Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)
APA/Georg Hochmuth
Razzia bei Blümel

WKStA nennt erste Ermittlungsdetails

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat am Donnerstag mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt. Neben Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) werden zwei weitere nicht genannte Personen beschuldigt. Wie die Behörde mitteilte, ermittelt sie wegen des Verdachts der Bestechlichkeit auf der einen Seite und wegen des Verdachts der Bestechung andererseits.

„Den Ermittlungen liegt der Verdacht zugrunde, dass ein Verantwortlicher eines Glücksspielunternehmens Spenden an eine politische Partei im Gegenzug für die Unterstützung von Amtsträgern der Republik Österreich bei einer dem Unternehmen drohenden Steuernachforderung im Ausland angeboten habe“, erklärte die WKStA. „Im Zuge dieser Ermittlungen fanden heute Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten in Privat- und Unternehmensräumlichkeiten statt“, so die WKStA am Donnerstag weiter und sie hielt fest: „Die Hausdurchsuchungen wurden gerichtlich bewilligt und vorab der Oberstaatsanwaltschaft Wien berichtet.“

Der Anwalt Nobert Wess teilte unterdessen mit, dass sein Mandat, der Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann, festhalte, „dass es weder von ihm persönlich noch von Seiten der Novomatic AG Spenden an politische Parteien, sohin auch nicht an die ÖVP, gegeben hat. Eine etwaige Spende wurde von meinem Mandanten – insbesondere in Zusammenhang mit einer allfälligen Thematik mit Italien – zu keiner Zeit versprochen, angeboten oder auch nur in Aussicht gestellt. Mag. Neumann weist sämtliche Vorwürfe entschieden zurück und ist davon überzeugt, dass es rasch zu einer Aufklärung dieser falschen Rückschlüsse kommt.“

Verdacht der illegalen Spende

Nach Recherchen des ORF und des Nachrichtenmagazins „profil“ hegte die WKStA den Verdacht, der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann habe Blümel bzw. der ÖVP 2017 eine Spende angeboten – im Abtausch dafür sollte Blümel dem Glücksspielkonzern bei der Lösung von Problemen in Italien zur Hand gehen.

Der ehemalige Novomatic-Chef Harald Neumann
APA/Helmut Fohringer
Auch gegen Neumann gibt es schwere Vorwürfe

Ihren Ausgang nahm die Hausdurchsuchung mit einer SMS aus dem Juli 2017, in der Neumann bei Blümel um einen Termin im Außenministerium ersuchte – und zwar beim damaligen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Damals war Blümel Stadtrat in Wien. Am 12. Juli 2017 schrieb Neumann an Blümel: „Bräuchte kurzen Termin bei Kurz. 1) wegen Spende 2) wegen des Problems, das wir in Italien haben.“ Neumann trat im Februar 2020 als Novomatic-Vorstand zurück und gab familiäre Gründe als Auslöser dafür an.

Anwalt: Spende „karitative Sache“

Tatsächlich hatte die Novomatic im ersten Halbjahr 2017 ein Problem mit den italienischen Finanzbehörden. Wie dem Halbjahresfinanzbericht der Novomatic zu entnehmen ist, hatte die italienische Tochter Novomatic Italia S.p.a. am 5. April 2017 Besuch von der italienische Steuerpolizei. Diese monierte, dass die Italien-Tochter Lizenzgebühren an die Novomatic Gaming Industries GmbH bezahlt und damit ihre Steuergrundlage in Italien minimiert habe.

Ein rechtskräftiger Steuerbescheid lag bei der Erstellung des Halbjahresfinanzberichts noch nicht vor. In der Folge musste Novomatic aber etwas mehr als 20 Millionen Euro Steuern in Italien nachzahlen. Neumann ist derzeit im Ausland. „Bei der Spende handelte es sich nach Erinnerung meines Mandanten um eine karitative Sache, völlig losgelöst von dem Italien-Thema“, erklärte Neumanns Anwalt Wess zur SMS von Neumann an Blümel.

