Finanzminister Gernot Blümel, Bildungsminister Heinz Faßmann und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger
APA/Herbert Neubauer
Von Schule bis Wirtschaft

Weitere Details zu drittem Lockdown

Die Regierung hat am Samstag weitere Details zu dem kommenden dritten Lockdown ab 26. Dezember bekanntgegeben. Es gelte, die größte Not bei Unternehmen zu lindern, so Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Die Bewältigung der Pandemie sei kein Tausendmetersprint, sondern ein Ironman-Wettbewerb, so Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). In Sachen Schule erklärte ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann, wie die nächste Zeit genau aussehen soll.

„Die Schule beginnt wie gehabt mit Ende der Weihnachtsferien am 7. Jänner im Distance-Learning“, so Faßmann. Man brauche aber die Präsenzlehre als Kern. Der Präsenzunterricht beginne dann am 18. Jänner. Die Schulen blieben aber für Betreuungsbedarf bzw. Unterstützung beim Lernen geöffnet, „diesmal auch für die Oberstufe“. Für punktuelle Maßnahmen wie etwa Schularbeiten würden die Schüler und Schülerinnen aber an die Schule zurückgeholt. Maximal 50 Prozent der Schüler und Schülerinnen seien in den Klassen dann erlaubt. Hauptaugenmerk liege auch auf den Maturaklassen. Die Schüler und Schülerinnen würden auch eine Schulnachricht bekommen.

Danach seien die Semesterferien. Die formalen Strukturen würden eingehalten. Diese brächten Stabilität in die Gesellschaft, und das sei gerade jetzt notwendig, so der Unterrichtsminister. Bei Lernrückständen, die entstünden, müsse auch geholfen werden. Man arbeite an einem umfangreichen Programm für Förder- und Ergänzungsunterricht mit zusätzlichen Stunden für das Sommersemester. Auch in den Semesterferien würden die Schulen für Förderunterricht offen halten. Die Plätze in den Sommerschulen würden verdoppelt. Die sozialen Kosten des Lockdowns seien diesmal geringer, weil sie in die Weihnachtsferien fielen. Auch die Kindergärten blieben geöffnet, das verpflichtenden Kindergartenjahr werde ausgesetzt.

Finanzminister Gernot Blümel, Bildungsminister Heinz Faßmann und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger
APA/Herbert Neubauer
Köstinger, Blümel und Fassmann beim „Einmarsch“ zur Pressekonferenz

Mehr Förderangebote gefordert

Der oberste Lehrergewerkschafter Paul Kimberger (FCG) forderte angesichts der neuerlichen Umstellung des Unterrichts auf Distance-Learning eine starke Aufstockung von Fördermaßnahmen. Zusätzlich zu den von Faßmann angekündigten Förderangeboten bräuchten die Schulen „jetzt sofort“ mehr Personal in Form von Lehramtsstudenten, um die Kinder und Jugendlichen an den Schulen zu fördern.

Über die konkrete Gestaltung dieser Angebote – etwa eine Teilung von Klassen, was auch gleich die Einhaltung der CoV-Schutzmaßnahme erleichtere, oder zusätzliche Förderstunden am Nachmittag – sollten die jeweiligen Standorte entscheiden, so Kimberger gegenüber der APA. Bedarf nach Förderangeboten sieht auch die Vorsitzende der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV), Elisabeth Rosenberger. Für Evelyn Kometter, Sprecherin des Dachverbands der Elternvereine an öffentlichen Pflichtschulen, geraten die Schüler durch die zusätzliche Woche Fernunterricht noch weiter unter Druck.

Kritik von SPÖ und FPÖ

Kritik an Faßmann kommt von der Opposition. Für SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid ist der dritte Gang ins Distance-Learning „unentschuldbar“. Offenbar habe man in den letzten zehn Monaten nichts gelernt und keine Teststrategie und Sicherheitskonzepte außer Lüften und Masken vorgelegt. „Warum ist es möglich, mit den Freunden Ski zu fahren, aber nicht gemeinsam in der Schule zu lernen? Die Prioritätensetzung dieser Regierung ist wirklich absurd.“

Für FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl ist der erneute Wechsel in den Fernunterricht „der absolut falsche Weg“ und Faßmann rücktrittsreif. „Die einzige Strategie, die er verfolgt, sind die Pläne vom ÖVP-Kanzler ungefiltert umzusetzen – und das ist für einen Bildungsminister schlichtweg zu wenig.“ Sein NEOS-Pendant Martina Künsberg Sarre forderte die Regierung auf, endlich auch an die Oberstufenschüler zu denken, die spätestens seit Ende Oktober daheim sind. „Auch wenn Minister Faßmann sagt, dass es sich ‚nur‘ um eine weitere Woche Distance-Learning handelt – jeder Tag, der nicht an der Schule stattfindet, ist einer zu viel!“

