Vizepräsident Werner Kogler
ORF
„Fix ist nix“

Kogler bleibt bei Lockdown-Ende vage

Mögliche Lockerungen nach dem harten Lockdown will Vizekanzler und Bundessprecher der Grünen, Werner Kogler, nicht versprechen. „Fix ist in diesen Zeiten nix“, sagte er am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“. Sein persönliches Anliegen sei aber, die Schulen wieder völlig zu öffnen. Für den Handel wolle er bis Weihnachten so viele Öffnungstage wie möglich.

„Ich gehe davon aus, dass wir das Ziel erreichen“, sagte Kogler auch in Hinblick auf eine Wiederaufnahme des Schulunterrichts in den Oberstufen. Ob das wie vorgesehen ab 7. Dezember stattfinde, sei jedoch von den Infektionszahlen und der Dynamik der Pandemie abhängig. Der Reproduktionsfaktor müsse dafür „mehrere Wochen lang spürbar unter eins liegen“.

Das Schließen der Schulen verteidigte Kogler. Diese seien zwar keine Infektionstreiber wie andere gesellschaftliche Ereignisse, allerdings komme es auch dort zu Übertragungen des Virus. „Bildung ist auch ein großer volkswirtschaftlicher Faktor“, sagte der Vizekanzler. Auch darum müsse alles getan werden, dass dort am 7. Dezember – mit zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen – geöffnet werden kann.

Massentests „gescheit und schlau“

So sollen sich am Wochenende vom 5. und 6. Dezember und somit zum Ende des harten Lockdowns alle 200.000 Lehrerinnen und Lehrer testen lassen können. Die Ankündigung der Massentests durch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der ORF-„Pressestunde“ vergangene Woche habe ihn nicht überrascht: „Wir haben ja vorher darüber gesprochen.“ Er halte es für „gescheit und schlau, bestimmte Gruppen zu testen“.

Schulöffnung im Dezember?

Von den Zahlen hängt es ab, wie die weiteren Öffnungsschritte nach dem 7. Dezember aussehen. Das sollen zunächst Schulen und der Handel sein, doch versprechen will Vizekanzler Werner Kogler nichts.

Dabei solle man allerdings nicht unkoordiniert und wahllos vorgehen, forderte Kogler. Dass sich alle, die es wollen, vor Weihnachten testen lassen können, konnte Kogler nicht garantieren. „Garantien gebe ich aber nicht ab – und schon gar nicht für etwas, wofür ich nicht zuständig bin“, sagte Kogler. Ziel sei aber, dass die meisten getestet werden können. Vorbild sei Südtirol, wobei dessen Einwohnerzahl mit rund einer halben Million viel geringer ist.

„Schrittweise“ Öffnung im Handel

Auch die vom Handel erhofften Lockerungen dürften halten. Dabei könne aber nur „schrittweise und behutsam“ vorgegangen werden. Es werde etwa gut sein, wenn man bis zum Heiligen Abend „so viele Öffnungstage wie möglich“ sicherstellen kann, damit auch eine gewisse Entflechtung der Kunden stattfindet. Wobei bisher „verhaltensauffällige“ Möbelhäuser und Einkaufszentren verstärkt kontrolliert werden sollen. „Wir sollen nicht jedes Geschäft kontrollieren, aber dort, wo Verdacht besteht, müssen wir es machen.“ Er halte darüber Rücksprache mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).

Kogler ist es nicht egal, wie die Handlungsstruktur in ein bis zwei Jahren aussieht. Der Onlinehandel sei derzeit „massiv bevorzugt“, daher müsse es großzügige Hilfe für Handelsbetriebe geben, sagte Kogler und nannte den Umsatzersatz von 80 bis 20 Prozent. „Alle wird man nicht retten können, aber alle, die ohne die Krise gut gewirtschaftet hätten, wollen wir retten.“ Es gehe schließlich um Arbeitsplätze. Um Überförderungen zu vermeiden, sei aber an eine Deckelung der Hilfen angedacht.

Skiurlaub, Waffengeschäfte und Buchhandel

Ob etwa ein Skiurlaub bald stattfinden kann, hängt laut Kogler einerseits von der Eindämmung des Infektionsgeschehens, andererseits vom Zutrauen aus dem Ausland – Stichwort: Reisewarnungen – ab. „Viel wichtiger ist der Blick auf das große Ganze. Es geht darum, dass wir uns aus der Krise rausinvestieren“, so Kogler unter Verweis auf eine Modernisierung durch Ökologisierung und Digitalisierung. Hoffnung für den Arbeitsmarkt besteht für Kogler auch wegen des Umwelt- und Klimaschutzprogramms, das Zehntausende Jobs generieren soll.

