Ein Bundesheersoldat macht einen Coronatest
APA/Barbara Gindl
Massentests

Heer will Warteschlangen vermeiden

Die Planung für die vorweihnachtlichen CoV-Massentests ist voll angelaufen. Eine zentrale Rolle wird dabei dem Bundesheer zukommen: Dieses will lange Warteschlangen wie in der Slowakei vermeiden und setzt voll auf Digitalisierung. Was auch schon klar ist: Eine Mobilmachung, um mehr Personal zur Verfügung zu haben, wird es nicht geben.

Aus den Erfahrungen in der Slowakei und Südtirol setzt Österreich bei den kommenden Massentests voll auf eine digitale Abwicklung. Von der Anmeldung über die Terminbuchung bis zum Ergebnis solle alles über ein einziges Programm laufen, sagte der Stabschef von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), Generalmajor Rudolf Striedinger, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Damit sollen Menschenansammlungen im Verlauf der Tests vermieden werden.

Striedinger sagte, dass die Anfang Dezember geplante Durchtestung bei Lehrerinnen und Lehrern, Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen und der Polizei logistisch für das Bundesheer kein Problem sei. Die breite Bevölkerungstestung sei dagegen alleine durch das Heer nicht machbar, denn „eine Mobilmachung des Bundesheeres ist nicht vorgesehen“.

Eigenes Programm in Entwicklung

Wie aufwendig und personalintensiv die Massentests sind, zeigen die Zahlen aus der Slowakei. Dort wurden in der ersten Runde mehr als 3,6 Millionen Menschen getestet. Das Land hat 5,5 Millionen Einwohner, alle Zehn- bis 65-Jährigen waren zum Tests aufgerufen. Zur Abwicklung waren 40.000 Personen im Einsatz, darunter 10.000 Soldaten und 10.000 Polizisten, so Striedinger.

In der Slowakei habe es keine elektronische Voranmeldung gegeben, die Menschen hätten an Ort und Stelle auf ihre Ergebnisse gewartet, dadurch hätten sich lange Warteschlangen gebildet, sagte Striedinger. Solche Ansammlungen will man in Österreich vermeiden – umso mehr, als das Wetter deutlich unfreundlicher sein dürfte – und setzt daher sehr stark auf Digitalisierung. Von einer externen Firma werde ein eigenes Programm entwickelt, das von der Anmeldung über die Terminbuchung bis zum Ergebnis alles abwickeln soll.

Vorbereitungen auf CoV-Massentests

Bis Weihnachten will die Regierung weite Teile der österreichischen Bevölkerung auf das Coronavirus testen lassen. Über den Ablauf dieser Massentests haben Regierung und Länder am Montag beraten. Die Vorbereitungen laufen.

Für die Massentests der gesamten Bevölkerung, die vor Weihnachten stattfinden sollen, sieht die Sache anders aus. Eine Durchführung, wie sie bei den Lehrern geplant ist, werde für die Masse „so nicht funktionieren“. Diese Tests würden sich daher viel stärker auf Gemeindeebene und auf Ebene der Städte abspielen, so Striediger. Eine Möglichkeit sei es, sich wie in der Slowakei an Wahlsprengel anzulehnen.

Sofortige Quarantäne in Südtirol

In Südtirol wurden an drei Tagen 300.000 Menschen getestet, wobei die Behörden vom großen Andrang überrascht gewesen seien. Zur Durchführung der Tests wurden die Kapazitäten auf Gemeindeebene herangezogen. Die Infrastruktur wurde durch die Gemeinden festgelegt, auf Basis von Vorgaben des Zivilschutzverbandes. Die Abnahme der Tests erfolgte durch Sanitätspersonal (Rotes Kreuz, Weißes Kreuz). Weitere Unterstützung vor allem im ländlichen Bereich erfolgte durch die Feuerwehr.

Insgesamt wurden knapp 1.000 Personen des Sanitätspersonals, 700 Personen Administration, 900 Personen der Feuerwehr und sonstiges Unterstützungspersonal eingesetzt, schilderte Striedinger. Überrascht war man auch von der geringen Zahl (ein Prozent) an positiven Tests. Gerechnet habe man mit fünf Prozent.

Wer positiv getestet wurde, der wurde sofort in zehntägigen Isolation geschickt. Dabei wurde keine Prüfung der Ergebnisse des Antigen-Tests durch einen PCR-Test durchgeführt, weil man die Antigen-Tests für ausreichend sicher befunden habe. In Österreich gibt es dazu noch keine Festlegung.

Ärztekammer-Präsident: „Logistische Herausforderung“

Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres zeigte sich zuversichtlich, dass die ersten Massentests noch vor Weihnachten stattfinden können. „Es ist eine logistische Herausforderung und es werden alle zusammenarbeiten müssen, um diese Herausforderung zu meistern“, sagte er in der ZIB2. Grundsätzlich hält Szekeres die Maßnahme für sinnvoll.

