Finanzminister Gernot Blümel
APA/HELMUT FOHRINGER
Causa Novomatic

Blümel: Keine Spenden an ÖVP-nahe Vereine

Finanzminister Gernot Blümel hat am Freitag erneut alle Vorwürfe zur Causa Novomatic zurückgewiesen. Dabei ging er auf die Frage nach Spenden an Vereine ein, die am Donnerstagabend offen geblieben war und auch den grünen Koalitionspartner auf den Plan gerufen hatte.

Blümel legte vor der Presse eine eidesstattliche Erklärung vor, wonach es von der Novomatic weder Spendengelder an die ÖVP noch an ÖVP-nahe Vereine gegeben habe. „Ich will und muss Verleumdungen entgegentreten“, sagte Blümel in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Wien. „Wer etwas anderes behauptet, wird von mir geklagt werden.“ Auch Sponsoring könne er ausschließen.

Blümel verwies darauf, dass er bereits am Donnerstag dementiert habe, dass während seiner Zeit als Landesparteiobmann der ÖVP Wien bzw. während der Zeit von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als Bundesparteiobmann Spenden von Novomatic an die Bundespartei geflossen seien. Es seien aber weitere „Unterstellungen und Verleumdungen“ verbreitet worden. Das wolle er sich nicht gefallen lassen: Weder die ÖVP Wien noch er selbst hätten direkt oder indirekt über Vereine Spenden von der Novomatic erhalten.

Blümel dementiert Spenden an ÖVP-nahe Vereine

Der in der Parteispenden-Causa unter Druck geratene ÖVP-Finanzminister Blümel wies erneut alle Vorwürfe zurück.

Dementi in vier Punkten

Blümel sagte konkret: „Erstens: Ich kann ausschließen, dass die ÖVP Wien, solange ich Landesparteiobmann bin, Spenden von der Novomatic erhalten hat. Zweitens: Ich kann ausschließen, dass Vereine, in denen ich Verantwortung getragen habe, in dieser Zeit Spenden von der Novomatic erhalten haben. Drittens: Ich kann auch ausschließen, dass Vereine, wo ich keine unmittelbare Verantwortung getragen habe – wie der Verein Wiener Stadtfeste –, in meiner Zeit als Landesparteiobmann Spenden von der Novomatic erhalten haben. Und viertens: Ich kann sogar generell ausschließen, dass Vereine – egal ob ich dort eine Funktion innegehabt habe oder nicht, egal ob sie von jemandem in einem Naheverhältnis zur ÖVP gesehen werden oder nicht – Spenden als Gegenleistungen für mein politisches Handeln erhalten haben. Auch das kann ich ausschließen.“

Er gehe davon aus, dass er mit Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann Kontakt gehabt habe. Es sei normal, dass sich Unternehmen mit Anliegen an die Politik wenden würden. „Österreichischen Unternehmen dort, wo es geht, zu helfen“, sei auch Aufgabe der Regierung. Im Zuge des Kontakts werde er aber auch klargestellt haben, dass die ÖVP keine Spenden von Glücksspielunternehmen nehme. Er betonte wie bereits am Donnerstagabend, dass die ÖVP keine Spenden von Glücksspiel-, Waffen- oder Tabakunternehmen nehmen würde.

Fragen weiterhin offen

Warum sich Neumann ausgerechnet an ihn – einen nicht amtsführenden Wiener Stadtrat – gewandt hat, wollte Blümel nicht beurteilen. „Warum genau er sich damit an mich gewendet hat, weiß ich nicht. Er wird sich an jemanden gewandt haben, von dem er gerade die Handynummer hat“, so Blümel.

Unklar ist bisher, ob das Finanzministerium oder das von Kurz geleitete Außenministerium im Jahr 2017 zugunsten der Novomatic tätig geworden ist. Er habe diesbezüglich im Finanzministerium nachforschen lassen und „bis dato nichts gefunden“, sagte Blümel. Vom Außenministerium wisse er diesbezüglich nichts.

