Australische Feuerwehrleute umgeben vom Funkenflug eines Brandes
APA/AFP/Saeed Khan
Übergangene Katastrophe

Klimakrise brachte Jahr der Feuer

Bevor die Pandemie über die Welt hereingebrochen ist, haben zahlreiche Wald- und Buschfeuer in einigen Teilen der Welt Entsetzen ausgelöst. Auch wenn vielerorts die Brände weiter wüten, sind sie fast aus den Schlagzeilen verschwunden. Die Folgen der Brände werden aber noch lange für Umweltprobleme, Leid und Hunger sorgen.

Ein Blick auf die Feuerkarte der US-Weltraumbehörde NASA zeigt: Hunderte Waldbrände wüten auf der Erde. Manche haben natürliche Ursachen, wie etwa Blitzeinschläge. Laut Greenpeace trifft das aber nur auf rund vier Prozent zu. Die allermeisten Feuer entstünden durch menschliche Hand, so die Umwelt-NGO.

Zuletzt machte eine außergewöhnliche Hitzewelle Australien zu schaffen, in Teilen des Landes gab es in der Vorweihnachtszeit Tageshöchstwerte von über 40 Grad Celsius. In Queensland sorgte besonders ein Brand auf der berühmten Touristeninsel Fraser Island für Sorgen. Er war Mitte Oktober wahrscheinlich durch ein illegales Lagerfeuer ausgebrochen und brannte wochenlang. Erst der einsetzende Regen Mitte Dezember entschärfte die Situation. Zehntausende Hektar wurden zerstört. Fraser Island gehört seit 1992 zum Weltnaturerbe der UNESCO. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) erklärte auch anhand dieses Beispiels die Klimakrise zur größten Bedrohung für das Naturerbe auf der ganzen Welt.

Düstere Aussichten

Australien litt aber schon die Monate davor unter außergewöhnlich starken Bränden. Verheerende Feuer hatten von August 2019 bis März 2020 in sechs der insgesamt acht Bundesstaaten und Territorien gewütet. Auch nach dem heftigen Feuersommer loderten im November noch immer rund 50 Brände. Dutzende Menschen kamen in der vergangenen Brandsaison ums Leben, ebenso wie Millionen Tiere. Laut WWF wurden allein in Australien fast drei Milliarden Tiere geschädigt. Etwa 60.000 Koalas wurden getötet, verletzt oder vertrieben.

Das für Australien ungewöhnliche Jahr könnte aber nur ein Auftakt sein für Schlimmeres. Vor Kurzem veröffentlichten die australische Wissenschaftsbehörde CSIRO und die Meteorologiebehörde BOM einen alarmierenden Klimabericht. Laut diesem wird das Land in Zukunft mit immer mehr extremen Wettersituationen und Waldbränden zu kämpfen haben. Die Erderwärmung trage auch zu Wetterbedingungen bei, durch die die Waldbrandsaison immer früher starte und immer länger dauere, hieß es darin.

Behandlung eines verweundeten Koalas
APA/AFP/Peter Parks
In Australien wurden viele Koalas gerettet und ihre Verbrennungen behandelt. Zehntausende aber starben.

Starke Brandsaison in Kalifornien

Auch in den USA machten heuer schwere Waldbrände den Feuerwehren zu schaffen und Zehntausende Hektar zunichte. Extreme Wetterbedingungen machten das Jahr 2020 besonders in Kalifornien zu einer Herausforderung: Fünf der sechs größten Feuer in der Geschichte des Bundesstaats brannten. Kaliforniens Waldbrandsaison dauert normalerweise von Juli bis November, doch die Feuer loderten heuer auch darüber hinaus. Die Landfläche, die jedes Jahr im Westen der USA verbrennt, stieg in den vergangenen 40 Jahren um das Achtfache.

Jedes Jahr müssen Zehntausende Menschen fliehen, Dutzende kommen ums Leben. Die Wissenschaft sieht auch hier die Klimakrise für die Dimensionen mitverantwortlich. Durch die Erderwärmung nimmt die Trockenheit in der Vegetation deutlich zu, was wiederum eine rasche Ausbreitung der Flammen begünstigt. Laut einer Studie der McGill und der Boise State University vom September könnte es in den USA zu Jahrzehnte andauernden Megadürren kommen. Solche langen Dürrephasen habe es auf dem Gebiet der USA auch im 12. und 13. Jahrhundert gegeben.

„Stiefel sind geschmolzen“

Weiter südlich, im Pantanal im mittleren Südwesten Brasiliens, zerstören Feuer seit Monaten Teile des größten Binnenlandfeuchtgebiets der Welt. Vom Jahresanfang bis Ende Oktober registrierte das brasilianische Institut für Weltraumforschung (INPE) durch die Auswertung von Satellitenbildern mehr als 21.000 Brandherde. Heuer herrschte hier die größte Trockenheit seit fast 50 Jahren, ein Funke genügte für einen Brand. Inzwischen dämmte sich die Lage durch Regenfälle ein. Im Pantanal sind Feuer nach Blitzeinschlägen normal; allerdings ermitteln die Behörden gegen Farmer wegen Brandstiftungen.

