Geschäftslokaltüre mit dem Schild „Sorry, we’re closed“
APA/Barbara Gindl
Lockdown bis 6. Dezember

Erste Details zu neuen Maßnahmen bekannt

Samstagnachmittag stellt die Regierung die verschärften Maßnahmen zur Eindämmung der CoV-Infektionszahlen vor. Schon am Vormittag wurden erste Details aus dem Entwurf der „Covid-19-Notsituationsverordnung“ bekannt. Ab kommenden Dienstag sollen demnach die derzeit geltenden Ausgangsbeschränkungen in der Nacht auch tagsüber gelten.

Auch die Kontakte werden klarer geregelt. Abseits der eigenen Haushaltszugehörigen darf man laut Entwurf für die Zeit des zweiten Lockdowns künftig nur noch den Lebenspartner, „einzelne engste“ Angehörige bzw. „einzelne wichtige Bezugspersonen“ treffen. Die Verordnung soll ab Dienstag 0.00 Uhr gelten und voraussichtlich bis 6. Dezember, 24.00 Uhr, in Kraft sein.

Auch die Betreuung bzw. Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie die „Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten“ ist gestattet. Ebenfalls unter die Ausnahme „notwendige Grundbedürfnisse“ fällt die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens (Einkäufe) und die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen. Auch Wege zur Deckung des Wohnbedürfnisses sowie religiöse Gründe wie Friedhofsbesuche und „individuelle Besuche von Orten der Religionsausübung“ sind davon umfasst, auch die Tierversorgung wird explizit erwähnt.

Sport im Freien weiter möglich

Erlaubt bleiben weiterhin berufliche Tätigkeiten und Ausbildungen, sofern diese erforderlich sind. Klargestellt wird auch, dass man für unaufschiebbare Behörden- oder Gerichtsgänge den Wohnbereich verlassen darf, ebenso zur Teilnahme an gesetzlich vorgesehenen Wahlen oder zur Teilnahme an Volksabstimmungen oder -befragungen – und auch zur Abwendung von unmittelbaren Gefahren für Leib, Leben und Eigentum.

Sport und Spaziergänge im Freien bleiben weiter möglich. Es werden aber sämtliche Sportanlagen für Amateure gesperrt – also auch jene, bei denen es nicht zu Körperkontakt kommt wie etwa bei Leichtathletikanlagen und Eislaufplätzen. Dafür können Profis ihrem Sport in Teams künftig selbst dann nachgehen, wenn sie positiv getestet, aber wohl nicht mehr ansteckend sind.

Frau in Wald
Reuters/Leonhard Foeger
Spaziergänge im Freien sind weiter möglich. Sportanlagen für Amateure werden aber gesperrt.

Friseure sollen auch schließen

Der Verordnungsentwurf sieht auch eine Sperre des Handels vor. Einkaufen wäre dann auf Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Drogerien und Trafiken beschränkt. Auch Banken und Post-Filialen sind offen. Körpernahe Dienstleistungen sollen laut Entwurf aber schließen – darunter auch die Friseure, die während des derzeit geltenden Teillockdowns noch offen halten durften. Überall, wo es möglich ist, soll auf Homeoffice umgestellt werden.

Von der Schließung des Handels sollen Agrar- und Tierfutterhandel, Tankstellen, Abfallentsorger sowie Fahrrad- und Kfz-Werkstätten ausgenommen sein. Die Öffnungszeiten bleiben auf 6 bis 19 Uhr limitiert. Im Veranstaltungsbereich darf weiter an religiösen Zusammenkünften teilgenommen werden. Begräbnisse sind auf 50 Personen limitiert. Im künstlerischen Bereich sind weiter Proben erlaubt.