Beihilfengrenze wird zu Problem

Bei Unternehmen gelte es, die größte Not zu lindern, so Finanzminister Blümel. Er wies dabei auch auf die bereits gesetzten Maßnahmen hin. Der Umsatzersatz für Betriebe, die während des Lockdowns schließen müssten, laufe bis Ende des Jahres. Die Basis seien der Dezember-Umsatz. Nach dem 31. Dezember sei nur mehr ein Zuschuss zu den Fixkosten beziehungsweise ein Verlustersatz möglich, stellte Blümel klar. Blümel geht dabei von rund 300 Mio. Euro aus.

Regierungsmitglieder geben Details bekannt

Finanzminister Gernot Blümel, Bildungsminister Heinz Faßmann und Landwirtschafts- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger informieren über Details zum dritten Lockdown und geben einen Ausblick.

An Maßnahmen zur Unterstützung für Zulieferbetriebe, die indirekt von der Zwangsschließung von Betrieben betroffen sind, werde weiter gearbeitet. „Noch im Dezember“ sollen die Richtlinien fertiggestellt sein. Anträge für die Zulieferer werden erst möglich sein, wenn die Beantragung für die direkt betroffenen Unternehmen abgeschlossen ist. Hilfen für die indirekt betroffenen Unternehmen dürften knapp eine Milliarde Euro kosten, so Blümel.

Mittlerweile seien bei vielen Unternehmen die Beihilfengrenzen auch zum Problem geworden. Es gebe weiter Bemühungen, die Obergrenzen für den Fixkostenzuschuss (800.000 Euro pro Betrieb) und den Verlustersatz (drei Mio. Euro) zu erhöhen. Dazu liefen weiter Verhandlungen mit der EU-Kommission, auch Deutschland mache sich dafür stark. Wie es mit der Kurzarbeit weitergeht, sei von Arbeitsministerium und Sozialpartnern zu verhandeln.

Köstinger skizziert Strategie

Dramatisch ist auch die Lage in den Bereichen Gastronomie, Tourismus und Veranstaltungen. Köstinger gab einen Überblick über die Probleme und die „dramatische Situation“ der Branchen. So fielen für den Tourismus die internationalen Gäste aus. Sie skizzierte die Strategie, wie es wieder zum Aufsperren kommen sollte. Sie verwies dabei auf die Wichtigkeit der Reduktion der Infektionszahlen. Man müsse so schnell und so gut, wie es gehe, bei den Infektionszahlen runterzukommen. Das Wiederaufsperren sei dann ab 18.1. möglich.

Details zum dritten Lockdown

Ab 26. Dezember ist Österreich wieder in einem harten Lockdown. Er wird bis zu vier Wochen dauern. Am Ende der dritten Woche kann man sich „freitesten“. Der Handel muss wieder schließen, die Gastronomie bleibt zu, und Schulen stellen nach den Ferien wieder auf Distance-Learning um.

Entscheidende Maßnahmen seien das Testen und auch das Maskentragen, so Köstinger. Mit dem „Freitesten“ sollten dann auch Hotelbuchungen und Restaurantbesuche wieder möglich werden, so die Ministerin weiter. Köstinger verwies auch auf die Maßnahmen nach dem Lockdown wie etwa Testungen, die ein Hochfahren und ein Aufrechterhalten der Betriebe ermöglichen sollen.

Skifahren: Letztentscheidung bei Bundesländern

Mit den Bundesländern sei vereinbart, dass die Teststraßen der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden. Auch beim Skifahren sei eine Einigung für das Vorgehen mit den Landeshauptleuten erzielt. Die Letztentscheidung treffen die Bundesländer, da die Situation extrem unterschiedlich sei. Die Ministerin nannte als Beispiele Tirol, das auch stark von ausländischen Touristen abhängig sei, im Gegensatz zu Skigebieten in Niederösterreich, wo Tagesausflüge etwa aus Wien für Auslastung sorgen würden.