Vizepräsident Werner Kogler in der ORF-Pressestunde
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Kogler (links im Bild) hält sich zu CoV-Lockerungen bedeckt

Dass Waffengeschäfte offen bleiben dürfen, verteidigte Kogler. An Privatnachfrager soll ab nächster Woche ohnehin keine Waffe mehr verkauft werden dürfen. Büchsenmacher seien aber wichtig, damit Jäger ihre Arbeit erledigen können – etwa wenn es Tierseuchen gibt. Dass Buchhandlungen dagegen schließen mussten, schmerze ihn. Es sei den Buchhändlern aber möglich, Bücher zu versenden, sagte Kogler, der Onlinehandel sei möglich. Zugleich verwies er auf die Reduktion des Mehrwertsteuersatzes von 20 auf fünf Prozent.

Auch die Schließung der Kulturbetriebe verteidigte Kogler: „Es ging darum, einmal überhaupt die Kontakte zu reduzieren, in allen gesellschaftlichen Bereichen.“ Wie etwa der Sport habe aber auch diese Branche das Anrecht, entsprechend unterstützt zu werden. Dass die Maßnahmen generell zu spät gekommen sind, fand der Vizekanzler nicht, gibt aber zu, dass die zweite Welle „eine Spur unterschätzt wurde“.

Contact-Tracing innerhalb von 24 Stunden

Danach werde es vor allem um die regionale Bekämpfung der Ausbreitung des Virus und ein Contact-Tracing innerhalb von 24 Stunden gehen, sagte Kogler, der dabei vor allem die Bundesländer in die Pflicht nahm. Er sicherte aber zu, bei Bedarf noch mehr Personen zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Das Coronavirus-Management der Regierung möchte er erst in einem Jahr bewerten.

Antiterror: Verfassungsänderung nicht ausgeschlossen

Auch die Reaktion der Regierung mit dem geplanten Anti-Terror-Paket auf den Anschlag in Wien verteidigte Kogler. Er versprach dabei die Einhaltung von Grundrechten, denn: „Wir können Elemente des liberalen Rechtsstaats bei der Gelegenheit nicht gleich entsorgen.“ Und es gehe auch um eine Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) „an Haupt und Gliedern“. Denn: „Es ist offenkundig, dass im BVT massive Missstände herrschen.“

Das Ziel müsse sein, „dass gefährlich erkannte Rückfallstäter erstens überwacht werden können (möglicherweise mit elektronischen Hilfsmitteln) und zweitens im Maßnahmenvollzug eine Unterbringung vorzusehen“. Wenn dafür eine Verfassungsänderung nötig ist, müsse man darüber reden. Auch an der Haltung seiner Partei gegenüber der Flüchtlingsaufnahme aus dem Lager Moria habe sich nichts geändert. Das sei eine „wichtige Sache, dafür engagiere ich mich“. Den Koalitionspartner ÖVP habe man dabei aber noch nicht überzeugt, bedauerte er.

Keine „Machtwörter“ zu Wiener Grünen

In den Streit bei den Wiener Grünen nach der Landtagswahl will sich Kogler laut eigenem Bekunden nicht allzu sehr einmischen: „Wir sind nicht so organisiert, dass da mit Machtwörtern ‚herumgepfudelt‘ wird.“ Er zeigte sich zuversichtlich, dass Birgit Hebein auch weiterhin Parteichefin bleiben könnte. Bei den Personalentscheidungen des Rathausklubs handle es sich um ein demokratisches Votum. Zudem gebe es in Wien die Chance auf eine „hervorragende Neuaufstellung“, wie Kogler sagte. Schließlich habe man nun eine neue Rolle als Oppositionspartei. „Eine große Parteikrise sehe ich nicht“, so Kogler.

Opposition sieht Kogler im „Blindflug“

Kein gutes Haar an Koglers Aussagen ließ die Opposition am Sonntag. Für die SPÖ hat der Vizekanzler lediglich den „moderierenden Oberkommentator“ gegeben, für die FPÖ befindet er sich „im Blindflug durch den Lockdown“ und für NEOS putzt er sich an den Ländern ab.