Schulkind in einem Park in Frankfurt
AP/Michael Probst
Coronavirus

Lockdown quer durch Europa

Angesichts der nach wie vor hohen Coronavirus-Zahlen und der bevorstehenden Feiertage haben viele europäische Länder ihre Schutzmaßnahmen drastisch verschärft. Ein harter Lockdown wie ihn Großbritannien und die Niederlande am Montag ankündigten, gilt zwar nur in einigen Staaten, Einschränkungen gibt es aber überall.

In London werden ab Mittwoch wieder schärfere Coronavirus-Maßnahmen gelten. Restaurants und Pubs, Kinos und Theater müssen erneut schließen, außerdem gelten strengere Kontaktbeschränkungen – so darf man sich etwa nicht mehr in Innenräumen treffen. Für die Hauptstadt gilt die höchste CoV-Warnstufe. Im Rest Großbritanniens soll es der Regierung zufolge drei Haushalten erlaubt sein, eine „Christmas Bubble“ zu bilden und sich miteinander zu treffen. Vom 23. bis zum 27. Dezember sollen auch gelockerte Reiseregeln zwischen den Regionen gelten.

Die Niederlande verhängten angesichts steigender Infektionszahlen den bisher härtesten Lockdown für ihr Land: Die strengen Maßnahmen treten ab Mitternacht in Kraft und sollen bis zum 19. Jänner dauern, kündigte Premier Mark Rutte Montagabend in einer TV-Ansprache an. „Die Niederlande werden für fünf Wochen abgeriegelt.“ Zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie müssen auch Geschäfte – außer für den täglichen Bedarf – schließen.

Drei Gäste zu Weihnachten

Das Land reagiert damit auch auf den harten Shutdown im Nachbarland Deutschland. Viele Gemeinden fürchteten, dass Deutsche nach den strengen Maßnahmen in ihrem Land ab Mittwoch zu Weihnachtseinkäufen über die Grenze fahren könnten. Ab Montagnacht müssen auch Kinos, Theater und Museen schließen sowie Friseure, Fitnessstudios und Schwimmbäder. Bürger dürfen sich pro Tag nur noch mit zwei anderen Personen treffen. Zu Weihnachten dürfen es drei Gäste sein. Ab Mittwoch werden auch die Schulen und Kindergärten geschlossen. Von Auslandsreisen wird bis Mitte März dringend abgeraten.

Strenge Maßnahmen in Deutschland und Frankreich

In Deutschland wird das öffentliche Leben bereits ab Mittwoch weitgehend zum Stillstand gebracht – und das mindestens bis zum 10. Jänner. Präsenzunterricht in Schulen soll nicht stattfinden. Der Einzelhandel mit Ausnahme der Geschäfte für den täglichen Bedarf muss ebenso schließen. Auch Friseure und andere Dienstleistungsbetriebe bleiben geschlossen. Darüber hinaus dürfen ab Mittwoch keine alkoholischen Getränke mehr in der Öffentlichkeit konsumiert werden.

Die Kontakte sollen mit Ausnahme der Zeit von 24. bis 26. Dezember wie bisher auf maximal fünf Personen aus zwei Haushalten reduziert bleiben. Für den 24. bis 26. Dezember können über den eigenen Haushalt hinaus noch vier weitere Personen aus dem engsten Familienkreis eingeladen werden. Für Silvester und Neujahr gebe es der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zufolge keine Sonderregeln.

Anders in Frankreich: Die französische Regierung verhängte für die Silvesternacht bereits eine Ausgangssperre ab 20.00 Uhr. Diese gelte bereits ab Dienstag – nur am Heiligen Abend dürfen sich die Menschen frei bewegen und zur traditionellen Mitternachtsmesse gehen. Dennoch wurden die Bürger und Bürgerinnen zu Feiern im kleinen Kreis mit maximal sechs Erwachsenen angehalten. Zudem wurden einige Lockerungen der Coronavirus-Maßnahmen, etwa die Öffnung von Kulturinstitutionen, bis mindestens Jänner aufgeschoben.

Leeres Einkaufszentrum in Leipzig, Deutschland
APA/AFP/Jens Schlueter
In Deutschland gilt ab Mittwoch ein harter Lockdown – Einkaufszentren wie dieses bleiben geschlossen

Wieder Verschärfungen in Tschechien

Die tschechische Regierung kündigt nach dem neuerlichen Anstieg der Coronavirus-Infektionen am Montag erneut Einschränkungen an. Von Freitag an werden die Auflagen für Unternehmen und öffentliche Versammlungen verschärft, teilte heute Abend Ministerpräsident Andrej Babis mit.