Grundsätzlich gelten in Skigebieten für die Gastronomie die gleichen Regeln wie auch woanders in Österreich, so Köstinger. Sie können daher grundsätzlich die Abholung von Speisen und Getränken anbieten. Für Skigebiete gebe es allerdings besondere Herausforderungen und Bedürfnisse, daher werde derzeit zwischen Bund und Ländern eine praxistaugliche Handhabung beraten, hieß es ergänzend aus dem Tourismusministerium. Die Bundesländer wollen unter Federführung Salzburgs zu einheitlichen Regeln gelangen.

Verlängerung der Kurzarbeit

Zu den genauen Regeln bei den Masken gebe es noch Abstimmungen mit dem Gesundheitsministerium. Grundsätzlich seien Masken in Seilbahnen so zu tragen wie in anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Wenn dort jemand die Maske nicht trage, dann würden diese Personen „meist von den anderen Fahrgästen höflich aufgefordert, den Mund-Nasen-Schutz zu tragen“, so Köstinger. Abstimmungsbedarf mit dem Gesundheitsministerium gebe es aber noch in Bezug auf die FFP2-Masken, die im Freien leicht feucht werden können und dann womöglich den gegenteiligen Effekt haben.

Für die Tourismusbranche werde gerade über die Verlängerung des Kurzarbeitsmodells für den Jänner verhandelt, sagte Köstinger weiter. Schon ausgehandelt sei eine Insolvenzabsicherung über 300 Mio. Euro für die Reisebranche.

Mahrer: Überlebenshilfen noch engmaschiger

Der Präsident der Wirtschaftkammer Österreich (WKÖ), Harald Mahrer, und Generalsekretär Karlheinz Kopf (beide ÖVP) begrüßten die Ausweitung der Unterstützung der öffentlichen Hand für Unternehmen. „Die Krise hat viele Unternehmen schwer getroffen, viele stoßen an ihre Grenzen. Umso wichtiger ist, dass jetzt die Hilfen für Unternehmen zielgerichtet ausgeweitet werden, damit das Netz an Überlebenshilfen noch engmaschiger wird.“

Drastischere Worte fand Wirtschaftskammer-NÖ-Präsident Wolfgang Ecker (ÖVP). „Der dritte Lockdown muss der letzte sein. Unsere Betriebe brauchen dringend rasche und unbürokratische Hilfe. Einen vierten Lockdown würden sie nicht mehr verkraften.“ Die Wirtschaft habe von Beginn an alles gegeben und trotz hoher finanzieller Belastungen Präventions- und Sicherheitsmaßnahmen installiert sowie verantwortungsbewusst umgesetzt.

Tourismusvertreter: Bittere Pille

Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel der WKÖ begrüßte die Hilfen. „Handelsunternehmen bekommen jetzt auch die Ausfallstage bis Jahresende ersetzt. Als Vergleichszeitraum dient dabei der Umsatz vom Dezember 2019. Das ist ein großer Erfolg, und wir haben uns in den letzten Tagen massiv für diesen Punkt eingesetzt. Um die wirtschaftliche Not der Unternehmen zu lindern, muss sich der Umsatzersatz für alle Lockdown-Tage im Dezember am Dezember-Umsatz des Vorjahres orientieren.“

Aus Sicht des WKÖ-Bundesspartenobmanns von Tourismus und Freizeitwirtschaft, Robert Seeber, ist die Verlängerung des Lockdowns vom 26. Dezember bis 18. bzw. 24. Jänner eine erneute bittere Pille, die – allen voran – erneut der Tourismus schlucken muss. „Leider ist das der Preis dafür, dass wir dann Ende Jänner wieder aufsperren können, um das zu tun, was wir am besten können und was unsere Passion ist, nämlich gute Gastgeber zu sein.“

FPÖ: „Eigen-PR-Pressekonferenz“

Kritik kommt von der Opposition: „Diese Regierung zeichnet sich nur durch leere Versprechungen und Placebomaßnahmen aus, die heute nicht mehr das halten können, was gestern noch versprochen wurde“, kritisierte der freiheitliche Wirtschaftssprecher Erwin Angerer in einer Aussendung. „Mittlerweile haben Schwarz und Grün wenigstens erkannt, dass die Deckelung des Fixkostenzuschusses II von 800.000 Euro für viele mittlere und große Betriebe den finanziellen Ruin bedeutet. Eine Einsicht, die für viele Unternehmen, insbesondere in der Hotellerie und dem Wintertourismus aber zu spät kommen könnte“, so der FPÖ-Politiker. „Heute durften wir wieder das Paradebeispiel einer ‚Eigen-PR-Pressekonferenz‘ erleben, in der eine wirtschaftliche Hiobsbotschaft die nächste jagte.“