Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser steht im Eingang zum Gerichtssaal am Wiener Straflandesgericht
APA/Roland Schlager
Nach drei Jahren

Tag der Entscheidung im BUWOG-Prozess

Nach drei Jahren Verhandlung werden Freitagvormittag im BUWOG-Prozess die Urteile verkündet. In 168 Verhandlungstagen wurde der Vorwurf der Korruption gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/parteilos), Walter Meischberger, Peter Hochegger und weitere Angeklagte geprüft. Es geht um Millionenzahlungen rund um die Bundeswohnungsprivatisierung und das Linzer Bürohaus Terminal Tower.

9,6 Millionen, ein Prozent der Kaufsumme, zahlten die siegreichen Bieter Immofinanz/RLB OÖ 2004 bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (BUWOG und andere Wohnbaugesellschaften) an Meischberger und Hochegger. Der Zuschlag für 961 Mio. Euro lag nur eine Mio. Euro über dem der CA Immo.

Bei der Einmietung der Finanzbehörden in das Linzer Bürohaus Terminal Tower flossen laut Anklage 200.000 Euro als Provision. Beides soll laut Anklage Schmiergeld für Grasser und seine Partner gewesen sein, die im Gegenzug wichtige Informationen an die siegreichen Bieter weitergegeben haben sollen. Meischberger gab an, die entscheidenden Informationen vom – mittlerweile verstorbenen – Ex-FPÖ-Chef und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider bekommen zu haben.

Angeklagter Walter Meischberger im Wiener Straflandesgericht, im Hintergrund Ex-Finanzminister und ebenso Angeklagter Karl Heinz Grasser
APA/Hans Punz
Meischberger wies wie Grasser jegliche Schuld von sich

Laut Anklage floss das Geld aus dem BUWOG-Deal über eine Gesellschaft Hocheggers auf Zypern, die Astropolis, über die US-Briefkastenfirma Omega nach Liechtenstein, wo es bar abgehoben und bei derselben Bank wieder bar eingezahlt wurde. Alleine dafür erhielt Omega fünf Prozent von der Millionenprovision. In Liechtenstein wurde das Geld zu gleichen Teilen auf drei Konten aufgeteilt, die laut Anklage Grasser, dem Lobbyisten Meischberger und dem Immobilienmakler Ernst Plech gehören – was alle drei bestreiten. Meischberger gibt an, alle drei Konten würden ihm gehören.

Überraschendes Geständnis Hocheggers

Hochegger legte zu Prozessbeginn allerdings überraschend ein Teilgeständnis ab und belastete damit die Mitangeklagten. Der frühere PR-Berater und Lobbyist will selber erst im Nachhinein erfahren haben, dass er die Millionenprovision aus der BUWOG-Privatisierung Grasser zu verdanken habe.

Meischberger pochte hingegen darauf, er habe alleine durch seine eigene Lobbying- und Beratungstätigkeit rund acht Millionen der fast zehn Millionen hohen Provision verdient. Die Aufteilung des Geldes auf drei Konten in Liechtenstein habe nur mit seiner eigenen Finanzplanung zu tun. Dem Erstangeklagten Grasser drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Angeklagter Peter Hochegger im Wiener Straflandesgericht
APA/Hans Punz
Hochegger legte zu Prozessbeginn ein Teilgeständnis ab

Die Anklage sieht einen „gemeinsamen Tatplan“ Grassers mit seinen Vertrauten Meischberger, Hochegger und Plech, deren Ziel die Bereicherung durch Korruptionsgeschäfte während seiner Ministerzeit gewesen sein soll. Grasser bezeichnete die Vorwürfe gegen ihn als Angriffe politischer Gegner und Neider, die ihm seine Erfolge nicht gönnen würden. Grasser war von 2000 bis 2007 zweimal unter Wolfgang Schüssel (ÖVP) Finanzminister, einmal als FPÖ-Minister, dann auf einem ÖVP-Ticket.

Hochegger vs. Grasser, Meischberger und Co.

Seit 12. Dezember 2017 läuft der Korruptionsprozess gegen den mittlerweile 51-jährigen Ex-Politiker und insgesamt 14 weitere Angeklagte (einer verstarb mittlerweile) im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts. Wegen der Pandemie musste heuer im Fühling ausgesetzt werden, zudem wurde die Urteilsverkündung verschoben. Weiters wurden auch Anklagen zur Causa Telekom-Parteienfinanzierung sowie ein Betrugsvorwurf rund um Meischbergers Villa in den Prozess aufgenommen, was den Prozess verlängerte. Auch darüber wird am Freitag geurteilt. Wegen des großen Umfangs des Prozesses wird die Urteilsverkündung wohl mehrere Stunden dauern.

