Zwei ältere Personen warten in einem Covid-Impfcenter in Tel Aviv (Israel)
AP/Oded Balilty
Zwei Millionen im Jänner

Israel drückt bei CoV-Impfung aufs Tempo

Im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie sollen die weltweit angelaufenen Impfkampagnen zum bereits lange herbeigesehnten Durchbruch verhelfen. So wie wohl kaum ein anderes Land drückt Israel hier nun aufs Tempo. Geht alles nach dem am Sonntag bekanntgegebenen Plan, sollen dort noch in diesem Monat rund zwei Millionen Menschen kompletten Impfschutz erhalten.

„Bis Ende Jänner werden wir zwei Millionen Einwohner geimpft haben, darunter meist ältere“, sagte der Generaldirektor des israelischen Gesundheitsministeriums, Hezi Levy, dem öffentlich-rechtlichen Sender Kan. Das entspricht mehr als einem Fünftel der israelischen Gesamtbevölkerung von etwa 9,2 Millionen Menschen.

Bis Freitag hatte bereits eine Million Menschen ihre erste von zwei nötigen Injektionen erhalten. Nach Angaben der bei der Universität von Oxford angesiedelten Website Our World in Data (Dt.: Unsere Welt in Daten) sind das 12,59 Geimpfte pro 100 Einwohner (Stand: 2. Jänner).

Covid-Imfpcenter in Ramat Gan (Israel)
AP/Oded Balilty
Über eine Million Menschen haben in Israel bereits eine erste Impfdosis erhalten

Israel ist damit diesen Angaben zufolge einsame Spitze. Zum Vergleich: In Österreich sind es noch 0,07 und in Deutschland 0,29 – doch hier starten die flächendeckenden Impfungen erst. Weltweit wurde laut Our World in Data bisher 12,3 Millionen Menschen ein CoV-Impfstoff verabreicht.

„Laufen der gesamten Welt davon“

Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte bereits am Freitag betont, Israel breche alle Rekorde. „Wir laufen der gesamten Welt davon“, sagte er in Bezug auf die israelische Impfstrategie. Netanjahu wurde bereits am 19. Dezember geimpft. Erklärtes Ziel sei, 5,5 Millionen Geimpfte zu erreichen, um die Pandemie im Land zu stoppen, wie Netanjahu am Neujahrstag sagte.

Bis Ende Jänner sollen nach Levys Angaben insgesamt zwei Millionen Menschen beide nötigen Injektionen bekommen. Israel impft die Bevölkerung mit dem Vakzin der US-deutschen Pharmakooperation der Unternehmen Pfizer und Biontech und damit dem bisher einzigen auch in der EU zugelassenen Impfstoff.

Trotz eines dritten Lockdowns ist in Israel zuletzt aber auch die Zahl der CoV-Neuinfektionen wieder in die Höhe geschnellt. Die Zahl der neuen Coronavirus-Fälle binnen 24 Stunden lag nach Angaben des Gesundheitsministeriums vom Freitag bei 5.809. Am Vortag waren es mit 5.831 noch etwas mehr gewesen – der höchste Stand seit Oktober. Bis Sonntag haben sich in Israel insgesamt über 435.000 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Knapp 3.400 Menschen sind an oder mit dem Virus verstorben.

Impfstoff zur Chefsache erklärt

Was die israelische Impfstrategie betrifft, erklärte Netanjahu den Wettlauf um einen Impfstoff bereits frühzeitig zur Chefsache. Immer wieder telefonierte der israelische Regierungschef etwa mit Pfizer-Chef Albert Bourla, um Millionen von Impfdosen für sein Land zu sichern. Als der 71-Jährige sich als Erster mit dem Biontech-Pfizer-Vakzin impfen ließ, sagte er, Bourla sei inzwischen „ein persönlicher Freund von mir und ein Riesenfreund des Staates Israel“.

Nach Angaben Netanjahus hat Israel mit Pfizer die Lieferung von acht Millionen Impfdosen und mit Moderna von sechs Millionen Impfdosen vereinbart. Millionen Impfdosen sind nach Medienberichten schon im Land – die genaue Zahl wird geheim gehalten. Als die ersten Impfdosen von Biontech-Pfizer am 9. Dezember in Israel landeten, nahm Netanjahu sie persönlich auf dem Flughafen in Empfang.