Ärztekammer-Präsident Szekeres zu Massentests

Der Präsident der Ärztekammer, Thomas Szekeres, erklärte in der ZIB2, die geplanten CoV-Massentests seien sinnvoll, aber eine „logistische Herausforderung“.

Auch Szekeres, der als Ärztekammer-Präsident laufend im Gespräch mit der Regierung ist, hält Massentestungen nur dann für effektiv, wenn diese in Abständen wiederholt werden, was auch geplant sei. Auch er nannte als Vorbild Südtirol, wo dieses Vorgehen bereits funktioniert habe. Ein „Freibrief zum Partyfeiern“ sei ein negativer Test allerdings nicht, hielt er fest, aber: „Es ist eine Aktion, die hoffentlich auch hilft, einen dritten Lockdown zu verhindern.“

Experte: Bundesheer darf nur Assistenz leisten

Peter Bußjäger, Professor am Institut für öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre an der Uni Innsbruck, betonte, dass das Bundesheer nicht die Leitung über die Massentests innehaben dürfe. Das sei im Regierungspapier, in dem es heiße, dass die organisatorische und logistische Abwicklung der Massentests beim Bundesheer liege, „sehr unscharf“ formuliert. „Das Bundesheer muss die Behörden unterstützen und nicht die Behörden das Bundesheer.“

Das Bundesheer könne auch keine Bescheide ausstellen, betonte Bußjäger. Alle Absonderungsbescheide müssten durch die Gesundheitsbehörde, also die Bezirksverwaltungsbehörde ergehen. Das Heer könne bei der Durchführung der Tests lediglich Assistenz leisten. „Die Tests selbst müssen unter der Verantwortung und Leitung der Gesundheitsbehörde erfolgen, genauso wie jede behördliche Maßnahme in Zusammenhang mit diesen Tests.“

CoV-Massentests kommen

Das Vorhaben von Bundeskanzler Sebastian Kurz, nach dem Lockdown die ganze Bevölkerung flächendeckend auf CoV zu testen, hat viele überrascht. Ein Massentest soll das Weihnachtsfest retten, ohne dass das Land danach in einen dritten Lockdown gehen muss.

Eine Änderung dessen wäre aus Sicht Bußjägers „sicherlich nicht durch ein einfaches Gesetz möglich. Ich hielte es auch für äußerst problematisch, das Bundesheer in einer zivilen Notstandssituation dazu zu ermächtigen, selbstständig behördliche Akte zu vollziehen.“

Nur Gesundheitspersonal zu Tests verpflichtbar

Zu Tests verpflichtet werden können nach Ansicht Bußjägers nur Personen im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen. „Außerhalb jener Dienste, die beruflich im Gesundheitsbereich arbeiten, also der Mitarbeiter in Spitälern und Pflegeheimen, sehe ich keine gesetzliche Grundlage, dass man bestimmte Personen zu einem Test verpflichtet.“

Auch beim Lehrpersonal sehe er diese Möglichkeit nicht. Dieses könne auch nicht über Umwege dazu gezwungen werden. Allerdings könne es sehr wohl sein, dass der Dienstgeber es „in irgendeiner Weise sanktioniert“, wenn sich der Dienstnehmer nicht testen lässt, etwa indem eine bestimmte Tätigkeit nicht ausgeübt werden darf. Dass Lehrern, die sich nicht testen lassen, vorgeschrieben werden könnte, eine FFP2-Maske zu tragen, sei möglich, wenn der fachliche Nachweis erbracht werde, dass es notwendig und angemessen ist.

Auch nach Ansicht des Arbeitsrechtlers Martin Gruber-Risak von der Universität Wien könnte zwar das Gesundheitspersonal, etwa in Altersheimen oder in Pflegeeinrichtungen, unter den derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen dazu verpflichtet werden, an den Massentestungen teilzunehmen – dass das auch auf Lehrpersonal zutreffen könnte, bezweifelt er ebenfalls. „Eine Verpflichtung, sich testen zu lassen, ist höchstwahrscheinlich dort zulässig, wo das Risiko einer Ansteckung sehr hoch ist bzw. die Folgen der Ansteckung gravierend“, sagte Gruber-Risak zur APA.

Frage der Verhältnismäßigkeit

Ob eine gesetzliche Verpflichtung für die gesamte Bevölkerung verfassungskonform wäre, sei fraglich, sagte Bußjäger. „Angesichts der Tatsache, dass der Test nur einen Momentzustand wiedergeben kann, stellt sich die Frage, ob ein solcher Eingriff verhältnismäßig ist.“

80 Teststationen in Vorarlberg

In Vorarlberg soll es für die allgemeine Bevölkerung 80 Teststationen für die CoV-Massentests geben, sagte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag. Er appelliert an die Bevölkerung, sich an den freiwilligen Tests zu beteiligen, um die hohen Infektionszahlen in Vorarlberg einzudämmen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at .