Das Verfahren war geprägt von widersprüchlichen Aussagen der Angeklagten und der Zeugen. Unter den Hauptangeklagten zeigte sich bald eine Front zwischen Grasser, Meischberger und Plech auf der einen und Hochegger auf der anderen Seite. Hochegger gab sich reumütig, während Grasser, Meischberger und auch Plech unisono erklärten, dass alles korrekt abgelaufen sei. Plech wurde im Laufe des Verfahrens aus gesundheitlichen Gründen für verhandlungsunfähig befunden, über ihn wird kein Urteil gesprochen.

Ein Angeklagter verstarb

Widersprüche gab es auch zwischen den Aussagen der Angeklagten Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics und Ex-RLB-OÖ-Bankvorstand Georg Starzer. Laut Petrikovics wusste die RLB OÖ von den Infos über Hochegger zur BUWOG-Privatisierung und zahlte auch bei der geheimen Millionenprovision mit, Starzer stellte das entschieden in Abrede. Der mitangeklagte Ludwig Scharinger, langjähriger früherer Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Oberösterreich, konnte nicht mehr aussagen, er verstarb im Jänner 2019.

Zahlreiche Zeugen aus dem Finanzministerium, darunter Grassers Ex-Kabinettschef Heinrich Traumüller, sagten aus, die Privatisierung sei völlig korrekt abgelaufen, und entlasteten damit ihren Ex-Chef. Der Belastungszeuge der Anklage, Michael Ramprecht, hielt seine Vorwürfe auch im Zeugenstand aufrecht: Die Privatisierung sei ein abgekartetes Spiel gewesen.

Zahlreiche, auch prominente Zeugen

Die Zeugenbank war teils prominent besetzt. Neben den Beamten aus dem Finanzministerium und Mitarbeitern der Bietergesellschaften Immofinanz, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich sowie des Bauunternehmens Porr sagten auch der ehemalige Banker Julius Meinl und Tilo Berlin, ehemals Vorstandschef der Kärntner Hypo Alpe-Adria Bank, aus. Zahlreiche Zeuginnen und Zeugen wurden auch per Videokonferenz mit der Schweiz und Liechtenstein einvernommen.

Ende des BUWOG-Prozesses

Nach drei Jahren fallen am Freitag die Urteile im BUWOG-Prozess und damit auch das Urteil gegen den prominentesten Angeklagten, Ex-Finanzminister Grasser.

Grassers Ehefrau Fiona und seine Schwiegermutter Marina Giori Lhota aus der Swarovski-Unternehmerfamilie entschlugen sich der Aussage. Dabei ging es um 500.000 Euro, die Grasser als damaliger Finanzminister in bar in die Meinl Bank brachte und dort einzahlte. Grasser gab an, das Geld in der Schweiz bar von seiner Schwiegermutter erhalten und nach Österreich gebracht zu haben.

Später floss das Geld auf jenes Konto in Liechtenstein, auf das auch ein Teil der BUWOG-Provision floss – was für die Anklage zeigt, dass Grasser an der BUWOG-Provision mitverdiente. Grasser weist das zurück, er habe weder mitverdient noch von der Beratungstätigkeit von Hochegger und Meischberger für die BUWOG-Bieter gewusst.

Lob für Richterin Hohenecker

Richterin Marion Hohenecker prägte das Großverfahren laut Beobachtern durch eine genaue Prozessführung. Die Befragungen der Angeklagten und der Zeugen fielen sehr umfangreich aus. Gleichzeitig konnten die Angeklagten und ihre Anwälte selber ausführlich Stellung nehmen. Hohenecker selbst war zu Prozessbeginn im Visier der Anwälte von Grasser und Meischberger, die ihr wegen Tweets ihres Mannes Befangenheit unterstellten. Man könne die Meinung eines Ehemanns nicht einer Richterin umhängen, das entspreche nicht dem Zeitgeist, wies die Vorsitzende des Schöffensenats die Befangenheitsanträge gegen sie ab.

Richterin Marion Hohenecker
APA/Herbert Neubauer
Richterin Hohenecker bekam viel Lob für ihre Prozessführung

Der Erstangeklagte Grasser vermerkte in seinen letzten Worten merklich anerkennend, dass die Richterin das Datum seines Hochzeitstages besser als er wisse, weil sie das von ihm genannte falsche Datum sofort korrigierte. Zum Glück sei das bei ihm zu Hause nicht aufgefallen, scherzte er. Das Schöffengericht und insbesondere dessen Vorsitzende hätten ihm das Vertrauen in die Justiz wieder zurückgegeben, das er im Ermittlungsverfahren verloren hätte.