Eine Million Israelis bereits geimpft

Schon seit dem 19. Dezember 2020 fährt Israel eine großangelegte CoV-Impfkampagne. Auch im Vereinigten Königreich wurden nach Regierungsangaben mittlerweile auch schon eine Million Bürger geimpft.

Debatte über Impfstrategie in Europa

In Europa wurden die ersten Biontech-Pfizer-Dosen unterdessen erst rund um die Weihnachtstage ausgeliefert. Kurz zuvor erfolgte die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA), und diese könnte am 6. Jänner nun grünes Licht für den Impfstoff der Firma Moderna geben. Eine wichtige Rolle in der europäischen Impfstrategie spielt aber auch der Impfstoff von AstraZeneca, und über diesen wird die EMA wohl erst im Februar entscheiden.

Mit dem AstraZeneca-Impfstoff – wenn er denn geliefert wird – könnte sich auch das Impfen und das Impftempo beschleunigen: Denn dieser Impfstoff muss nicht gesondert gekühlt werden und könnte deshalb auch in Arztpraxen verabreicht werden. Rund eine Woche nach dem symbolischen Auftakt der CoV-Impfungen sorgt die in Europa verfolgte Impfstrategie allerdings zunehmend für Debatten.

Fehlendes Impfpersonal in Italien

In Italien wurden bis Sonntagmorgen offiziell etwa 80.000 Dosen gespritzt. Nach Behördenangaben verfügt Italien seit Jahresende über knapp 470.000 Dosen des Impfstoffs der Unternehmen Pfizer und Biontech, somit wurde weniger als ein Fünftel verbraucht.

Nach dem Auftakt der Immunisierungskampagne vom Sonntag vor einer Woche laufen seit dem 31. Dezember Massenimpfungen. Mehrere Zeitungen berichteten jedoch am Wochenende über Schwierigkeiten zum Start. Wie „La Repubblica“ am Samstag schrieb, fehlte es um den Jahreswechsel an Impfärzten und Mitarbeitern in Krankenhäusern.

In Frankreich gibt es bisher keine genauen Angaben dazu, wie viele Menschen geimpft wurden. Medien sprechen teils von wenigen Hunderten und berufen sich unter anderem auf eine Website, die von einem Datenwissenschaftler auf Basis der Angaben von Gesundheitsbehörden betrieben wird. Nach Kritik am langsamen Anlaufen der Impfkampagne versprach ein Regierungssprecher in Paris mehr Tempo. Ab Montag sollen zudem Informationen zu den erfolgten Impfungen transparent veröffentlicht werden.

Vorgezogener Impfstart in den Niederlanden

Die Niederlande haben mit den Impfungen noch gar nicht begonnen. In einer Lagerhalle in Oss im Osten des Landes liegen seit Tagen ungenutzt rund 175.000 Dosen des Impfstoffs von Biontech und Pfizer. Ursprünglich wollte das Land erst am 8. Jänner mit den Impfungen beginnen. Nach starkem Druck von Medizinern und Öffentlichkeit wollen die Niederlande den Impfstart nun doch vorziehen. Zunächst sollen 30.000 Mitarbeiter in Krankenhäusern gegen das Virus geimpft werden, teilte das Gesundheitsministerium am Samstag in Den Haag mit. Die Niederlande sind das einzige Land der EU, das noch nicht impft.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hat die Beschaffung von CoV-Impfstoff in der Europäischen Union verteidigt. „Das Nadelöhr ist derzeit nicht die Zahl der Bestellungen, sondern der weltweite Engpass an Produktionskapazitäten“, sagte Kyriakides am Samstag in Brüssel. Zugleich versprach sie schrittweise Verbesserungen bei der Impfstoffversorgung.

Nächste Tranchen angekündigt

In Deutschland waren mit Stand von Sonntagmorgen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) rund 240.000 Menschen geimpft. In Österreich wurden laut Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) mehr als 6.000 Impfungen in Alten- und Pflegeheimen und an Covid-19-Stationen durchgeführt, wie er am letzten Tag des Jahres 2020 bekanntgegeben hatte. Ab nächster Woche werden nun wöchentliche Lieferungen des Biontech-Pfizer-Impfstoffs erwartet.

Die Auslieferung erfolgt laut Angaben aus dem Gesundheitsministerium über 17 Verteilerzentren in ganz Österreich, „um so den notwendigen vorsichtigen Umgang mit dem Impfstoff abzusichern und eine rasche flächendeckende gleichzeitige Impfung in ganz Österreich ab 12. Jänner vorzubereiten“.