Anhänger von Ex-Präsident Donald Trump vor dem US-Kapitol
Reuters/USA Today/Jack Gruber
Post-Trump-Ära

Harter Richtungsstreit bei US-Republikanern

Bei den US-Republikanern tobt ein erbitterter Streit um die Ausrichtung der Zukunft der Grand Old Party (GOP). Während die einen für Zusammenhalt und Allianzen plädieren, streben die anderen einen radikalen Bruch mit dem umstrittenen Ex-Präsidenten Donald Trump an. Nützen könnte dieser Konflikt aber vor allem den Demokraten.

Am Donnerstag sprachen sich die US-Republikaner gegen die Degradierung der Abgeordneten Marjorie Taylor Greene aus. Greene gilt als radikale Anhängerin Trumps, die nach wie vor behauptet, dass die Wahl gefälscht worden sei. Kurz davor stellte sich die Partei aber auch vor eine prominente parteiinterne Kritikerin, die Kongressabgeordnete Liz Cheney. Sie gehörte zu jenen zehn Republikanern, die im Repräsentantenhaus mit den Demokraten für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump stimmten.

Greene und Cheney verkörpern die gegensätzlichen Positionen der Republikanischen Partei, die als ausschlaggebend für den innerparteilichen Richtungsstreit nach der Abwahl Trumps gesehen werden können. Auch zeigen die Auseinandersetzungen, welcher Balanceakt derzeit vollführt werden muss, um die weit auseinanderliegenden Positionen zu vereinen. Der Sender CNN sprach bereits von einem „Bürgerkrieg“ zwischen trumptreuen Extremisten und gemäßigten Mainstream-Republikanern.

Zwar bemühte sich Greene am Donnerstagabend, Schadensbegrenzung zu betreiben: Im Parlament äußerte sie Bedauern über einzelne Äußerungen. Im Jahr 2018 sei sie eine Zeit lang Thesen der „QAnon“-Verschwörungstheorie gefolgt und habe diese auch weiterverbreitet. Sie habe Dinge geglaubt, die nicht wahr seien. „Das bedauere ich sehr.“ Inzwischen habe sie sich davon losgesagt. Der Schaden scheint aber bereits angerichtet.

Taylor Greene
Reuters/Elijah Nouvelage
Die Republikanerin und Trump-Anhängerin Greene verbreitete verschwörungstheoretische, antisemitische, rassistische und islamfeindliche Positionen

Trumps langer Schatten

Der Minderheitsführer der Republikaner im US-Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, hat laut einem Bericht von „Politico“ seine republikanischen Kollegen und Kolleginnen bereits gebeten, sich nicht mehr gegenseitig öffentlich anzugreifen und „versucht verzweifelt, seine Reihen zu vereinen“. Gleichzeitig habe er nach einem Besuch bei Trump in Florida jedoch klargemacht, dass der ehemalige Präsident ein wesentlicher Bestandteil zukünftiger politischer Bemühungen der Partei sein werde.

So schreibt auch der US-Auslandssender „Voice of America“, Trump sei zwar nicht mehr im Weißen Haus, aber sein Einfluss sei immer noch stark auf dem Capitol Hill zu spüren, wo die Unruhen tiefe Spaltungen innerhalb der Republikanischen Partei verursacht hätten.

In dem Schock, den der Sturm aufs Kapitol auslöste, sahen Trump-Kritiker und -Kritikerinnen eine Chance für die Republikaner, den Befreiungsschlag zu wagen. Dass ihnen das gelingt, erscheint zunehmend zweifelhaft. Auch McCarthy, hatte Trump kurz nach dem Sturm aufs Kapitol noch eine Mitverantwortung daran zugeschrieben. Später ruderte er zurück, am vergangenen Donnerstag machte er Trump schließlich seine Aufwartung in Florida.

Zusammenarbeit mit Trump vereinbart

Trumps Team teilte mit, die beiden Politiker hätten vereinbart zusammenzuarbeiten, um bei der Kongresswahl 2022 die Mehrheit im Repräsentantenhaus für die Republikaner zurückzuerobern. McCarthy dürfte darauf hoffen, die Demokratin Nancy Pelosi als Vorsitzende der Kammer abzulösen. Auf Twitter schrieb er: „Vereint und bereit um in ’22 (2022, Anm.) zu gewinnen.“