Das Feuchtgebiet, das sich von Brasilien auch auf die Nachbarländer Bolivien und Paraguay erstreckt, besteht aus einem verzweigten System von Flüssen und Seen und ist ein einzigartiges Natur- und Touristenparadies. Beheimatet sind dort außerdem eine der dichtesten Jaguar-Populationen der Welt sowie Hunderte teils bedrohte Vogelarten. Wenn sie nicht Opfer der Flammen werden, dann kann es sein, dass sie an Hunger sterben. Denn das Feuer hat einen großen Teil ihrer Nahrungsquellen zerstört.

Ein Mann beim Versuch, einen Brand im Pantanal-Sumpfgebiet in Brasilien zu löschen
AP/Andre Penner
Feuer in Brasiliens Pantanal: Starke Trockenheit hatte die Ausbreitung begünstigt

„Das werde ich nicht vergessen, das vergeht vielleicht nie“, sagte die Tierärztin Caroline Machado von Notfallstation für Wildtiere des Bundesstaates Mato Grosso der dpa. „Der Boden war so heiß, dass mein Stiefel geschmolzen ist. Alle zehn Schritte fanden wir eine verkohlte Schlange.“

Verkohlte „grüne Lunge“

Ins Augenmerk rückten heuer auch die ausufernden Brände im Amazonas-Gebiet. Hier registrierte INPE allein im Feuermonat Oktober mit über 17.000 Bränden einen traurigen Rekord. Im Vergleich zum Jahr davor hat sich die Zahl verdoppelt. Die Brände im Regenwald, der als „grüne Lunge“ der Welt gilt, haben in den allermeisten Fällen keine natürlichen Ursachen, da tropische Gewitter genug Niederschläge mitbringen. Vielmehr besteht der Verdacht, dass die Brände auf die Umwandlung der Flächen in Ackerland zurückzuführen sind und durch Brandrodungen entstehen. Laut WWF sind 70 Prozent der entwaldeten Fläche nun Weideflächen für Rinder. Die Farmer würden ihrerseits durch den Sojaanbau weiter in den Amazonas gedrängt.

Dabei sind Brandrodungen in Brasilien verboten. Präsident Jair Bolsonaro untersagte im Sommer offene Feuer sowohl im Pantanal als auch in Amazonien. Mehrere tausend Soldaten waren zudem in Amazonien im Einsatz, um Brände und Abholzung zu bekämpfen. Doch gleichzeitig wurden die Finanzmittel für die Umweltbehörden unter Bolsonaro stark gekürzt. Der ultrarechte Politiker hatte schon vor seiner Amtszeit angekündigt, das Amazonas-Gebiet stärker wirtschaftlich zu erschließen, und öffnete Schutzgebiete für Landwirtschaft und Bergbau.

Buschbrand auf Fraser Island, Australien
Reuters
Fraser Island: In der Welterbestätte wütete wochenlang ein Waldbrand

Kritiker werfen dem Präsidenten vor, durch seine wirtschaftsliberale Politik und seine Klimakrisenverleugnung die Landwirte zum Abbrennen von Flächen zu ermutigen. In Summe schritt die Verwüstung des Amazonas-Regenwaldes unter Bolsonaro stark voran. In den zwölf Monaten bis August 2020 wurden 11.000 Quadratkilometer zerstört (Österreichs Fläche beträgt zum Vergleich 83.882 Quadratkilometer).

Heißes Sibirien

Auch Russland ist jährlich von schweren Waldbränden betroffen, oft in sehr abgelegenen Gegenden. Der überwiegende Großteil ist dabei auf menschliche Eingriffe zurückzuführen. Im Sommer 2020 gab es starke Feuer in Sibirien, das mit einer ungewöhnlichen Hitzewelle kämpfte. In der Stadt Werchojansk in Jakutien, die als einer der kältesten bewohnten Orte der Welt gilt, wurden am 20. Juni 38 Grad Celsius gemessen – laut Weltwetterorganisation ein Rekord. Ein Hochdruckgebiet hatte am Polarkreis, wo es im Sommer nicht dunkel wird, permanente Hitze auf der Erdoberfläche gebracht. In Jakutien wurde der Notstand ausgerufen.

Russlands Präsident Wladimir Putin erließ im November ein Dekret mit Klimazielen. Damit soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 auf bis zu 70 Prozent des Niveaus von 1990 sinken. Russland bekommt als größtes Flächenland der Erde die Folgen des Klimawandels nicht nur durch schwere Waldbrände zu spüren, sondern auch durch das Auftauen von Permafrostböden. Für Umweltorganisationen und Fachleute ist das Dekret ein Feigenblatt – dieses Ziel sei bereits jetzt übererfüllt, hieß es etwa von Greenpeace und der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Beim jüngsten Klimagipfel im Dezember, der pandemiebedingt virtuell und in kleinerem Rahmen stattfand, mahnte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres mehr Engagement der Staaten ein. Dürren, Hitzewellen und Waldbrände träten durch die Klimakrise immer häufiger auf. Die USA, Australien, Brasilien und Russland fehlten bei dem Gipfel.