Verdacht der Gefälligkeit gegen Spende

In der Causa geht es um den Verdacht eines Spendenangebots des Glücksspielkonzerns gegen Gefälligkeit an die ÖVP. Blümel wird dabei als Beschuldigter geführt. Die WKStA hatte am Donnerstag in dem Fall mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt. „Den Ermittlungen liegt der Verdacht zugrunde, dass ein Verantwortlicher eines Glücksspielunternehmens Spenden an eine politische Partei im Gegenzug für die Unterstützung von Amtsträgern der Republik Österreich bei einer dem Unternehmen drohenden Steuernachforderung im Ausland angeboten habe“, erklärte die WKStA.

Blümel hatte in einer kurzen Pressekonferenz am Donnerstagabend zwar direkte Parteispenden des Glücksspielkonzerns Novomatic an die Bundes-ÖVP und an die von ihm geführte Wiener Landespartei unter ihm selbst bzw. dem damaligen Außenminister Kurz dementiert. Der Frage nach etwaigen indirekten Zuwendungen über parteinahe Vereine wich der Finanzminister allerdings aus und beendete die Pressekonferenz. Darauf schießt sich nun auch der grüne Koalitionspartner ein: Die Partei forderte Aufklärung bezüglich der Spenden an Vereine. Die ÖVP verteidigte unterdessen Blümel und will von Rücktritt nichts wissen.

Opposition fordert Rücktritt

Die Opposition hatte bereits am Donnerstag geschlossen gefordert, dass Blümel sein Amt zurücklegt. Sie arbeitet derweil zusammen und beantragte eine Sondersitzung des Nationalrats. SPÖ, FPÖ und NEOS verlangten, dass der Ressortchef „angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe“ gegen ihn Rede und Antwort steht. Die Sondersitzung müsse nun so schnell wie möglich stattfinden, hieß es in einer gemeinsamen Aussendung am Freitag.

Auch Blümels Erklärung konnte die Opposition nicht überzeugen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sieht die zentrale Frage „War die ÖVP käuflich?“ unbeantwortet. Er sah „immer mehr Ungereimtheiten“ rund um die Machtübernahme der ÖVP und warf auch die Frage auf, ob die Junge Volkspartei (JVP) als „türkise Kriegskassa“ gedient habe. Für FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl blieb Blümel als Finanzminister „untragbar“, auch die „Erklärungs- und Rechtsfertigungsversuche“ Blümels würden „nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier noch etliche Fragen offen und zu beantworten“ seien. NEOS-Generalsekretär Nick Donig wiederholte die Forderung nach einer Offenlegung der Spenden an alle ÖVP-nahen Vereine. Die eidesstattliche Erklärung reiche nicht aus.

Rücktritt und Aufklärung von Blümel gefordert

Während die Grünen Aufklärung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) verlangen, fordert die Opposition eine Sondersitzung des Nationalrats und den Rücktritt des Regierungsmitglieds.

Als Finanzmister ist Blümel oberster Aufseher über das Glücksspiel in Österreich. Dass er Beschuldigter in einer Glücksspielcausa ist, während er diesen Bereich beaufsichtigt, sei „keine leichte Situation“. Diese werde auch nicht leichter, dass auch schon gegen andere Spitzenpolitiker ermittelt worden sei, die ebenso nicht zurückgetreten seien. Es sei „unangenehm, aber keine Einschränkung der Handlungsfähigkeit“, schloss der Kurz-Vertraute einen Rücktritt aus. Er wolle das Glücksspiel ohnehin einer weisungsfreien Behörde überantworten. Das stehe im Regierungsprogramm, habe sich aber wegen CoV verzögert.

Textnachricht zwischen Blümel und Neumann

Die WKStA begründet ihren Verdacht gegen Blümel und die damit verbundene Hausdurchsuchung unter anderem damit, dass Blümel angeblich durch Intervention des damaligen Novomatic-Geschäftsführers Neumann ein Treffen zwischen Kurz und Novomatic-Chef Johann Graf herbeigeführt habe. Neben einem Kalendereintrag sieht die WKStA eine SMS Neumanns an den heutigen Finanzminister vom 10. Juli 2017 als Beleg.