Das Trump-Team behauptete unterdessen, die Unterstützung des Ex-Präsidenten für bestimmte Kandidaten wiege heute schwerer als je zuvor. Das mag zwar angesichts der Zustimmungswerte zum Ende seiner Amtszeit übertrieben sein, unbedeutend ist Trumps Urteil aber keineswegs – schließlich haben ihm bei der Wahl im November mehr als 74 Millionen US-Amerikanerinnen und -Amerikaner ihre Stimme gegeben. Als Drohung dürften die Republikaner auch empfinden, dass Trump nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ vor seinem Abschied aus dem Weißen Haus mit der Idee spielte, eine eigene Partei zu gründen.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump
Reuters/Jonathan Ernst
Die Haltung Trump gegenüber scheint zur Gretchenfrage bei der zukünftigen Ausrichtung der republikanischen Partei zu werden

„Nicht die Partei, der ich mich angeschlossen habe“

CNN berichtete nach McCarthys Florida-Reise, Trump mache hinter den Kulissen zudem bereits Front gegen parteiinterne Kritiker. Einer von Trumps Kritikern ist Adam Kinzinger. Der „Washington Post“ sagte er kürzlich: „Ich denke, wir werden in den nächsten sechs Monaten einen epischen Kampf um die Definition dieser Partei führen.“ Seiner Kollegin Greene warf Kinzinger auf Twitter vor, mit den Grundwerten der Partei nichts gemein zu haben. „Sie ist keine Republikanerin.“

Kinzinger stimmte ebenso wie Cheney für ein Amtsenthebungsverfahren – auch wenn das eine „schwierige Position“ sei, wie gegenüber dem Sender NBC sagte. Doch nun sei eben die Zeit gekommen, um zu entscheiden, welchen Weg man einschlage und wofür man stehe. Die vergangenen vier Jahre seien geprägt gewesen von „Dunkelheit und Spaltung“, die Partei sei auf einen schlechten Weg geraten.

„Country First“: Neue Bewegung gegründet

„Das ist nicht die Partei, der ich mich einst angeschlossen habe. Und ich denke, den meisten Republikanern geht es ebenso“, sagte Kinzinger. Um die ursprünglichen und konservativen Werte in der Republikanischen Partei wieder herzustellen, habe er die Bewegung (Political Action Committee, Anm.) „Country First“ (Zu Deutsch: „Das Land zuerst“) gegründet. Auf der Website Country1st ist zu lesen: „Dies ist ein Zuhause für Amerikaner mit Prinzipien, die den giftigen Extremismus satthaben, der die Politik unserer geliebten Nation ereilt hat.“

Adam Kinzinger
AP/CQ Roll Call/Tom Williams
„Das ist nicht die Partei, der ich mich einst angeschlossen habe“, sagt Kinzinger über die GOP und gründete die Bewegung „Country first“

Doch die Erfolgsaussichten, dass Kinzingers Bewegung zukünftig wirklich eine Alternative darstellt, dürften eher gering sein, wie der Politologe mit dem Schwerpunkt Amerikanische Politik Scott Lucas kürzlich in einem Interview mit FM4 sagte. Nicht zuletzt würde ihm dafür auch einfach der Rückhalt innerhalb der Partei fehlen – schließlich hätte sich etwa bereits die Mehrheit der Republikaner im Senat gegen ein Amtsenthebungsverfahren ausgesprochen.

Politologe: Republikaner in drei Fraktionen zerfallen

Lucas spricht davon, dass die Partei derzeit nicht nur zwei- sondern sogar dreigeteilt sei: Es gebe die alteingesessene Establishment-Fraktion mit dem Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, die extreme Trump-Fraktion mit Greene und die dritte, bisher kleinste, Anti-Trump-Fraktion mit Kinzinger und Cheney.

Dennoch: Eine dritte Partei abseits der Republikanischen und Demokratischen, die möglicherweise eine Alternative darstellen könnte, hätte ohnehin keine Chance, wie etwa das Beispiel der Green Party in der Vergangenheit gezeigt hätte. „Die einzige Art, wie Veränderung (in den USA, Anm.) auftritt, ist, dass eine Partei gänzlich übernommen wird“, so Lucas. Zu einem großen Teil dürfte das Trump wohl gelungen sein – denn dass das Ende von Trump noch lange nicht das Ende des Trumpismus bedeutet, sind sich Beobachter und Beobachterinnen einig.

Genau das könnte nun den Demokraten nützen. Laut „Politico“ gibt es bereits Signale, dass sich deren Wahlkampfstrategie für 2022 stark darauf konzentrieren werde, die Republikanische Partei ausschließlich rechtsaußen zu verorten. So habe am Wochenende das Büro der Sprecherin von Pelosi etwa eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der McCarthys Parteizugehörigkeit nicht mit „Republikaner“ sondern mit der „QAnon“-Verschwörungstheorie angeführt wurde.