Die seit eineinhalb Wochen geöffneten Gaststätten und Hotels müssen erneut schließen. In Innenräumen und im Freien dürfen sich nur noch maximal sechs Personen treffen. Es gilt eine nächtliche Ausgangssperre. Die Weihnachtsferien der Schulen werden vorgezogen. Einzelhandel und Dienstleister wie Friseure bleiben diesmal mit Einschränkungen wie begrenzten Kundenzahlen geöffnet. Die Maßnahmen waren in Tschechien erst am 3. Dezember größtenteils gelockert worden.

Stufenweiser Lockdown in der Slowakei

Trotz Massentestungen wurde in der Slowakei ein stufenweiser Lockdown beschlossen, der je nach Branche unterschiedliche Termine für den Beginn von Einschränkungen vorsieht. Dazu gehört, dass drei Tage vor Weihnachten für mindestens drei Wochen die meisten Geschäfte geschlossen werden. Ausnahmen gibt es für den Verkauf von Lebensmitteln und anderen Produkten, die Grundbedürfnisse abdecken.

Bereits seit Freitag sind Terrassen im Freien von Restaurants und Cafes zusätzlich zu den bisher schon geschlossenen Innenräumen zugesperrt. Seit Montag dürfen Hotels und Skilifte nur noch Gäste aufnehmen, die einen aktuellen Coronavirus-Test vorlegen können. Nach Weihnachten darf in Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten niemand mehr ohne negativen Coronavirus-Test arbeiten.

Lockdown bis Ende Jänner in Litauen

In Litauen wurde ein strenger Lockdown sogar bis Ende Jänner verhängt. Bis dahin sollen ab Mittwoch alle Geschäfte bis auf Läden für den täglichen Bedarf schließen und der Schulbetrieb auf Fernunterricht umgestellt werden. Auch die Bewegungsfreiheit der rund drei Millionen Einwohner und Einwohnerinnen wird eingeschränkt.

Auf Anordnung der Regierung darf niemand mehr ohne zwingenden Anlass in andere Städte und Gemeinden außerhalb des eigenen Wohnsitzes reisen. Haus oder Wohnung dürfen ebenfalls nur noch aus triftigem Grund verlassen werden – für Arbeit, eine ärztliche Behandlung, zum Einkaufen oder eine Beerdigung. Weiter werden Kontakte auf eine Familie oder einen Haushalt beschränkt.

Leerer Busbahnhof in Broenderslev, Dänemark
APA/AFP/Ritzau Scanpix/Henning Bagger
Ein leerer Busbahnhof in Broenderslev, Dänemark. Auch hier gelten strenge Maßnahmen bis Anfang Jänner.

Dänemark und Luxemburg: Öffentliches Leben stillgelegt

Unterdessen wurde in Luxemburg die Zahl der erlaubten Besucher und Besucherinnen zu Hause während der Feiertage auf zwei beschränkt. Ebenso gilt eine Ausgangssperre zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr. Bars, Restaurants, Kinos, Theater und Sporträume bleiben bis mindestens 15. Jänner geschlossen.

Weitgehend still steht auch das öffentliche Leben in Dänemark. Der Teil-Lockdown wurde kürzlich erweitert und gilt nun für rund vier Fünftel der dänischen Bevölkerung. Restaurants, Cafes und Bars müssen in den Kommunen vorläufig bis zum 3. Jänner ebenso geschlossen bleiben wie überdachte Kultur- und Freizeiteinrichtungen.

Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse und diejenigen weiterführender Bildungseinrichtungen werden digital unterrichtet. In ganz Dänemark gilt bereits seit Längerem eine Begrenzung öffentlicher Versammlungen auf maximal zehn Personen.

Einschränkungen in Spanien, keine Silvesterfeiern in Ungarn

Einschränkungen während der Weihnachtsfeiertage kommen auch auf die Spanierinnen und Spanier zu. Diese dürfen zwischen dem 23. Dezember und dem 6. Jänner ihre jeweilige Wohnregion nur in Ausnahmefällen verlassen. Regionale Grenzen für Treffen im engsten Familien- oder Freundeskreis können allerdings überquert werden. Die maximal erlaubte Teilnehmerzahl wird am 24., 25. und 31. Dezember sowie am 1. Jänner von sechs auf zehn erhöht, inklusive Kinder. Am Heiligen Abend und zu Silvester wird der Beginn der praktisch im ganzen Land geltenden nächtlichen Ausgangssperre von 23.00 Uhr auf 1.30 Uhr verschoben.

In welchem Ausmaß Weihnachten in Ungarn gefeiert werden darf, ist noch unklar und soll erst am 21. Dezember entschieden werden. Die strengen Coronavirus-Maßnahmen, zu denen auch das nächtliche Ausgangsverbot gehört, wurden bereits bis 11. Jänner verlängert. Angesichts des hohen Ansteckungsrisikos wurden Silvesterfeiern verboten.