Darin bittet Neumann Blümel um einen Termin beim damaligen Außenminister und im Wahlkampf stehenden ÖVP-Chef Kurz, um über eine Parteispende und Unterstützung „bezüglich eines Problems, das wir in Italien haben“, zu sprechen. Anschließend hat sich Blümel an Thomas Schmid gewandt, damals Generalsekretär im Finanzministerium und heute ÖBAG-Chef, und zwar mit dem Wunsch, er möge Neumann anrufen. „Tu es für mich“, so Blümel an Schmid.

Blümel äußerte sich in seinem Dementi auch zu der Nachricht: „Ich gehe davon aus, dass sich Neumann beschwert hat, dass sich das Finanzministerium nicht meldet und es so zustande gekommen ist, dass ich Schmid schreibe.“ Neumann und Novomatic dürften der Annahme Blümels zufolge schon länger keine Rückmeldung aus dem Finanzministerium erhalten und eine solche urgiert haben. Er, Blümel, habe jedenfalls nur ersucht, dass eine österreichische Behörde bei einem österreichischen Unternehmen „zurückruft“ und habe dafür sicher nie irgendwelche Vorteile erwartet oder verlangt.

Steuerprobleme in Italien

Tatsächlich hatte die Novomatic im ersten Halbjahr 2017 ein Problem mit den italienischen Finanzbehörden. Wie dem Halbjahresfinanzbericht der Novomatic zu entnehmen ist, hatte die italienische Tochter Novomatic Italia S.p.a. am 5. April 2017 Besuch von der italienischen Steuerpolizei. Diese monierte, dass die Italien-Tochter Lizenzgebühren an die Novomatic Gaming Industries GmbH gezahlt und damit ihre Steuergrundlage in Italien minimiert habe.

Ermittlungen gegen Finanzminister Blümel

Gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt, auch eine Hausdurchsuchung hat es in Blümels Wohnung gegeben. Konkret geht es um den Verdacht einer Parteispende des Glücksspielkonzerns Novomatic an die ÖVP im Jahr 2017. Blümel bestreitet diesen Vorwurf und weist auch Rücktrittsaufforderungen der Opposition zurück.

Ein rechtskräftiger Steuerbescheid lag bei der Erstellung des Halbjahresfinanzberichts noch nicht vor. In der Folge musste Novomatic aber etwas mehr als 20 Millionen Euro Steuern in Italien nachzahlen. „Bei der Spende handelte es sich nach Erinnerung meines Mandanten um eine karitative Sache, völlig losgelöst von dem Italien-Thema“, sagte Neumanns Anwalt Norbert Wess zur SMS von Neumann an Blümel. Neumann trat im Februar 2020 als Novomatic-Vorstand zurück und gab familiäre Gründe als Auslöser dafür an.

Graf dementiert Kontakt zu Kurz und Blümel

Am Freitag meldete sich Novomatic-Eigentümer Graf zu Wort. Über seinen Anwalt ließ er ausrichten, dass er weder zu Kurz noch zu Blümel jemals Kontakt gehabt habe. Folglich könne Graf ein Treffen mit Kurz im Juli 2017 ausschließen, auf das sich die Ermittlungen gegen Blümel unter anderem stützen. Denn die Anordnung der WKStA für die Hausdurchsuchung bei Blümel in der Causa Casinos fußt auch auf einem Kalendereintrag von Graf vom 25. Juli 2017, wo ein Treffen mit „Kurz“ vermerkt ist.

Kalendereintrag angeblich Namensverwechslung

Im Kalender von Novomatic-Eigentümer Johann Graf ist im Jahr 2017 der Eintrag „Kurz“ zu finden. Aus dem Kanzleramt und vom Anwalt des Konzerns heißt es nun, dass es sich dabei um eine Verwechslung handle, denn der heutige Bundeskanzler soll damit nicht gemeint gewesen sein.