Friseurin und eine Kundin mit Schutzmaske
APA/Barbara Gindl
Körpernahe Dienstleistungen, darunter Friseure, sollen auch schließen

Kontaktbeschränkungen auch in Spitälern

Zuletzt gab es in Spitälern keine zahlenmäßigen Beschränkungen für Besuche. Mit der neuen Verordnung soll laut Entwurf nur noch ein Besuch pro Woche und Patient möglich sein – und das auch nur, wenn der Erkrankte oder Verletzte mehr als sieben Tage aufgenommen wird. Schwangere dürfen bei Untersuchungen aber von einer Person begleitet werden – auch bei der Geburt. Ebenfalls andere Regeln vorgesehen sind für Minderjährige und unterstützungsbedürftige Personen. Sie können von zwei Personen in die Krankenanstalt begleitet und dort auch besucht werden.

Mitarbeiter in Spitälern müssen einmal pro Woche einen Antigen- oder molekularbiologischen Test absolvieren. Ist dieser positiv, gibt es trotzdem eine Möglichkeit, dass sie im Einsatz bleiben, nämlich dann, wenn mindestens 48 Stunden Symptomfreiheit vorliegt und aufgrund des CT-Werts von über 30 davon ausgegangen werden kann, dass keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Stehen nicht ausreichend Tests zur Verfügung, muss bei Patientenkontakt durchgehend eine höherwertige Maske getragen werden.

Dieselben Regeln gelten für Beschäftigte in Pflegeheimen. Diese müssen aber durchgehend einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Besuche im Rahmen der Palliativ- und Hospizbegleitung sind von den Restriktionen ausgenommen.

Schulen und Kindergärten sollen bis 6. Dezember schließen

Heftige Debatten hat es in den vergangenen Tagen rund um die Frage von Schulschließungen gegeben. Die Schulen sollen in einer eigenen Verordnung des Bildungsministeriums geregelt werden. Dieser Entwurf liegt zwar noch nicht vor, es soll aber schon fix sein, dass alle Schulen ebenfalls bis inklusive 6. Dezember auf Fernunterricht umstellen und es nur für den Notfall eine Betreuung (und keinen Unterricht) in den Schulen geben wird. Auch die Kindergärten dürften großteils schließen.

Die Schüler und Schülerinnen der Oberstufe sind ja bereits seit Beginn des Teil-Lockdowns auf Distance-Learning umgestellt. Der Widerstand gegen eine Ausweitung der Schulschließungen war enorm mit einer breiten Front von Wirtschafts- und Ärztekammer, NGOs, Opposition, Kinderärzten und Bildungsexperten.

Noch am Samstag warnte Christoph Klein von der Arbeiterkammer Wien, sollte das Maßnahmenpaket der Regierung Schulschließungen beinhalten, würde das „schwerwiegende Folgen nicht nur für die Kinder und Eltern, sondern auch für die Arbeitswelt und damit die österreichische Wirtschaft“ nach sich ziehen. Man könne von rund einer halben Million Arbeitnehmern ausgehen, die akut Betreuung organisieren müssten. Denn selbst wenn Eltern im Homeoffice sind, bedeute das nicht, dass Kinder automatisch betreut seien. Zuvor hatte schon das WIFO vor „hohen individuellen und gesellschaftlichen Kosten“ bei Schulschließungen gewarnt.

Eltern klagen über kurze Umstellungszeit

Eine Umstellung der Schulen auf Distance-Learning sei von heute auf morgen unmöglich, warnt der Elternvertreter Joris Gruber in Oberösterreich. Der Wechsel brauche Vorbereitungszeit – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Aus den Schulen selbst war vor dem Wochenende sehr Unterschiedliches zu hören. Manche Eltern berichteten, dass weder sie noch ihre Kinder Informationen zu möglichen Schließungen erhalten hätten. Zugleich berichteten Elternvertreter, dass an vielen Volksschulen den Kindern bereits am Donnerstag und Freitag sämtliche in den Klassen befindlichen Schulsachen mitgegeben worden seien.

Bildungspsychologin Spiel über Fernunterricht

Die Schulen stehen also wieder vor einer Sperre. Bildungspsychologin Christiane Spiel erläutert, welchen Effekt das auf die Schüler hat.