Blümel: „Falsche Vorwürfe“

Blümel bestätigte am Donnerstag, dass er als Beschuldigter in den Ermittlungen zu Casinos Austria und Novomatic geführt wird und eine Hausdurchsuchung stattgefunden habe. Er bestritt jedoch alle Vorwürfe gegen ihn. Er kenne nun nach einem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft die Vorwürfe, „diese lassen sich in wenigen Worten aufklären“, so Blümel. „Es wurden keine Spenden von Novomatic angenommen“, so Blümel. „Spenden von Glücksspielunternehmen hätten und haben wir nie angenommen, schon gar nicht, wenn noch zusätzlich eine Gegenleistung im Raum stünde“, sagte der Finanzminister weiter.

Hausdurchsuchung bei Blümel

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bestätigte, dass er als Beschuldigter in der Causa Casinos geführt wird.

„Anliegen von österreichischen Unternehmen im Ausland werden täglich an die Politik herangetragen und sind selbstverständlich, wenn es im Sinne des Einsatzes für österreichische Arbeitsplätze geht.“ Die Spendenlisten der ÖVP-Bundespartei und der ÖVP Wien seien „öffentlich und für jeden einsehbar“, versicherte Blümel am Donnerstag.

„Jederzeit bereit für Aufklärung“

Der Finanzminister sprach nach seinem Termin bei der WKStA von einem „guten Gespräch“ mit dem Staatsanwalt. „Ich bin froh, dass das Gespräch nun stattgefunden hat. Jetzt kenne ich die Vorwürfe, und diese lassen sich in wenigen Worten aufklären“, meinte Blümel in einer schriftlichen Stellungnahme.

Im Zuge der Hausdurchsuchung habe er „alle notwendigen Unterlagen und elektronischen Geräte zur Verfügung gestellt“, sagte Blümel. „Ich bin jederzeit bereit, alles weitere Notwendige beizutragen, um eine schnelle Aufklärung zu ermöglichen und die falschen Vorwürfe zu widerlegen.“ Die Razzia muss bereits länger geplant gewesen sein, für eine Hausdurchsuchung braucht es nämlich eine richterliche Anordnung. Blümel will sich noch am Donnerstag in einer Gegendarstellung ausführlicher zu Wort melden.

Wie der „Standard“ berichtete, soll die WKStA deshalb auch nicht glücklich gewesen sein, dass Blümels Beschuldigtenstatus vor zwei Tagen medial bekanntwurde. Dass Blümel als Beschuldigter geführt wird, war vor zwei Tagen öffentlich geworden. Ein „Dossier“-Journalist hatte eine aktuelle Auflistung der im Casinos-Akt als Beschuldigte geführten Personen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet. Die Opposition forderte am Donnerstag geschlossen den Rücktritt des Finanzministers, die Grünen Aufklärung.

Ermittlungen gegen mehrere Politiker und Vorstände

Kern der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind die Bestellung des Ex-FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Casinos-Finanzvorstand und mögliche Absprachen im Hintergrund. Es besteht der Verdacht, Novomatic habe sich für die Bestellung von Sidlo zum Casinos-Finanzchef nur deshalb eingesetzt, weil im Gegenzug die FPÖ ein Entgegenkommen bei der Vergabe von Lizenzen versprochen habe. Novomatic war damals einer der drei bestimmenden Aktionäre der Casinos Austria AG, verkaufte seinen Anteil unterdessen an den nunmehrigen tschechischen Mehrheitseigentümer Sazka Group. Die Staatsholding ÖBAG hält 33,24 Prozent an dem Glücksspielkonzern.

Blümel war zu dieser Zeit der ÖVP-FPÖ-Koalition Kanzleramtsminister von Kurz. Ermittelt wird unter anderen auch gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), ÖBAG-Chef Thomas Schmid und Ex-Novomatic-Chef Neumann. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.