Dabei soll es sich laut dem Anwalt von Graf, Christopher Schrank, aber nicht um den Bundeskanzler, sondern um eine Besprechung mit der damaligen Aufsichtsrätin Martina Kurz gehandelt haben. Wie Schrank gegenüber der APA sagte, habe die WKStA wegen des Termineintrags weder bei Graf noch bei ihm angefragt.

Auch das Kanzleramt hielt am Freitag fest, dass es das Treffen zwischen Kurz und Graf am 25. Juli 2017 nicht gegeben habe. Zudem betonte ein Sprecher, dass der Kanzler in „keinem Verwandtschaftsverhältnis“ zu der gleichnamigen Aufsichtsrätin steht. Die ÖVP kritisierte, dass sich die WKStA auf den Eintrag berufe.

„Projekt Ballhausplatz“

Laut „Standard“ stellten die Ermittler die Kommunikation zwischen Blümel und Neumann in ihrer Durchsuchungsanordnung in einen Zusammenhang mit der damaligen Neuaufstellung der ÖVP. Kurz hatte die Partei im Mai 2017 übernommen, die Machtübernahme war zuvor von seinem Umfeld geplant worden. Dazu existieren Dokumente, die unter dem Namen „Operation Ballhausplatz“ bekannt sind. Laut der Ermittlungsanordnung kam es „im Zuge des Projekts ÖVP neu“ im Frühjahr 2017 zu einem Treffen zwischen Kurz, Neumann und dem damaligen Novomatic-Sprecher.

Mayer-Bohusch analysiert die Causa Blümel

ORF-Reporter Andreas Mayer-Bohusch spricht über die Vorwürfe gegen Finanzminister Blümel, die Reaktionen der anderen Parteien und die angebliche Namensverwechslung in Zusammenhang mit dem „Kurz“-Kalendereintrag.

Dieser schrieb danach in Chats an Neumann, dass Kurz die „Finanzierung der Bundespartei“ offenbar „vergessen“ habe, dort sei es „ziemlich trist“. Zwei Wochen später soll sich Neumann dann intern dafür eingesetzt haben, dass offene Parteispenden zulässig seien. Im Juli 2017 schrieb der Novomatic-Sprecher seinem Chef, dass der ÖVP-Spender Stefan Pierer die Summe aller Kleinspenden an die Partei „verdoppeln“ wolle. „Wir haben noch etwas Besseres vor :))“, soll Neumann geantwortet haben.

Neumanns Anwalt Wess teilte unterdessen mit, dass sein Mandant festhalte, „dass es weder von ihm persönlich noch vonseiten der Novomatic AG Spenden an politische Parteien, sohin auch nicht an die ÖVP, gegeben hat. Eine etwaige Spende wurde von meinem Mandanten – insbesondere in Zusammenhang mit einer allfälligen Thematik mit Italien – zu keiner Zeit versprochen, angeboten oder auch nur in Aussicht gestellt. Mag. Neumann weist sämtliche Vorwürfe entschieden zurück und ist davon überzeugt, dass es rasch zu einer Aufklärung dieser falschen Rückschlüsse kommt.“

Ermittlungen gegen mehrere Politiker und Vorstände

Kern der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind die Bestellung des Ex-FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Casinos-Finanzvorstand unter der ÖVP-FPÖ-Regierung und mögliche Absprachen im Hintergrund. Es besteht der Verdacht, Novomatic habe sich für die Bestellung von Sidlo zum Casinos-Finanzchef nur deshalb eingesetzt, weil im Gegenzug die FPÖ ein Entgegenkommen bei der Vergabe von Lizenzen versprochen habe.

Novomatic war damals einer der drei bestimmenden Aktionäre der Casinos Austria AG, verkaufte seinen Anteil unterdessen an den nunmehrigen tschechischen Mehrheitseigentümer Sazka Group. Die Staatsholding ÖBAG hält 33,24 Prozent an dem Glücksspielkonzern.

Blümel war zu dieser Zeit der ÖVP-FPÖ-Koalition Kanzleramtsminister von Kurz. Ermittelt wird unter anderen auch gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), ÖBAG-Chef Thomas Schmid und Ex-Novomatic-Chef Neumann. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.