Hohe Frequenz in Einkaufszentren

Angesichts der bevorstehenden Schließung des Handels verzeichneten Einkaufszentren im Westen Österreichs eine hohe Frequenz. Dazu dürfte auch beigetragen haben, dass manche Geschäfte mit hohen Rabatten lockten. Der Handel befürchtet Auswirkungen auf das Weihnachtsgeschäft – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

„Für unsere Branche ist der harte Lockdown das Worst-Case-Szenario. November und Dezember sind die beiden umsatzstärksten, wichtigsten Monate des Geschäftsjahres. Pro Lockdown-Woche rechnen wir im Non-Food-Handel mit einem Umsatzausfall von mindestens 900 Millionen Euro“, rechnete der Handelsverband am Samstag in einer Aussendung vor.

Auch in Wiener Einkaufszentren und vor zahlreichen Geschäften bildeten sich vor den Liften Schlangen – mehr dazu in wien.ORF.at. „Seit gestern ist es wirklich arg“, sagte ein Verkäufer. Die Menschen seien sehr aggressiv: „Die Stimmung ist wirklich seltsam.“

Vbg.: Landesrat will auch Produktionsbetriebe schließen

In dem ebenfalls mit stark steigenden CoV-Zahlen kämpfenden Vorarlberg sorgte der Umweltlandesrat Johannes Rauch (Grüne) mit seinem Vorstoß für Aufregung. Er hatte via Twitter argumentiert, dass bei einer Verschärfung des Lockdowns auch Produktionsbetriebe geschlossen werden müssten.

Für den Vorarlberger Wirtschaftskammer-Präsidenten Hans Peter Metzler ist das der völlig falsche Ansatz – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Als vollkommen „weltfremd und unverantwortlich“ bezeichnet IV-Vorarlberg-Präsident Martin Ohneberg die Aussagen Rauchs.

Kogler kritisiert Management durch Bundesländer

Unterdessen übte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bei der Landesversammlung der Salzburger Grünen Kritik am Handeln mancher Bundesländer bei der Bekämpfung der Pandemie in den vergangenen Monaten. „Wir haben einen gewissen Vorsprung verspielt“, sagte er in einer Videokonferenz. Nach dem wirkungsvollen Lockdown im Frühjahr habe sich über den Sommer und Herbst etwas angestaut, was nun explodiert sei.

Kogler warf – ohne Namen zu nennen – einzelnen Bundesländern eine mangelnde Vorbereitung auf die zweite Welle vor. Die Länder hätten überhaupt nicht vorgesorgt, Möglichkeiten parat zu haben, wenn es wie zuletzt zu einer dynamischen Entwicklung bei den Zahlen kommt. „Das ist nicht hinnehmbar. Wir haben ein politisches Problem mit einem falsch verstandenen Föderalismus.“

Abmachungen „wenig und zum Teil gar nicht“ eingehalten

Wenn sich Bund, Länder und Bezirksebene abstimmen und Abmachungen zur regionalen Bekämpfung der Pandemie – Stichwort CoV-Ampel – treffen, sollten diese auch eingehalten werden, forderte Kogler ein. „Das ist wenig und zum Teil gar nicht passiert. Das wäre aber die Voraussetzung gewesen, damit kleinere und größere Cluster nicht zu einer unkontrollierten Ausbreitung führen.“

So habe zunächst nur das Land Salzburg Maßnahmen gesetzt, als es die massiven Fallzahlen in einzelnen Bezirken erforderlich gemacht haben. „Das war richtig. Wir müssen für die Zukunft aber feststellen, dass das von den Bundesländern in völlig unterschiedlicher Form gehandhabt wurde.“ Gerade Länder, die am stärksten betroffen seien, würden sich seit Wochen zurücklehnen und nach Maßnahmen des Bundes rufen, wohl auch, um nicht selbst unpopuläre Schritte setzen zu müssen.