereich privat zu belassen.“ Als Bundesregierung appelliere man aber an die Eigenverantwortung und empfehle eine Kontaktreduktion auch im Privaten.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner über die neuen CoV-Maßnahmen

SPÖ-Chefin und Infektiologin Pamela Rendi-Wagner spricht über die ab Freitag geltende Verschärfung der CoV-Maßnahmen und den Umgang der Regierung mit der Pandemie.

SPÖ-Chefin für zusätzliche Schnelltests in Pflegeheimen

Nachdem die schnellen Antigen-Tests seit vergangener Woche Teil der überarbeiteten Version der „Österreichischen Teststrategie SARS-CoV-2“ sind, forderte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in der ZIB2 die Regierung auf, zuverlässige Tests zentral zu beschaffen. Grundsätzlich begrüßte Rendi-Wagner diesen Schritt: Es wäre richtig, zusätzlich zur PCR-Methode auch auf Antigen-Schnelltests zu setzen. Aus ihrer Sicht wären diese auch für Besucher von Pflegeheimen notwendig.

„Nur die zuverlässigsten Schnelltests, die von ExpertInnen eingehend geprüft wurden, dürfen zum Einsatz kommen. Dafür muss der Gesundheitsminister strenge Qualitätskriterien festlegen“, forderte Rendi-Wagner, die auf die Kriterien der Sensitivität und Spezifität verwies.

Als dritten Punkt nannte sie bereits in der Teststrategie festgelegte Anwendungen etwa in Spitälern, Schulen sowie in Alters-und Pflegeheimen, erweiterte diese jedoch um große Veranstaltungen. „Auch bei Besuchern von Pflegeheimen sollten diese Schnelltests zum Einsatz kommen“, so Rendi-Wagner. Damit könnte der Isolierung von älteren und pflegebedürftigen Menschen entgegengewirkt werden, wie das auch in Deutschland der Fall sei.