Eine Kellnerin mit Mund-Nasen-Schutz in einem Cafe
APA/Georg Hochmuth
„Freitesten“

Kontrollen als heiße Kartoffel

Der Plan, sich nach dem Lockdown für den Besuch von Geschäften und Restaurants „freitesten“ zu können, hat ÖVP-intern zu Unstimmigkeiten geführt. Während Innenminister Karl Nehammer für die Kontrolle der Tests den jeweiligen Betreiber verantwortlich sieht, lehnen Tourismusministerin Elisabeth Köstinger, ÖVP-Wirtschaftsbund und Handelsverband genau das ab.

Nach dem aktuellen Lockdown soll es die Möglichkeit geben, mittels CoV-Test an Veranstaltungen teilzunehmen oder Lokale und Shops zu besuchen. Wer das kontrolliert, ist allerdings noch offen, Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) wollte sich am Rande einer Pressekonferenz noch nicht zu den Kontrollbefugnissen äußern, nur so viel: Die Regierung werde in der ersten Jänner-Woche die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen und präsentieren. Erst dann sei auch die Kontrollfrage Thema. Anschober bat daher um „ein bisschen Geduld“.

Wer nicht kontrollieren soll, stellte Köstinger schon vor Weihnachten klar, nämlich die Wirte selbst. „Die zuständigen Behörden können jederzeit und überall Kontrollen durchführen, ob sich jemand mit einem negativen Test ‚freigetestet‘ hat. Es wäre absurd, diese Verantwortung den Betreibern von Lokalen aufzubürden. Davon war nie die Rede, und das wird mit Sicherheit auch nicht so sein.“

„Nicht Aufgabe der Gastronomen“

Auch am Montag betonte Köstingers Sprecher, zuständig sei die Gesundheitsbehörde. Sollten deren Kapazitäten nicht reichen, müsse die Polizei ausrücken. In einem Statement bekräftigte Köstinger, dass die Kontrolle auf negative CoV-Tests nicht Aufgabe der Gastronomen sein wird. Die notwendige Verordnung werde im engen Zusammenwirken zwischen den Gesundheitsbehörden und den Interessenvertretungen der Gastronomen erarbeitet, teilte sie weiters mit.

Innenminister Nehammer stellte im Gespräch mit der APA klar, dass die Kontrolle im Normalfall nicht durch die Polizei erfolgen wird. Im Gegensatz zu Köstinger sieht er hier vornehmlich die Zuständigkeit bei den Betreibern selbst – sowie auch bei der Wirtschaftskammer oder dem Arbeitsinspektorat. In der „Krone“ wurde Nehammer noch deutlicher: „Ich sehe das so: Immer der, der die Erlaubnis bekommt, ein Geschäft zu betreiben, trägt die Verantwortung dafür, was in seiner Anlage passiert. Das wäre auch für Lokalbetreiber nach dem Freitesten so.“

Unklarheit über das „Freitesten“

In diesen Tagen herrscht Lockdwon in Österreich, die Ausgangsbeschränkungen gelten bis mindestens 18. Jänner – und unklar ist, wie das „Freitesten“ danach gehandhabt werden soll.

Ganz ausschließen will es der Ressortchef nicht, dass man seitens der Exekutive auch hier das ein oder andere Mal ausrücken wird müssen. Es könne sein, dass die Gesundheitsbehörden die Polizei zu Stichproben auffordern. An sich sei aber ein Einsatz nur vorgesehen, wenn es zu einer Eskalation komme – also etwa, wenn sich eine Person weigert, einen Ort zu verlassen, obwohl sie keinen CoV-Test absolviert hat.

„Unnötige Verunsicherung“ für Wirtschaftsbund

Irritiert über Nehammers Aussagen zeigte sich ÖVP-Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger. „Es ist nicht Aufgabe von Mitarbeitern oder Unternehmern, die Arbeit der Polizei zu erledigen“, erklärte Egger in einer Aussendung. Köstinger habe bereits klargestellt, dass das „mit Sicherheit nicht so sein wird“. Nehammers Aussagen würden hingegen Händler, Lokalbetreiber und Dienstleister „unnötig verunsichern“, so der ÖVP-Politiker in Richtung seines Parteifreundes.

Gastro-Spartenobmann in der Wirtschaftskammer, Mario Pulker, sagte, dass die Wirte die Kontrolle keinesfalls übernehmen könnten. Nehammer sorge mit seinen Angaben für eine zusätzliche Verunsicherung bei den Gastronomen in einer unsicheren Zeit, so Pulker am Montag. „Wir werden nicht kontrollieren. Das ist für uns nicht möglich“, so Pulker. Auch wie es mit dem Contact-Tracing in Gasthäusern genau weitergeht, wenn sie wieder öffnen, ist derzeit noch offen. „Wir warten auf die neue Verordnung. Dann werden wir auch hierzu mehr wissen“, so der Gastro-Spartenobmann, der die „Zettelwirtschaft“ nicht gutheißt.

Auch die Handelssparte verwehrte sich gegen den Vorschlag. „Wir haben weder die Kapazitäten noch die rechtlichen Befugnisse, solche Kontrollen durchzuführen“, so Obmann Rainer Trefelik in einer Aussendung.

Kontrollen für Handel „unzumutbar“

Überrascht und verwundert zeigt sich auch der Handelsverband. „Die Gesundheitsbehörde muss für gesundheitsbehördliche Kontrollen zuständig bleiben. Weder für den Handel noch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine weitere Zusatzbelastung zumutbar. Daher appellieren wir an die Bundesregierung, am bereits zugesicherten Ablauf festzuhalten“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Kritik am Innenminister übte auch die SPÖ. Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter lehnte Kontrollen durch die Wirte ebenfalls ab und erklärte in einer Aussendung: „GastronomInnen und UnternehmerInnen sind keine Hilfssheriffs.“ Ähnlich sieht das auch die FPÖ: „Die Unternehmer in der Gastronomie haben derzeit andere Sorgen, als im Jänner auch noch Polizei zu spielen“, so FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer. „Eine derartige weltfremde Forderung kann nur jemand aufstellen, der keine Ahnung hat, wie es den Unternehmern derzeit wirklich geht. Außerdem ist dieses sogenannte ‚freitesten‘ eine Idee von ÖVP-Kanzler Kurz und nicht von den Lokalbetreibern.“

Auch Gewerkschaft will nicht kontrollieren

Die GPA, für den Handel zuständig, schloss es am Montag aus, dass Handelsmitarbeiter Coronavirus-Tests kontrollieren. Der Vorschlag sei „unverschämt und absurd“, so GPA-Vorsitzende Barbara Teiber. Schon jetzt klagten Handelsangestellte aufgrund der angespannten Situation über Zunahme von Aggressionen vonseiten der Kundinnen und Kunden. Eine zusätzliche Belastung wäre unzumutbar. „Wenn der Gesetzgeber meint, die Strategie der Freitestungen wäre sinnvoll, so hat er auch für die nötigen organisatorischen Rahmenbedingungen zu sorgen“, so Teiber.

Auch die Polizeigewerkschaft will nicht, dass die Polizei kontrollieren muss – das sei Aufgabe der Gastronomen, so der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Reinhard Zimmermann, gegenüber dem „Kurier“. Man müsse auch einmal Nein sagen und sich auf die Kernaufgaben der Polizei konzentrieren. Schließlich sei die Gastronomie auch für die Einhaltung des Jugendschutzes zuständig, durch Vorlage eines Ausweises etwa. Analog könne man auch mit Testnachweisen vorgehen.