Auch in Zypern ist es noch unklar, ob es zu Weihnachten und Silvester einen harten Lockdown geben wird. Laut „Cyprus Mail“ wird eine Entscheidung noch vor dem Wochenende erwartet.

Schwarze Fahnen erinnern an die Verstorbenen in Budapest
APA/AFP/Attila Kisbenedek
In Ungarn wird erst am 21. Dezember entschieden, in welcher Form das Weihnachtsfest heuer aussehen darf

Strenger Lockdown bis Weihnachten

Anders ist die Situation in Bulgarien, Kroatien und Portugal. Hier wird der derzeit geltende Lockdown kurz vor Weihnachten aufgehoben. In Bulgarien wurden Schulen, Restaurants, Einkaufszentren und Sporteinrichtungen bis zum 21. Dezember geschlossen – Ähnliches gilt in Kroatien: Restaurants und Kaffees sowie Sporteinrichtungen dürfen voraussichtlich am 21. Dezember wieder öffnen, Versammlungseinschränkungen werden ab diesem Tag gelockert. Schulen, Einkaufszentren, Kultureinrichtungen und Gotteshäuser sind ohnedies geöffnet.

Einen vergleichbaren Kurs fährt Portugal: Bestehende Coronavirus-Restriktionen wie Ausgangssperren wurden Anfang Dezember verlängert, um zu Weihnachten und Silvester Ausnahmen zu ermöglichen. Für Weihnachten plant die Regierung etwa, das sonst an Wochenenden geltende Verbot auszusetzen, aus Gemeinden mit hohen Coronavirus-Fallzahlen in andere Gemeinden zu fahren. Endgültig über die vorübergehenden Lockerungen entschieden soll aber erst am 18. Dezember werden.

Der leere Naschmarkt in Wien, Österreich
APA/AFP/Joe Klamar
Der Naschmarkt in Wien, wie man ihn normalerweise selten sieht – der harte Lockdown hierzulande wurde zwar aufgehoben, Feiertagsregelungen sind jedoch noch ausständig

Slowenien und Griechenland weichen Lockdown auf

Indes wird in Slowenien der seit fast zwei Monaten geltende Coronavirus-Lockdown vor Weihnachten teilweise aufgeweicht. Seit Dienstag bis zum 23. Dezember dürfen im ganzen Land wieder Friseur- und Kosmetiksalons, Blumenhandlungen, Reinigungen und Autowaschanlagen offen haben. In vier Regionen mit der besten epidemiologischen Lage werden zusätzlich Bekleidungs-, Schuh- und Sportgeschäfte sowie Autohäuser wieder öffnen.

Zwischen einzelnen Gemeinden in der jeweiligen Region frei bewegen dürfen sich Bewohner und Bewohnerinnen allerdings nur, wenn sie die CoV-App installiert haben. Griechenland lockerte ebenfalls die in dem Land seit fast sechs Wochen geltenden Lockdown-Maßnahmen. Buchhandlungen und Friseure konnten am Montag unter strengen Auflagen öffnen.

In Großteil Europas kein Lockdown

Im Großteil der europäischen Länder gibt es derzeit zwar keinen harten Lockdown mehr, jedoch sehr wohl einige Beschränkungen und Appelle an die Bevölkerung. In Schweden etwa bleiben über die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage Versammlungen in der Öffentlichkeit auf acht Teilnehmer beschränkt. Auch in Belgien gibt es Kontaktbeschränkungen. Über die Weihnachtsfeiertage würden nur die Regeln für Alleinstehende gelockert: Statt einer Person dürften diese zwei Personen gleichzeitig zum Feiern nach Hause einladen. In der Schweiz dürfen maximal zehn Personen – inklusive Kinder – zu privaten Feiern zusammenkommen. Zudem wird eine Beschränkung auf zwei Haushalte empfohlen. Die Norweger können zwischen Weihnachten und Neujahr bei zwei verschiedenen Gelegenheiten bis zu zehn Gäste in ihr Haus einladen.

In Österreich wurde der Lockdown vergangenen Montag aufgehoben – eine entsprechende Verordnung für die Weihnachtsfeiertage ist allerdings noch ausständig. Die ursprünglich angekündigten Lockerungen über die Feiertage nahm die Regierung am Freitag aufgrund der nach wie vor hohen Infektionszahlen und starker Belastung der Spitäler aber bereits zurück. Silvester-Feierlichkeiten müssen heuer doch in kleinerem Rahmen stattfinden. Für das Weihnachtsfest dürfen am 24. und 25. Dezember maximal zehn Personen auch aus mehreren Haushalten zusammentreffen.