Soldaten des österreichischen Bundesheeres im Bereich des Tatorts in der Seitenstettengasse in der Wiener Innenstadt
APA/Helmut Fohringer
Anschlag in Wien

Opposition erhöht Druck

Die Opposition erhöht nach dem tödlichen Attentat in Wien den Druck auf die Regierung. Während die FPÖ wegen möglicher Ermittlungspannen im Vorfeld des Anschlags eine Anzeige wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch eingebracht hat, pocht die SPÖ auf rechtliche Verschärfungen beim Staatsbürgerschaftsrecht.

„Wenn sich jemand einer terroristischen Organisation anschließt und an Kampfhandlungen teilnehmen will, dann hat er auch kein Recht, die österreichische Staatsbürgerschaft zu besitzen. Eine Person mit der Vorgeschichte des Täters darf nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben und darf sich nicht in Österreich aufhalten“, sagt Vizeklubchef Jörg Leichtfried. „Wir wollen rechtliche Verschärfungen, so dass die Behörde beim Vorliegen bestimmter Tatbestände die Staatsbürgerschaft entziehen muss“, bekräftigte Leichtfried die Forderung des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig. Nach derzeitigem Bundesgesetz sei das nämlich nicht möglich.

Es gab bekanntlich ein Verfahren beim Wiener Magistrat, um dem späteren Attentäter mit Doppelstaatsbürgerschaft die österreichische zu entziehen, weil dieser den Versuch unternommen hatte, sich der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) in Syrien anzuschließen. Da man ihm keine aktive Teilnahme an Kampfhandlungen nachweisen konnte, war die Aberkennung rechtlich nicht möglich. „Hier muss das Gesetz geändert werden“, forderte Leichtfried. Auch im Falle einer drohenden Staatenlosigkeit solle eine Aberkennung möglich sein, so Leichtfried. „Die Regierung ist aufgefordert, eine entsprechende rechtliche Lösung vorzulegen.“

Menschen vor einem Kerzen- und Blumenmeer an einem der Tatorte im Bereich der Seitenstettengasse in der Wiener Innenstadt
APA/Helmut Fohringer
Die Trauer nach dem Attentat ist groß

FPÖ erstattet Anzeige wegen Amtsmissbrauchs

Die FPÖ erstattet unterdessen aufgrund der Ermittlungspannen im Vorfeld des Terroranschlags in Wien Anzeige wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Gerichtet ist sie gegen unbekannte Täter innerhalb der Ermittlungsbehörden. Die Behörden hätten spätestens am 10. September über den versuchten Munitionskauf des späteren Wien-Attentäters in der Slowakei Bescheid gewusst, aber keine Anzeige erstattet und weder die Staatsanwaltschaft noch die Justizbehörden informiert, so der Vorwurf.

In der der APA vorliegenden Anzeige wird darauf verwiesen, dass die österreichischen Behörden schon am 23. Juli 2020 über den versuchten Munitionskauf in Kenntnis gesetzt wurden – ein Umstand, der aus einem schon am Mittwoch bekanntgewordenen Schreiben der slowakischen nationalen Kriminalagentur hervorgeht.

Stellen sollen informiert gewesen sein

Am 10. September informierte laut diesem Schriftstück dann die österreichische Verbindungsstelle von Europol die slowakischen Behörden darüber, dass einer der beiden gescheiterten Munitionskäufer der österreichischen Polizei bereits damals in Zusammenhang mit Terrorismus bekannt war. Auch wurde darauf verwiesen, dass der Betroffene (der spätere Wien-Attentäter) im Jahr 2019 in einem Terrorprozess als IS-Sympathisant zu 22 Monaten Haft verurteilt worden war.

In der von FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingebrachten Anzeige wird auch erwähnt, dass laut einem Bericht des Nachrichtenportals Zackzack.at diese Informationen an die Abteilungen „Nachrichtendienst“ sowie „Terrorismus und Extremismus“ im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ergangen sein sollen. Auch das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT Wien) sei informiert worden.

Aktion scharf in Gefängnissen

Unterdessen führten die Justizanstalten nach dem Anschlag in Wien eine Aktion scharf in Gefängnissen durch und machten dabei einige Beschlagnahmungen. Insassen, die wegen Terrorismusdelikten inhaftiert sind, Radikalisierungstendenzen oder sonstige Auffälligkeiten zeigten, wurden überprüft, teilte das Justizministerium Samstagfrüh mit.

Die Maßnahmen umfassten Haftraumdurchsuchungen, Personendurchsuchungen und Betriebsraumdurchsuchungen. Die 186 eingesetzten Justizwachebeamten durchsuchten insgesamt 168 Hafträume, 30 Betriebe und 229 Insassen. Zwölf Justizanstalten, sechs davon in Niederösterreich, meldeten Funde, die einer eingehenden Prüfung unterzogen werden – mehr dazu in noe.ORF.at und wien.ORF.at.

Es handle sich dabei größtenteils um Schriftstücke, die nun auf allfällige extremistische Hintergründe überprüft werden. Über die Ergebnisse wurden die zuständigen Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung informiert bzw. wurde Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet, hieß es in der Aussendung des Ministeriums. Der Besitz von Mobiltelefonen, Internet- bzw. USB-Sticks etc. ist für Insassen verboten. Dennoch werden Wege gefunden, unerlaubte Gegenstände in die Justizanstalt zu bringen. Zur Abwehr solcher Vorfälle werden laufend Gefahren- und Risikoanalysen durchgeführt. Zuletzt fand eine umfassende Analyse im Oktober 2020 statt.