Covid-Schnelltest
Reuters/Hannibal Hanschke
„Bedenklich“

Kritik von Opposition an „Freitesten“

Mit teils scharfer Kritik hat die Opposition am Samstag auf die Möglichkeit des „Freitestens“ reagiert, die am Vortag von der Regierung präsentiert worden war. Die SPÖ sprach von einem „bedenklichen Umgang mit dem Rechtsstaat“, auch FPÖ und NEOS äußerten rechtliche Bedenken. Unterdessen sprach Justizministerin Alma Zadic (Grüne) den Experten und Expertinnen im Gesundheitsministerium „größtes Vertrauen“ aus.

Der dritte Lockdown soll am 26. Dezember in Kraft treten und bis zum 17. Jänner andauern. Wer bis dorthin an einem Massentest teilgenommen hat, soll die Betriebe, die am 18. Jänner wieder aufsperren, nutzen dürfen – für jene, die sich nicht testen lassen, gelten die Beschränkungen eine Woche länger. Die Polizei soll stichprobenartig kontrollieren, ob die Tests auch wirklich gemacht wurden.

Auch danach wird man, so sieht es die Strategie der Regierung vor, nicht um regelmäßige Coronavirus-Tests umhinkommen, wenn man etwa ein Konzert oder eine andere Veranstaltung besuchen oder in einem Hotel einchecken will. Hier dürfte es so sein, dass man ein negatives Testergebnis vorlegen muss, das nicht älter als 48 Stunden ist. Wie die neuen Bestimmungen im Jänner konkret ausschauen werden, wird sich erst mit Vorliegen der entsprechenden Verordnung zeigen.

Ludwig: Offene Fragen beim „Freitesten“

Für Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) stellen sich beim „Freitesten“ jedoch einige Fragen, deren Beantwortung nach wie vor „offen“ ist. Dennoch wolle man für eine genauere Beurteilung die konkreten Rechtsgrundlagen abwarten, hieß es aus dem Büro von Ludwig – mehr dazu in wien.ORF.at.

Justizministerin Alma Zadic
APA/Helmut Fohringer
Zadic vertraut auf die „Verhältnismäßigkeit und auf die Verfassungskonformität“ der Gesetze

Zadic fürchtet keine rechtlichen Probleme

Zadic fürchtet aber keine rechtlichen Probleme bei dem ab Mitte Jänner möglichen „Freitesten“. Sie habe „größtes Vertrauen“ in die Experten im Gesundheitsministerium und in den zuständigen Ressorts, wo die Verordnung erarbeitet wird – sowohl in Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit als auch auf die Verfassungskonformität, sagte sie heute im Ö1-Mittagsjournal.

Ein Versagen der Regierung, wie von der Opposition kritisiert, sieht sie nicht. „Wir sind alle in einer einmaligen Krise“, sagte sie. „Wir alle – die Bundesregierung und wir als Gesellschaft – sind jeden Tag aufs Neue gefordert.“ Die Infektionszahlen seien leider nach wie vor „sehr, sehr hoch“. „Wir müssen uns als Gesellschaft weiter gedulden“, damit die Situation etwa in den Pflegeheimen und Spitälern nicht weiter eskaliert.

Lockdown und die Folgen

Viel Kritik am angekündigten nächsten Lockdown kommt aus den Oppositionsreihen – Unverständnis äußern zum Beispiel manche auch über die mögliche Öffnung der Skigebiete, wo man doch gleichzeitig am besten niemanden treffen soll. Viele Klagen kommen aus der Wirtschaft, der Handel hatte auf die Zeit nach Weihnachten gehofft, in der traditionell viel gekauft und damit viel Umsatz gemacht wird. Aber daraus wird eben nichts – bis weit in den Jänner hinein.

Impfpflicht steht nicht zur Debatte

Gefragt, ob sie einen Vertrauensverlust in der Bevölkerung sieht, nachdem Österreich im Frühjahr gut aus der Pandemie gekommen ist, im Herbst aber bei den weltweit am stärksten von der Pandemie betroffenen Ländern vorne dabei war, sagte die Ministerin, es gehe darum, das Gleichgewicht zu wahren. Man müsse alles tun, um Leben und die Gesundheit zu schützen, aber auch die Arbeit und Wirtschaft dürften nicht außer Acht gelassen werden. Und es gehe darum, auch die Grund- und Freiheitsrechte nicht zu sehr einzuschränken.

Zu einer allfälligen Impfpflicht sagte Zadic, das stehe nicht zur Debatte. Jetzt müsse einmal die Impfung zugelassen werden, „wir werden dann schauen, wie sich die Dinge entwickeln“. Gefragt, ob eine Impfpflicht nicht der „logische nächste Schritt“ wäre, sagte sie, sie würde sich hüten, „vor logischen Schritten zu sprechen“. Es bestehe ein „ganz klarer Impfplan“ im Gesundheitsministerium. Daran werde sich nichts ändern.

SPÖ: „Gesetzes- und Verordnungspfusch“

Kritik an den Aussagen kam von der Opposition: „Es muss endlich Schluss mit dem Gesetzes- und Verordnungspfusch der türkis-grünen Bundesregierung sein“, sagte SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim in einer Aussendung. Das Vertrauen von Zadic in die Rechtsexpertise des Gesundheitsministeriums „beim Quasi-Testzwang lässt Schlimmes befürchten“, sagte sie.

Yildirim erinnerte an die „hohe Anzahl der VfGH-Aufhebungen (Verfassungsgerichtshof, Anm.) und die unsystematischen, unklaren Regelungen aus dem Gesundheitsministerium zu Betretungs- bzw. Aufenthaltsverboten sowie die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen“. „Hier geht es um einen bedenklichen Umgang mit dem Rechtsstaat, denn für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger heißt das, dass es an Rechtssicherheit mangelt“, sagte Yildirim.

„Kein politisch oder rechtlich sauberes Vorgehen“

Ähnlich FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan: „Diese Zuversicht der Ministerin ist schon sehr erstaunlich, denn das Gesundheitsministerium ist in der Vergangenheit immer wieder danebengelegen, wenn man nur an die verschiedenen aufgehobenen Verordnungen denkt, bei denen sich letztlich herausstellte, dass diese dann doch rechts- oder verfassungswidrig waren.“

Verwundert zeigte sich NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter: Einige Maßnahmen der Bundesregierung seien bereits vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden, erinnerte auch er. „Woher Ministerin Zadic ihr Vertrauen nimmt, dass es diesmal anders wäre, ist nicht klar. Leider hat die Bundesregierung bis jetzt versäumt, auf die Grundrechte und die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen zu achten, Kanzler Kurz (Sebastian, Anm.) hat Kritik daran dann als Spitzfindigkeit abgetan. Das ist kein politisch oder rechtlich sauberes Vorgehen.“